FilmkritikIn KürzeDarsteller:innen und RollenDas sagen die Kolleg:innen
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Originaltitel: No matarás
DVD/Blu-ray – Release: 05.03.2021

FSK 16

FSK 16 ©FSK

Länge: ca. 92 Minuten
Produktionsland: Spanien
Regie: David Victori
Schauspieler:innen: Mario Casas | Milena Smit | Elisabeth Larena
Genre: Thriller | Drama
Verleih: Ascot Elite Filmverleih

Cross The Line - Du sollst nicht töten

Cross The Line – Du sollst nicht töten ©2021 Ascot Elite Filmverleih

Bisher hat sich der 38-jährige Regisseur David Victori abseits diverser Kurzfilme vor allem mit dem Werk THE PACT auf der größeren Filmbühne präsentiert, obwohl dieser eher mäßigen Erfolg verzeichnete. CROSS THE LINE – DU SOLLST NICHT TÖTEN ist erst der zweite Langspielfilm des Regisseurs. Dafür sicherte er sich die Schauspielarbeit von dem spanischen Filmstar Mario Casas, der 2010 seinen internationalen Durchbruch feiern konnte mit DREI METER ÜBER DEM HIMMEL. Neben ihm bekommen wir die spanische Schauspielerin Elisabeth Larena zu sehen, die vor allem mit ihrer Rolle in der Trilogie DIE PATENTOCHTER groß geworden ist, welche in der Handlung an DER PATE angelehnt ist. Der übrige Cast setzt sich aus eher unbekannteren Schauspieler:innen zusammen, die jedoch auch alle eher in kleineren und unbedeutenderen Nebenrollen auftauchen.

Darum geht es…

Als Danis Leben von einem Tag auf den anderen durch den Tod seines Vaters auf den Kopf gestellt wird, ergibt sich der Zeitpunkt, an dem der sonst sehr introvertierte junge Mann sein Leben überdenken muss. Auch seine Schwester hat erkannt, dass sein Dasein einen frischen Wind benötigt und zwingt ihn regelrecht dazu, von Barcelona aus, eine Weltreise anzutreten, die sie ihm unterjubelt. Dani ist jedoch lange skeptisch und überlegt bis zur letzten Sekunde, ob er seinen Flug buchen soll. Als plötzlich Mila auftaucht, die ihm eine Nacht bescheren soll, wie er sie nie wieder vergessen wird und welche seine Persönlichkeit völlig auf den Kopf stellt, lässt er ab von der Reise und versucht das zu tun, was ihm jahrelang vorgebetet wurde: aus sich herauszubrechen und den Moment zu leben.

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Rezension

In seinem Film zeigt uns David Victori, dass eine einzige Entscheidung unsere Zukunft massiv beeinflussen kann. Dafür findet er stets die richtige Tonlage, denn er eröffnet das Werk mit eher ruhigen, recht dramalastigen Szenen, die geprägt sind von harmonisch melodischer Musik und entwickelt daraus eine rasante Abfolge von misslungenen Ereignissen und völliger Absurdität. Durch eine präzise Kamerasprache wird schnell klar, dass der gesamte Handlungsfokus stets auf der Figur des Dani beruht, denn diese scheint stets der Figur zu folgen und wie bei einer Rückendeckung ihn von hinten abzusichern. Natürlich kriegen wir den Protagonisten nicht nur von seinem Rücken aus zu sehen, es gibt durchaus auch immer wieder Schwenks und gerade in ruhigen Szenen natürlich auch Schnitte aus anderen Perspektiven. Dennoch ist schnell klar, dass für dieses Werk die Steadicam essentiell war.

