Kinostart: 13.02.2020
DVD/Blu-ray – Release: 04.06.2020
Länge: ca. 110 Minuten
Produktionsland: USA | Kanada
Regie: Jay Roach
Schauspieler:innen: Charlize Theron | Nicole Kidman | Margot Robbie
Genre: Biografie | Drama
Verleih: Wild Bunch Germany
DER FNC (Fox News Channel) ist ein Nachrichtensender des Medienkonzerns 21st Century Fox, welcher seit 2019 nun Teil der Walt Disney Company ist. Dieser gehört zu den erfolgreichsten Sendern weltweit und schaffte es sogar auf einen durchschnittlichen Zuschauerschnitt von fast 1,5 Millionen pro Tag. Doch trotz der erst kurzen Geschichte, die am 07. Oktober 1996 offiziell begann, liegen gleich mehrere schwarze Schatten auf diesem Kanal.
Zum einen behauptet der FNC stets überparteilich und somit unabhängig jeder politischen Ideologie zu sein, während ihnen jedoch immer wieder begründet vorgeworfen wird, dem konservativen und republikanischen Spektrum anzuhängen. Viel schlimmer jedoch ist der im Sommer 2016 bekannt gewordene Skandal um den ehemaligen Senderchef Roger Ailes, der laut Aussagen mehrerer Mitarbeiterinnen diese mehrfach sexuell belästigt haben soll. BOMBSHELL – DAS ENDE DES SCHWEIGENS befasst sich mit eben jener Firmenkrise des FNC – vielmehr noch mit der Unverschämtheit, mit welcher Frauen im Berufsleben konfrontiert werden.
Sexueller Missbrauch am Arbeitsplatz
Während Megyn Kelly als wortgewandte und fleißige Journalistin und ehemalige Anwältin, die richtigen Fragen zu stellen weiß, um große Persönlichkeiten wie Donald Trump zumindest kurzzeitigt in Verlegenheit zu bringen, wird ihre Kollegin Gretchen Carlson eben jene bestimmende Haltung zum Verhängnis. Nachdem sie sich ewige Zeit die Macho-Sprüche ihrer Kollegen gefallen lassen musste, wird ihr Vertrag nicht verlängert als sie aufhört sich den Oberflächlichkeiten zu entziehen und anfängt gegen den Schönheitswahn der Senderstatuten zu verstoßen. In der Folge klagt sie gegen Roger Ailes, der sich in seiner Machtposition absolut sicher fühlt. Doch wie soll eine einzelne Frau gegen einen ganzen Konzern, der die Beschuldigungen natürlich intensiv untersucht, bestand haben können?
Ein wichtiges Thema, dass gezeigt werden muss
Schon ohne den Film überhaupt gesehen zu haben, ist von Beginn an klar, dass dieses Werk keine schlechte Bewertung bekommen kann, denn allein die Thematik ist so brisant, dass es kaum eine Möglichkeit gibt hieraus eine schlechte Umsetzung zu produzieren. Doch auch abgesehen des äußerst namhaften Casts und der grundlegenden wahren Geschichte zeigen sich viele Qualitäten.
Doch handelt es sich natürlich hierbei um keine leichte Kost. BOMBSHELL – DAS ENDE DES SCHWEIGENS zählt meiner Ansicht nach zu den Whistleblower-Filmen, in denen eine ernste Affäre aufgedeckt und öffentlich angeprangert wird. Im klassischen Stil werden dabei erst einmal die verschiedenen wesentlichen Figuren vorgestellt und Alltagsgeschichte erzählt, woraufhin der brisante Schwerpunkt eingeflochten wird und schließlich in einem bombastischen Schlagabtausch endet. Dieses Konzept ist grundlegend erfolgsversprechend und zeigt auch dieses Mal wieder herausragende Qualitäten, die jedoch nicht gänzlich ausgeschöpft wurden.
Etwas Oberflächlich
Während das Potential gegeben ist, wird doch die Debatte um den sexuellen Missbrauch am Arbeitsplatz viel zu oberflächlich vor sich hergeschoben und nur selten das Ausmaß dieser menschlichen Abgründe verdeutlicht. Während im wesentlichen Kontext doch vor allem die Aussage an Frauen gerichtet wird, dass sie sich doch erheben sollen gegen solche Art von Missbrauch und erkennen müssen, dass sie nicht die einzigen Personen sind, denen es so geht, fehlt doch als zentrale Komponente etwas der reißerische Part. In diesem hätte vor allem den Männern vor Augen geführt werden sollen, dass diese Form der Missachtung des anderen Geschlechts einer absoluten Idiotie gleichkommt.
Läufts im Job nicht rund, mach’s mit dem Mund.
Ohne Frage ist es natürlich wichtigen Frauen – insbesondere denen, die allein keinen Ausweg finden – ein Leitbild zu geben, dass ihnen zeigt, wie es eigentlich laufen sollte in der heutigen Zeit, um ihnen das Vertrauen zu schenken sich für eigene Interessen stark zu machen und sich nicht unterdrücken zu lassen in welcher Form auch immer. Doch mir als Mann werden mit BOMBSHELL – DAS ENDE DES SCHWEIGENS wieder nur Problematiken gezeigt, die ich durchaus schon kenne, kaum jedoch die tatsächliche Gefühlslage der betroffenen Personen verdeutlicht und die Dramatik dieses Konflikts.
