FilmkritikFakten + Credits
Happer's Comet

Happer’s Comet ©Factory25

Tyler Taormina empfiehlt, die Lautstärke seines Films kräftig aufzudrehen: kein Wunder, seine neueste Regiearbeit HAPPER’S COMET kommt zwar ganz ohne Dialogzeilen und erklärendes Voice-Over aus, stellt in seinem nächtlichen Vorortporträt Klänge und Geräusche aber deutlich in den Vordergrund. Durch sie erwachen die ins Dunkel getauchten Bilder, die mondbeschienene Szenencollage und die mitternächtlichen Aktivitäten erst zum Leben. Eine ungewöhnliche, in seiner Nächtlichkeit magische und beruhigende Filmstunde.

Darum geht es…

Ein Vorörtchen bei Nacht. Die Straßen sind verlassen, die Lichter in den Häusern erloschen, nur der Wind bringt das Laub auf den Gehwegen leise zum Rascheln. Ansonsten Stille. Oder doch nicht? Fährt da ein Auto durch die Nacht? Klingelt da ein Iphone auf dem Nachtschränkchen? Ist das leise Musik, die ein Mann beim Putzen eines Salons tanzen lässt? Das Zu-Bett-Geh-Telefonat einer alten Dame vor dem Fernseher? Oder doch jemand, der in aller Heimlichkeit Rollschuhlaufen übt?

Rezension

Es sind die Impressionen vieler Nächte, die das Filmemacher-Duo Tyler Taormina als Regisseur und Jesse Sperling an der Kamera in ihrem gut einstündigen essayhaften Film verschmelzen lassen. Taormina begegnet seiner suburbanen Heimat und den Menschen, die sich selbst in ihren eigenen Häuslichkeiten spielen, mit großer Behutsamkeit und Beobachtungsgabe. Lose aufeinanderbauende und vorausgeplante Szenen winden sich um eine unaufgeregte Inszenierung mit ruhigen Kamerabewegungen und faszinierenden Klangteppich.

Happer's Comet

Happer’s Comet ©Factory25

Erzählt wird abseits des Grillenzirpens und des Straßenlaternenlichts von Einsamkeit und Geselligkeit, von einer Autopanne, einer Nachtschicht, vom Nachdenken und Sehnen, Verstecken und Lieben. Mancherorts scheinen Menschen sich erst des nachts entfalten zu können, während sie andernorts von Schlaflosigkeit geplagt werden. Die Undurchsichtigkeit und der stellenweise assoziative Aufbau einzelner Szenen legen den Fortgang des Film niemals gründlich offen, füllen die überschaubare Laufzeit jedoch lückenlos aus. Einzig einen wirklichen Schlusspunkt verfehlt der Film zu setzen und lässt einige seiner Motive offen im Raum stehen, während er anderen den letzten Schliff versieht.

Obwohl sich nur wenige Menschen innerhalb der 62 Minuten begegnen, strahlt der Film in seinem Fächer an vielfältigen Handlungssträngen doch die Gemeinsamkeit und Geborgenheit einer mitternächtlichen Gesellschaft aus. HAPPER’S COMET sucht die Nähe zu seinen Protagonist*innen und deren verschlafenen oder aufgeweckten Gesichter, die oft von Schatten verdunkelt sind. Gleichzeitig bewahrt er durch seine kurzen Einblicke und die sichere, niemals verwackelte Kamera eine wertvolle Distanz zu den Geschehnissen. Trotz dokumentarischer Anmutungen, entsteht ein nur im Ansatz realistisches eher traumartiges Abbild eines aus der Zeit gefallenen Vorortes. Eine zunächst unscheinbar wirkende Magie, die der Regisseur in seinem Erforschungsdrang und ganz nebenbei in der Verbindung seiner Szenen entdeckt, und welche über die Laufzeit hinweg an Kraft gewinnt.

Fazit

HAPPER’S COMET ist ein beruhigendes, wie spannendes Bildnis nächtlichen Treibens einer suburbanen Gegend. Ein facettenhaftes Szenenmosaik, welches ganz ohne Dialog auskommt und in seiner Stille und magischen Heimlichkeit grundlegende Fragen nach Einsamkeiten oder auch Liebe erkundet. Leises, aber dynamisches, träumerisches, aber ebenso aufmerksames und reizvolles Kino.

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Originaltitel Happer’s Comet
Berlinale – Release 13.02.2022
Berlinale – Sektion Forum
Länge ca. 62 Minuten
Produktionsland USA
Genre Essayfilm
Verleih unbekannt
FSK unbekannt

Regie Tyler Taormina
Drehbuch Tyler Taormina
Produzierende Calogero Carucci
Kamera Jesse Sperling

Besetzung Rolle
Grace Berlino Old Woman
Dan Carolan Dog Walker | Insomniac
Brandon Cassanova
Michael Gugliamo Sleepy Driver
Ryan McGlade Car Pusher
Tim Sullivan Roller Skater
Brianna Taormina
Tyler Taormina Rollerblader
Jax Terry Cornfield Lover

 

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