Review Fakten + Credits

Rezension

aus dem Programm der 75. Internationalen Filmfestspiele von Berlin

Zwei Hände schlagen ein Buch auf. Die Encyclopedia Africana, ein Nachschlagewerk afrikanischer Geschichte, begründet von dem afroamerikanischen Historiker, Soziologen und Bürgerrechtler W. E. B. Du Bois. Sie wird zum Toröffner von Kahlil Josephs BLKNW – TERMS AND CONDITIONS einem mehrstimmigen, audiovisuellen Kunstfilm zwischen Essay und Experiment, Videoinstillation, Geschichtsreflexion und persönlichen Einblicken. Begonnen hat das ambitionierte Projekt als 30-minütige Videosequenz in Barbershops und Bekleidungsgeschäften, lief anschließend als Videoinstallation auf der Biennale in Venedig und entwickelte sich über die Jahre hinweg zu einem knapp zweistündigen Genrehybriden. Einem, der dem eingeflochtenen Zitat der Nouvelle Vague-Ikone Agnes Varda wirkungsvoll Leben einhaucht.

What is bad for cinema is the categories. This is real fiction, this is fake fiction, this is documentary, this is fake doc – this is a film. (Agnes Varda)

An Bord eines luxuriösen Kreuzfahrtschiffs folgt Joseph der losen Geschichte einer Journalistin namens Sarah (Shaunette Renée Wilson), die über eine transatlantische Biennale berichtet. Um ihre Perspektive und Begegnungen fluktuieren verschiedenste Stile und Kunstformen, die visuell und auditiv immer in Bewegung sind. Geschichtsstunde, Kunsteinheit, Musikalbum, Essayfilm und Afrofuturismus kombinieren sich zu einem Werk gleichzeitiger Stimmen und Bilder, einer elektrisierenden Auseinandersetzung mit der afrikanischen Diaspora und deren Zukunft.

BLKNWS: Terms & Conditions © Participant

Ein reißender Strom Richtung Zukunft

21 Audio-Tracks und die Visionen verschiedener Filmemacher*innen, darunter Arthur Jafa und Garrett Bradley strukturieren das kunstformenverschränkende Erlebnis ohne die visuelle Ebene des Films nachrangig erscheinen zu lassen. Auf dieser vermischen sich Archivaufnahmen, Spielfilmszenen, gedreht vom oscarnominierten Bradford Young, Animationen, Memes und andere Social-Media-Produkte, die die Recherche- und persönlichen Arbeiten effektvoll gestalten. Immer kurz davor seinem eigenen überwältigenden Kunstformat endgültig zu verfallen, – bis Augen, Ohren und Kinosaal beben.

Immersiv und assoziativ fügen sich die Geschichts- und Gedankenbits zusammen, mitgeschnitten von EVERYTHING EVERYWHERE ALL AT ONCE-Editor Paul Rogers, und entwerfen ein dichtes Mosaik Schwarzer Stimmen. Eine Rezeption und Kulmination Schwarzen Schaffens, die konventionelle Erzählmuster schon nach seinem ersten Track über Bord der Nautica geworfen hat. Ein Bild des Films beschreibt BLKNWS: TERMS & CONDITIONS selbst: ein langer Gang voller Türen, wohin sie führen, ist unklar, aber die Leere und Dunkelheit des Flures lässt nichts anderes zu, als hinter eine der Türen zu blicken.

Fazit

BLKNW – TERMS AND CONDITIONS baut auf das Vorwissen seines Publikums, zumindest aber auf eine gewisse Neugier, sich auf die experimentelle Reise durch die Jahrhunderte und Kunstformen einzulassen. Ein Kaleidoskop aus Mikroerzählungen, Dokumentation und Musikalbum, persönlichem und kollektivem Kino, multimedialem Zeit- und Gegenwartszeugnis.

Wie hat Dir der Film gefallen?
(1 Bewertungen, Durchschnitt: 9,00 von 10)

Loading...

Review Fakten + Credits

Wie hat Dir der Film gefallen?
(1 Bewertungen, Durchschnitt: 9,00 von 10)

Loading...