Cross The Line - Du sollst nicht töten

Cross The Line – Du sollst nicht töten ©2021 Ascot Elite Filmverleih

Interessant wird es schließlich in der Bildgestaltung. Nicht nur, dass die Handlung fast ausschließlich in der Nacht spielt und daher stets von Dunkelheit geprägt ist, auch finden sich viele Darstellungen wieder, die in knalligen Neonfarben schimmern. Angesichts der Optik wirkt es tatsächlich auch so, als würde die Geschichte zu einem früheren Zeitpunkt spielen – etwa in den frühen 2000er Jahren, auch wenn es gut möglich ist, dass einfach die spanischen Kulissen etwas rückständiger erscheinen. Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch, dass ein deutlich kleineres Bildformat als allgemein üblich genutzt wurde. Seltsam ist jedoch, dass dies an allen vier Rändern beschnitten wurde und daher keinen gängigen Bildausschnitten gleicht. Eine mögliche Intention dahinter ist nur schwer auszumachen, außer womöglich um dem Publikum ein intensiveres Gefühl der Enge und daraus folgenden Dramatik der Handlung zu verschaffen, doch wäre dies wohl hier nicht wirklich notwendig gewesen.

Gemächlich zum Höhepunkt

CROSS THE LINE – DU SOLLST NICHT TÖTEN fühlt sich vom Pacing ein wenig an wie DER UNVERHOFFTE CHARME DES GELDES, der zwar inhaltlich ziemlich gut gemacht ist, aber eher eine seltsame Dynamik ausstrahlt. Ähnlich ist es auch hier zu großen Teilen. Es gibt immer wieder Szenen, die uns in Erstaunen, Begeisterung oder gar hoffnungsvolles Mitgefühl versetzen, aber diese gliedern sich ein in ein unnahbares Stimmungsbild. Unterlegt von einer angenehmen Melancholie sehen wir zum Beispiel die Szene, in der die Schwester dem Protagonisten sein Weltreiseticket kauft und gleichzeitig schenkt. Diese ist zwar sehr simpel angelegt, schafft es allerdings eine charmante Atmosphäre zu erzeugen und zeitgleich die Hauptfigur umfassend zu charakterisieren. Zudem entwickelt sich sofort Sympathie für die beiden Personen, die sehr wichtig ist, um die kommenden Entscheidungen verstehen und mittragen zu können.

Cross The Line - Du sollst nicht töten

Cross The Line – Du sollst nicht töten ©2021 Ascot Elite Filmverleih

Mit Einführung der Figur Mila entwickelt sich plötzlich ein völlig neuer Drive, der sich in einer teils bedrohlichen, teils aber auch erotisch-romantischen Atmosphäre niederschlägt. Sie verkörpert das absolute Gegenteil vom eigentlichen Protagonisten und macht vor allem durch die gruselige Doppelzüngigkeit auf sich aufmerksam. Dennoch fragt sich, wie realistisch ein Szenario ist, welches wir besonders im zweiten Part des Films geliefert bekommen. Insbesondere entwickelt sich hier große Skepsis, weil der Protagonist zwar in eine äußerst dramatische Situation hineingezogen wird, die er nicht beherrschen kann, dabei aber plötzlich Entscheidungen trifft, die fast schon unlogisch wirken und nicht so recht auf das bisherige Charakterbild passen will. Dies war zwar auch die Intention von Regisseur David Victori – damit eine neue Persönlichkeit zu erschaffen, doch fehlt die Überzeugung diese Entwicklung auch fundiert zu begründen.

Völlig falsche Richtung

Nicht nur das der Regisseur damit seine Figur offenbar völlig verliert und Wege einschlägt, die äußerst diskussionswürdig sind, er schafft es auch nicht mehr das Publikum bei der Stange zu halten, da ganz klar ist, dass ein etwas durchdachterer Handlungsverlauf zu einem völlig anderen Endresultat geführt hätte, während hier einfach jede Logik ad absurdum geführt wurde. Schaffen wir es dennoch uns mit den folgenden Szenen anzufreunden, so erhalten wir ein aufreibendes und rasantes Geschehen, welches durch brisante und treibende musikalische Untermalung noch verstärkt wird. Geräuschkulissen spielen immer wieder eine wesentliche Rolle.

