Review
Tim Robbins DEAD MAN WALKING – SEIN LETZTER GANG wurde von CAPELIGHT Pictures als Mediabook neu aufgelegt, welches vom Design schlicht ist, aber dennoch auf die richtigen Trigger für Sammelnde setzt. Das Cover ist der Schlüsselmoment des Films, während das Booklet Einblicke in die Produktion gibt und aufzeigt, wie kontrovers die Todesstrafe ist, sowie dass die Ereignisse auf echten Tatsachen beruhen, da es Helen Prejean wirklich gibt und diese auch am Drehbuch mitwirkte.
Helen Prejean und das moralische Dilemma
Raymond J. Barry als klagender Vater eines der Opfer, Roberta Maxwell als Sean Penns Mutter, Lois Smith als Susans Mutter und selbst ein Sean Penn als Matthew Poncelet dienen in erster Linie den moralischen inneren Konflikt von Susan Sarandon, welcher ebenfalls das Publikum von DEAD MAN WALKING – SEIN LETZTER GANG aufwühlt und die eigenen Abgründe wie durch einen Spiegel öffnet. Ist die Todesstrafe menschlich? Ist sie verständlich, gar gerechte Vergeltung, oder ist es nur ein Mittel, um sich derer zu entledigen, die man nicht mag?
Zugleich kann Susan Sarandon mit Sean Penn als Co-Star in DEAD MAN WALKING – SEIN LETZTER GANG eben durch diese Fragen brillieren. Wenn die Nonne den Sträfling intimer kennen lernt und seine rassistische, sexistische, hasserfüllte Seite, die sich eine brennende Welt und einen neuen Führer wünscht, entdeckt, ist sie zwar abgeneigt von dem verurteilten Mörder und möchte diesen auch nicht in Freiheit wissen, dennoch appelliert sie an die christliche Nächstenliebe sowie die Vernunft gegen den Tod durch den Staat.
Damit ist DEAD MAN WALKING – SEIN LETZTER GANG aktueller denn je, da die Todesstrafe in einigen Bundesstaaten der USA immer noch eine gängige Bestrafung ist und sich konservative Strömungen diese häufiger wünschen, um vermeintlich lasche Urteile zu verhindern. Häufig ist das ein Schlag gegen arme Menschen und geht mit Fehlurteilen einher, denn wie DEAD MAN WALKING – SEIN LETZTER GANG selbst schon sagt: „Niemand mit Geld sitzt im Todestrakt.“. Gut betuchte Menschen leisten sich Anwälte, die sie in einem vermeintlichen System der Gleichheit gleicher sein lassen.
Nichts für schwache Nerven
Die Handlung von DEAD MAN WALKING – SEIN LETZTER GANG ist wie ein tiefer Schlag in die Magengrube, der immer tiefer bohrt, je weiter der Film verläuft und für emotionale Tränenausbrüche sorgt. Die Machtlosigkeit und tiefe Trauer aller Parteien lösen im Publikum Verständnis und Entsetzten zugleich aus. Damit dieses nicht in eine depressive Stimmung verfällt, streut Regisseur Tim Robbins gezielt Witze ein, welche für ehrliche Lacher sorgen und die ernüchternde Spannung zumindest etwas auflockern.
Das ist auch bitter notwendig, da DEAD MAN WALKING – SEIN LETZTER GANG nichts beschönigt und aufzeigt, dass selbst Außenstehende sich an einer Todesstrafe ergötzen. Die Verurteilten werden entmenschlicht, als wilde Tiere betrachtet und auf eine narkotisierende Todesspritze gesetzt, welche das Leid nicht minimiert. Sie lässt die Muskeln lediglich entspannen, damit die Zuschauenden der Hinrichtung mit einem vermeintlich reinen Gewissen beiwohnen können.
Klänge, die eine beklemmende Gänsehaut schaffen
Der Score von David Robbins untermalt das Geschehen von DEAD MAN WALKING – SEIN LETZTER GANG zwar passend, kann aber mit den Einlagen des Solo-Vokalisten Nusrat Fateh Ali Khan und insbesondere seinem Song „The Face of Love“ nicht mithalten. Nusrat Fateh Ali Khan schafft es, die musikalische Gesangstradition Qawwali dem Westen zu präsentieren und überzeugt mit klagenden, trauernden, fast schon devoten Klängen.
Die musikalische Begleitung ist dezent eingesetzt, da DEAD MAN WALKING – SEIN LETZTER GANG im richtigen Moment lieber auf vollkommene Stille setzt, in der nicht einmal das Summen einer Fliege zu vernehmen ist. Diese fühlt sich unendlich an und die Anspannung erdrückt die Zuschauenden, welche ein erlösendes Geräusch schon sehnlichst erwarten, da sie die Stille als unheilvollen Vorboten des Übels entlarven.
Fazit
DEAD MAN WALKING – SEIN LETZTER GANG erschrickt das Publikum mit einer schonungslos brutalen Ehrlichkeit und überzeugt mit einem Cast, der das moralische Dilemma von Susan Sarandon sowie dem Publikum untermalt, da der Macht des Staates nur ohnmächtig beigewohnt werden kann. Das Verständnis für Menschen, die man in Freiheit verachten würde, verwirrt die Rezipienten auf den ersten Blick, aber sorgt für Tränen und das Hinterfragen dieses perfiden Systems. Eine klare Empfehlung für Liebhabende von Dramen.
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Originaltitel | Dead Man Walking |
Kinostart | 29.12.1995 |
Länge: | 122 minuten |
Produktionsland | United States of America |
Genre: | Drama |
Regie | Tim Robbins |
Executive Producer | Tim Bevan | Eric Fellner |
Producer | Jon Kilik | Tim Robbins | Rudd Simmons |
Kamera | Roger Deakins |
Musik | David Robbins |
Cast | Susan Sarandon, Sean Penn, Robert Prosky, Raymond J. Barry, R. Lee Ermey, Celia Weston, Lois Smith, Scott Wilson, Roberta Maxwell, Margo Martindale, Barton Heyman, Steve Boles, Nesbitt Blaisdell, Ray Aranha, Larry Pine, Gil Robbins, Kevin Cooney, Clancy Brown, Adele Robbins, Michael Cullen |
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