Review
aus dem Programm der 75. Internationalen Filmfestspiele von Berlin
Ein junger Mann auf Sinnsuche streift, nachdem er sein Lehramtsreferendariat entkräftet abgebrochen hat, von einer Begegnung mit alten Bekannten zur nächsten. Er heißt Ari, ist 27 Jahre alt, wirkt abgekämpft, unentschlossen und ist Namensgeber Léonor Serrailles redseligen Wettbewerbbeitrags. Dieser reiht eine Handvoll Gespräche zu einer persönlichen Entwicklungsreise zusammen, die fade Sinnkrisen über eine mäandernde Dialogstruktur stülpt, ohne sich in den abschweifenden, teils improvisierten Konversationen tiefer mit diesen auseinanderzusetzen.
Am treffsichersten spricht da noch die enge Kameraarbeit von Sébastian Buchmann, die vor allem dem Beginn eine bemerkenswerte Spürbar- und Körperlichkeit verleiht. So nah wie dem bleichen, verschwitzten Gesicht des Protagonisten, der anfangs förmlich durchs Klassenzimmer irrt, ist sie der häufig aufgewühlten Performance von Adranic Manet nicht noch einmal. Wie die Handlung ist auch sie anschließend um ein größeres Gesamtbild der Figur bemüht. Vergangene wie gegenwärtige, stets aber persönliche Sinnkrisen charakterisieren viele seiner Begegnungen, in denen sich die Figuren zwar unentwegt aussprechen, aber wenig zu erzählen haben. Auch die eingestreute Kunstliebe kann die Situation und Emotion des Protagonisten selten begreifen; ein komplexerer Blick auf die Ursprünge seiner zerstreuten Gedanken hätte vielleicht eindringlicheres Potential offenbart.
Denn blendet man die persönliche Grundhaltung des Protagonisten einmal aus, ließen sich im Kontext, in dem sich Aris Zusammenbruch ganz zu Beginn ereignet, noch aussagekräftigere Facetten finden. Die Institution Schule und damit einhergehende Ausbildungsbedingungen werden als mögliche Einflussfaktoren ausgeblendet, obwohl sie ein systemisches Puzzleteil für Aris fragile Persönlichkeit hätten liefern könnten. Ähnlich wie Aris stotternder Gedichtvortrag endet deren Ausarbeitung in den schwallenden Dialogszenen allerdings ohnmächtig.
Fazit
In Leonor Serrailles ARI verdrängen persönliche Sinnkrisen das systemische Konfliktpotential angerissener Themen. Die Kamera spürt hin und wieder eingängige Close-ups auf, wirksam einreißen oder hervorheben kann sie das redselige Dialog-Konstrukt aber auch nicht.
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Originaltitel | Ari |
Kinostart | 15.2.2025 |
Länge: | 88 minuten |
Produktionsland | France |
Genre: | Drama |
Regie | Léonor Serraille |
Producer | Sandra da Fonseca | Grégoire Debailly | Benoît Roland |
Kamera | Sébastien Buchmann |
Cast | Andranic Manet, Pascal Rénéric, Théo Delezenne, Ryad Ferrad, Éva Lallier, Lomane de Dietrich, Mikael-Don Giancarli, Clémence Coullon, Clyde Yeguete, Claire Bodson |
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