FilmkritikFakten + Credits
A wie Apfel

A wie Apfel ©Mahsa Jarchi

Hunderte Kilo Äpfel beladen die Ladefläche des kleinen grauschwarzen Lastwagens, wenn Vater und Sohn von einem erfolgreichen Erntetag zurückkehren. Ihre Kunden: Passanten in der Stadt, die an dem vollbeladenen Lada stehen bleiben, Frauen, die Eimer für die fruchtige Ware aus ihren Fenstern herunterlassen, und Autofahrer, die mit ihrem Wagen am Straßenrand anhalten. Mahmoud Ghaffaris vierter Spielfilm zeigt eine Familie, die inmitten eines Teheraner Vorortes mit Existenzsorgen zu kämpfen hat. Oft aus der Sicht der Kinder erzählt, entsteht eine kleine, dokumentarisch anmutende Erzählung über unkontrollierbare Rückschläge und ein Familienleben in Armut.

Darum geht es…

Tag für Tag verkaufen Saeed und sein Vater Äpfel in den von Hochhäusern umringten Straßen. Zum Apfeltag soll sein jüngerer Bruder Mahdi einen Korb mit Früchten für seine Klasse mitbringen. Doch eines Tages wird der Laster des Vaters samt der Ware entwendet und die Familie vor finanzielle Schwierigkeiten gestellt. Während Mutter und Vater versuchen, notfalls auch durch zwielichtige Geschäfte an Geld zu kommen, entschließt sich Saeed um den versprochenen Apfelkorb für seinen Bruder zu kümmern …

Review

Gelegentlich bewegt sich Mahmoud Ghaffaris Berlinale-Beitrag der Sektion Generation auf den Spuren Abbas Kiarostamis und seiner viel gelobten Filme wie WO IST DAS HAUS MEINES FREUNDES? (1987). Ebenso zurückhaltend, nahezu dokumentarisch fängt der Regisseur das Leben der Familie ein und widmet sich seiner Erzählung mit unaufgeregter und bedachter Inszenierung. Viel Zeit räumt er dabei der Etablierung des kleinen familiären Mikrokosmos ein, ehe der Diebstahl des lebensnotwendigen Ladas, das bescheidene Dasein am Rande einer Großstadt einzureißen droht.

A wie Apfel

A wie Apfel ©Mahsa Jarchi

Enttäuscht von ihrem Traum, in der Großstadt ein besseren Leben zu führen, sehnen sich die Eltern nach ihrer Heimat zurück. Doch die Rückschläge, welche sie heimsuchen, scheinen sie immer fester an ihre neue Lebensrealität zu binden, in denen moralische Grenzen zu schwinden beginnen. In einem Puzzle aus Bemühungen, wirtschaftlich neuen Fuß zu fassen, begleitet der Film die einzelnen Familienmitglieder*innen bei ihren Vorhaben, an Geld zu kommen. Während der Vater entwürdigende Werbearbeit auf sich nimmt und die Mutter versucht, ein Glücksspiel zu manipulieren, versucht der ältere Bruder mit allerhand Einfällen eine vermeintlich Nebensächlichkeit zu erfüllen, die bei genauerer Betrachtung zur Außen- und sozialen Wahrnehmung der kleinen Familie maßgeblich beiträgt.

Die überwiegende Fokussierung auf Saeeds Handlungsstrang macht aus A WIE APFEL weniger eine tiefschürfende Sozialstudie, sondern ein seichtes Familien- und Kinder/Jugenddrama, in dem ein Heranwachsender im Kontext seines sozialen Umfeldes porträtiert wird. Authentische (Jung-)Darsteller*innen sorgen für glaub- und lebhafte Einsichten und Figuren mit ihren teils naiven, aber nachvollziehbaren Ideen dafür, dass die Schwere der Themen nie in einer erdrückenden Tonalität mündet. Auch wenn sich der Film somit vermutlich abseits einer noch hoffnungsloseren Wirklichkeit bewegt, bleibt eine in sich gut abgeschlossene Geschichte rundum einen reich gefüllten Apfelkorb.

Fazit

Mahmoud Ghaffaris Berlinale-Beitrag ist ein unauffälliges Familiendrama um Scheitern und Zusammenhalt einer kleinen iranischen Familie. A WIE APFEL ist unaufdringlich inszeniert und natürlich gespielt, niemals so schwerwiegend und drastisch, wie es seine Themen hergeben würden und deswegen auch niemals nur hoffnungslos erdrückend.

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Originaltitel Rooz-e sib
Berlinale – Release 14.02.2022
Berlinale – Sektion Generation
Länge ca. 80 Minuten
Produktionsland Iran
Genre Drama
Verleih unbekannt
FSK unbekannt

Regie Mahmoud Ghaffari
Drehbuch Mahmoud Ghaffari | Mahnaz Jarchi
Produzierende Elaheh Nobakht

Besetzung
Mahdi Pourmoosa
Arian Rastkar
Zhila Shahi
Khodadad Bakhshizae

 

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