Steigende Besucherzahlen vor Ort, zahlreiche Filmschaffende zu Gast und erfolgreiche Formatpremieren – die Internationalen Hofer Filmtage zeigten sich bereits am letzten Tag der Präsenzvorführungen begeistert über die Resonanz der 57. Festivalausgabe. Während viele der Filme noch digital zum Ausleihen zur Verfügung stehen, gibt es auch unter einigen Filmemacher*innen Grund zur Freude: Wie gewohnt wurden auch bei dieser Ausgabe Filmpreise verschiedener Stifter verliehen.
Einige der Gewinnerfilme haben wir für euch an dieser Stelle zusammengetragen und mit einem Kurzeindruck unseres Autoren versehen.
WALD von Elisabeth Scharang
Nachdem sie Zeugin eines Terroranschlags geworden ist, zieht sich Marian allein in ein Häuschen am Waldesrand im Dorf ihrer Kindheit zurück. Dort muss sie sich mit ihren Emotionen und Erinnerungen sowie mit Bewohner*innen der Dorfgemeinschaft auseinandersetzen. Für ihre Mitarbeit an der hundertminütigen Charakterstudie erhielten Carola Pizzini und Nina Salak den Bild-Kunst Förderpreis 2023 für das beste Kostümbild und das beste Szenenbild.
Letzteres zählt neben Brigitte Hobmeier in der Hauptrolle zu den Stärken des in kühlen naturalistischen Bildern festgehaltenen Charakterporträts und kann dieses im Zusammenspiel mit der Musik nicht nur wirkungsvoll in Szene setzen, sondern auch eindringlicher und nachhaltiger einfangen als die meisten Dialoge des Films. Während sich die Vergangenheit der Hauptfigur oberflächlich zusammenpuzzelt und sich ihr emotionaler Zustand durch die persönlichen Verarbeitungsstrategien, selbsttherapeuthische Ansätze und Erinnerungssplitter zunehmend verdichtet, greift die österreichische Produktion eine nicht weniger erschütternde Nebengeschichte auf, die den Fokus des Films unvorteilhaft krümmt. In beiderlei Hinsicht schürft WALD bedächtig an den gegenwärtigen und tiefverwurzelten Konflikten seiner Figuren, jedoch selten mit markanter Ausdruckskraft.
DANN LIEBER STERBEN von Pauline Schläger
In 56 Minuten beobachtet Regisseurin Pauline Schläger, die für ihren Festivalbeitrag mit dem Friedrich-Baur-Goldpreis für die beste Regieleistung bei einem Langfilmdebüt ausgezeichnet wurde, die Dynamiken einer Freundesgruppe im jungen Erwachsenenalter. Einer von ihnen, Arthur, hat versucht, sich das Leben zu nehmen und befindet sich nun auf dem Rückweg in seinen Alltag. Seine Freund*innen versuchen die richtige Worte und Gesprächsthemen zu finden, um für ihren Freund da zu sein.
Ohne verurteilenden Blick, dafür mit nahbarer Kameraarbeit begleitet der Film die emotional aufgewühlten, unsicheren Artikulationsversuche und Interaktionen der Freunde, die sich stets bemühen, das Richtige zu sagen und das Richtige zu tun. Die Ambivalenz dessen zeigt sich in authentisch eingefangenen Gesprächen, in denen sich die uneindeutigen und wechselhaften Gefühlslagen selbst in Momenten des Schweigens, in Momenten des unausgesprochenen Verlangens etwas sagen zu wollen, es aber nicht richtig ausdrücken zu können, eindringlich äußern. Innerhalb kurzer Zeit verknüpfen sich verschiedene Perspektiven, allerhand stellvertretende Deutungen, die Suche nach Antworten und Verantwortung zu komprimierten Figureneinblicken, die in dem mal subtil, mal ausdrucksstark gespielten Mix an Emotionen auch als negativ wahrgenommene Gefühle unverstellt zulassen.
FRANK MEYER von Leonhard Hofmann und Riccardo Dejan
Ein Bodybuilder im Ruhestand, fragmentarische Vergangenheitsaufarbeitung und der Kampf mit gesundheitlichen Rückschlägen: Mit ihrem Langzeit-Porträt Frank Meyers gewannen die Regisseure Leonhard Hofmann und Riccardo Dejan den GRANIT-Preis für den besten Dokumentarlangfilm vor den Lobenden Erwähnungen für RESTORATION von Gudrun Gruber und SLEEPING GIANT von Markus Schröder.
Sprunghaft und über mehrere Jahre hinweg zeichnete das Regieduo Alltagssituationen und private Bestandsaufnahmen des ehemaligen Bodybuilders auf und entwickelte daraus das fragmentarische Abbild eines bewegten Lebensabschnitts. In diesem spielt die Vergangenheit des muskulösen Alleinstehenden nur eine untergeordnete Rolle, so wie präzise Einordnungen seines Lebensweges in der Gegenwart. Parallel zur Charakterisierung Meyers entwickeln sich formale und handwerkliche Fortschritte, die in der achtzigminütigen Dokumentation nicht nur den Reifeprozess des Protagonisten, sondern auch jenen der Regisseure festhalten. Was bleibt, ist inszenatorisch wenig reizvoll, aber ein Porträt mit vielen intimen Einblicken, welches zwischen Familienverhältnissen, neuer Trainingsmotivation und Krankheitsdiagnosen wiederholt Fokus und Zielsetzung sucht und stets umrissartig bleibt.
Weitere Gewinnerfilme:
Å ØVE (Hofer Kritikerpreis für die beste Produktion 2023)
DER JUNGE, DEM DIE WELT GEHÖRT (Hofer Kritikerpreis für die beste Regie 2023)
ROHBAU (Gewinner Förderpreis Neues Deutsches Kino)
SCHERBEN (Pharos Shiver Screen Award 2023)
VERRÜCKTES BLUT + MY ORANGE GARDEN (Jury-Kurzfilmpreis)
Mehr Informationen zu den Gewinnerfilmen findet ihr auf der Website des Festivals und die Titel selbst bis Sonntag, den 5.11., im Stream.
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