Nur eine Szene lässt tief blicken
Als einzige wirklich prägnante Szene, bei der sich die Macher durchaus etwas getraut haben und damit ihr Ziel auch nicht verfehlten, war als Margot Robbie zum Vorstellungsgespräch zu Roger Ailes ging. Im folgenden Spoiler könnt ihr lesen, was in dieser Szene genau geschah.
Dieser kurze Moment schaffte es ein Empfinden von purer Nacktheit zu erzeugen, in dem ich mich erstmalig völlig entblößt fühlte vor Scham. Nicht weil ich so etwas einer Frau antun würde, sondern weil es möglich war sich vollkommen in die Figur der Margot Robbie hineinzuversetzen und damit die gleiche Gefühlskatastrophe zu durchleben, wie eben jene Journalistin.
Margot Robbie und Charlize Theron bravourös, Nicole Kidman enttäuschend
Doch mag ich mich nicht weiter daran hochziehen, denn selbstverständlich hat der Film dennoch viele Dinge ziemlich richtig gemacht und eine einzelne Produktion allein ist natürlich nicht verantwortlich jegliche Aufklärung zu leisten, die die Menschheit benötigt.
Ich kenne Roger 14 Jahre lang und er flirtet etwa so gern wie der Grizzly in THE REVENANT.
Schauen wir uns zum Beispiel den Cast an, bestehend aus Größen wie Margot Robbie, Charlize Theron, John Lithgow, Nicole Kidman, Malcolm McDowell, Allison Janney und vielen weiteren. Zu Mrs. Robbie muss wohl kaum noch etwas gesagt werden, denn ohne Frage schafft sie es wie eh und je mit viel Elan und eigenen Szeneninterpretierungen die Handlung für sich einzunehmen. Kaum jemand ist präsenter im Auftreten als sie, sobald die Kamera auf sie schwenkt. Und auch Charlize Theron lässt keine Federn nach ihrer hervorragenden Darstellung der Charlotte Field in LONG SHOT. Einzig Nicole Kidman hängt weiter durch und steht, nicht wörtlich, immer wieder in einem schlechten Licht. Ausdruckslos und langweilig zeigt sie nicht mehr als in den zuvor schon verunglückten Darstellungen in DER VERLORENE SOHN, DESTROYER, AQUAMAN und MEIN BESTER & ICH. Ein deutlich erkennbarer Karriereknick zeichnet sich hier ab!
Modern und visuell ansprechend
Ansonsten gibt es noch einige nette erwähnenswerte Umsetzungen während der Darstellung der Geschichte, die BOMBSHELL – DAS ENDE DES SCHWEIGENS etwas von gleichartigen Produktionen abhebt. Während das Durchbrechen der vierten Ebene, sprich die direkte Kommunikation mit dem Zuschauer zwar immer üblicher wird, gleicht die anfängliche Vorstellung der FOX News-Zentrale doch eher einer kleinen Führung. Zudem werden immer wieder reale Bilder aus medialen Aufnahmen (z.B. von Donald Trump) kombiniert mit schauspielerischen Einsätzen. Die Kamera verfolgt recht ruhig viele lange Dialoge und Opfer der Taten erzählen in einer Art Bild-Slider ihre Geschichten kurz und bündig dem Zuschauer.
Wissen Sie, warum sie Soldaten uniformieren? Damit jeder weiß sie sind ersetzbar.
Um jedoch endlich zum Punkt zu kommen: BOMBSHELL – DAS ENDE DES SCHWEIGENS ist ein wichtiger und starker Film, der in vielen Momenten richtig gut punkten kann, aber dennoch auch nicht so recht bis zum Ende ausgefeilt wurde. An einigen Stellen hapert es immer wieder ein bisschen mit der Tiefgründigkeit und der konsequenten schamlosen Vorhaltung der Problematik. Dennoch ist dies ein Film, den es sich lohnt anzuschauen sowohl aus künstlerischem als auch inhaltlichen Aspekt.
BOMBSHELL – DAS ENDE DES SCHWEIGENS ist ein wichtiger und starker Film, der in vielen Momenten richtig gut punkten kann, aber dennoch auch nicht so recht bis zum Ende ausgefeilt wurde. An einigen Stellen hapert es immer wieder ein bisschen mit der Tiefgründigkeit und der konsequenten schamlosen Vorhaltung der Problematik. Dennoch ist dies ein Film, den es sich lohnt anzuschauen sowohl aus künstlerischem als auch inhaltlichen Aspekt. Während Charlize Theron und Margot Robbie sich mal wieder selbst übertreffen, schafft es Nicole Kidman nicht aus ihrer Haut raus und bleibt weiter im Sumpf des Trauerspiels stecken. Doch ohne Frage bleibt der Inhalt ein wichtiges Thema, der hier zwar noch hätte deutlich intensiver verfolgt werden können, doch an Hand der realen Grundgeschichte natürlich auch nicht endlos ausreizbar ist.