Cross The Line - Du sollst nicht töten

Cross The Line – Du sollst nicht töten ©2021 Ascot Elite Filmverleih

Fazit

Die Idee hinter CROSS THE LINE – DU SOLLST NICHT TÖTEN ist eine eigentlich recht interessante und wird auch, vor allem zu Beginn, gut aufgebaut. Der Kontrast der Figuren ist gut ausgearbeitet, auch wenn mit Einführung der Figur Mila der Fokus deutlich weg wandert vom eigentlichen Protagonisten und die Neugier im Publikum viel eher in ihre Richtung gelenkt ist. Lange Zeit ist es zudem problemlos nachvollziehbar die Entscheidungen der Hauptfigur zu tragen und nachzuempfinden, insbesondere weil die Exposition sehr gelungen erscheint und tiefe Einblicke in die Persönlichkeiten zulässt. Dieses Wissen wird jedoch später zum Verhängnis des Films, denn auch wenn wir eine drastische Handlungsentwicklung präsentiert bekommen, ist sie noch immer nicht so einschneidend, dass hier ein völliger Wandel der Figur begründet ist, womit der gesamte zweite Teil der Geschichte haltlos und abseits jeglicher Realität erscheint. Visuell und akustisch bekommen wir dennoch einen sympathischen Film geliefert.

Nachdem auch die Spanier schon mehrfach in den vergangenen Jahren bewiesen haben, dass sie kleine, aber charmante Filme produzieren können, war die Neugier auf diesen Film recht groß. Etwas Orientierungslos in der Anfangsphase zeigt sich jedoch schnell, dass Regisseur David Victori ein Auge hat für kleine charmante Szenen, die den Filmgenuss fördern. Zudem schafft er es wunderbar seine Figuren zu charakterisieren und aufzubauen. Durch treffende Geräuschkulissen und dezente, aber passende musikalische Untermalungen wird zudem eine angenehme Atmosphäre aufgebaut, die sich besonders zeigt, als die zweite wesentliche Figur eingeführt wird, welche von einer intensiven Aura umschlungen ist. Während somit im ersten Part des Filmes kaum Wünsche offenbleiben, verliert sich die Geschichte schließlich in einer irrsinnigen und nicht mehr nachvollziehbaren Entwicklung im zweiten Part. Zwar war offenbar gewünscht, dass der Protagonist seine Identität weitestgehend gänzlich aufgibt, doch überträgt sich dies auch auf das gesamte Werk und sorgt dafür, dass die eingehend interessant aufgebaute Stimmung nahezu vollkommen über Bord geworfen wird und die Geschichte nur noch einer irrwitzigen Idee folgt. Hier wäre sicherlich eine passendere Lösung im Rahmen des Machbaren gewesen.

Es ist nun tatsächlich recht schwierig diesen Film zu empfehlen, da er zwar sehenswerte Elemente aufweist, zeitgleich aber auch eine Handlung besitzt, die langfristig sich wohl nicht im Kopf festsetzen wird. Ein wenig mehr Feingefühl in der Storyentwicklung wäre an dieser Stelle wohl sehr wichtig gewesen.

Cross The Line - Du sollst nicht töten

Cross The Line – Du sollst nicht töten ©2021 Ascot Elite Filmverleih

Schauspieler:in Rolle
Mario Casas Dani
Milena Smit Mila
Elisabeth Larena Laura
Fernando Valdivielso Ray
Javier Mula Berni
Aleix Muñoz Delgado
Andreu Kreutzner Fornido
Oscar Pérez Primo
Xavi Siles Inspektor
Miguel Ángel González Mendigo
Gerard Oms Gerard
Xavi Sáez Rubén
Victor Solé Segurata
Paco Trenzano Vecino
Laura Weissmahr Novia Berni


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