Der erfahrene Kommissar Jang Hae-Joon (Park Hae-Il) wird zu einem Tatort gerufen, an dem ein Hobbykletterer durch einen vermeintlichen Unfall verstorben ist. Der ehrgeizige Ermittler hat dabei jedoch seine Zweifel und wird gleichzeitig von der Angst verfolgt, wieder einen Fall ungelöst zu den Akten legen zu müssen. Da er schnell die junge Witwe Seo-rae (Tang Wei) im Verdacht hat, lädt er sie auf die Polizeiwache zum Verhör ein. Diese fasziniert ihn aber aufgrund der Tatsache, dass sie – obwohl sie aus China stammt – Wörter beherrscht, die nicht nur für den täglichen Gebrauch unüblich, sondern ihm auch nicht geläufig sind. Der Kommissar bewundert und begehrt sie, wobei er immer wieder in Fantasiewelten eintaucht. Sie wickelt ihn um ihren Finger und Jang Hae-Joon droht dabei, eine Grenze zu überschreiten, die ihn seine geliebte Karriere kosten könnte.
Review
Nach Filmen wie OLDBOY, LADY VENGEANCE oder DIE TASCHENDIEBIN möchte Park Chan-wook das Publikum mit DIE FRAU IM NEBEL erneut verzaubern und in eine bizarr-faszinierende Welt einladen. Dabei setzt er wie gewohnt auf intelligente Kamerafahrten und -einstellungen, einen markanten Soundtrack und skurrile sowie spannende zwischenmenschliche Beziehungen, um die Zuschauenden in den Bann zu ziehen. Es handelt sich hier fast schon um einen Film-Noir, der sich gleich drei Fällen widmet, wobei einer von diesen nur lose thematisiert wird. Dabei schafft der Film es aber, immer die Balance zu halten und nicht überfordernd zu wirken.
Die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Park Hae-il und Tang Wei ist die wohl größte Stärke des Films. Es bereitet dem Publikum echte Freude dabei zuzusehen, wie Tang Wei ihn um ihren Finger wickelt, damit sie ihn genau da hat, wo sie ihn will. Gleichzeitig verstehen die Zuschauenden, warum Park Hae-il sie so begehrt. Sie wirkt unerreichbar, fremd und weckt die Begierde. Wenn die Beiden sich näherkommen, entsteht bei dem Publikum eine Faszination, da unklar ist, ob es sich um eine platonische oder leidenschaftliche Beziehung handelt. Park Chan-Wook sorgt dafür, dass dieser Gedanke nicht losgelassen wird und sorgt mit dieser und weiteren Fragen schon fast für philosophische Gedankengänge und eine Selbstbetrachtung des Publikums.
Frischer Wind
Die Kamerafahrt von DIE FRAU IM NEBEL lädt immer wieder auf wunderschöne und hypnotisierende Einstellungen ein, die dieses so auf der großen Leinwand noch nicht gezeigt wurden. Schiefe Winkel aus der Perspektive einer Leiche oder die dramatisch fliegende Verfolgung über Häuserschluchten in unerwarteten Bewegungen bringen frischen Wind in die Sehgewohnheit der Zuschauenden. Gleichzeitig fängt die Kamera in den Szenen alles so auf, dass die Situation jederzeit klar zu überblicken ist. Das Publikum ist schnell begeistert und würde sich nur zu sehr über mehr von dieser Kreativität freuen.
Erotik ist für das südkoreanische Kino zwar kein Tabuthema, wird aber anders behandelt als im westlichen Film. Für Park Chan-Wook ist die Darstellung der Erotik diesmal ungewohnt, da er von dieser wenig, sie dafür aber bedacht einsetzt. Der Sex wird explizit gezeigt, ist aber im Vergleich zu vielen Hollywoodfilmen, die einfach eine Romanze haben wollen, sinnvoll platziert und ordnet sich der Handlung unter. Zumal wirkt diese Szene nicht unrealistisch kitschig. Die Zuschauenden bekommen glaubhaft das Liebesleben eines Paars präsentiert, das eine langanhaltende Fernbeziehung führt, in der sich unausweichlich eine Krise einschleicht.
Eine herausragende Synchronisation
Bei der Frage des O-Tons und der Synchronisation scheiden sich bekanntlich die Geister und beide Lager haben vernünftige Argumente. DIE FRAU IM NEBEL bietet für alle Seiten etwas. Einerseits sind die Dialoge des O-Tons von Park Chan-Wook gewohnt qualitativ und lassen sich gut mit Untertiteln schauen, ohne dass es dabei für das Publikum in Arbeit ausartet. Aber andererseits funktioniert die deutsche Synchronisation überraschend gut und könnte zu einer der kreativsten Synchronarbeiten seit langem zählen. Da die Frau keine koreanische Muttersprachlerin ist, sondern aus China kommt, bedient sie sich neben den untypischen Worten eher einfacher Worte. Dies geschieht auch in der Synchronisation. Es ist ein einfacheres Deutsch mit kleinen Pausen, wodurch das Publikum sich in ihre Lage versetzen kann und versteht, wie schwer es ist, eine neue Sprache lernen zu müssen.
Durch die ganzen Details bei der Kameraarbeit, der Synchronisation, der Musik und der zwischenmenschlichen Beziehungen bleibt der Film dem Publikum nicht nur lange in Erinnerung, sondern lädt zu erneuten Sichtungen ein, da es immer wieder neue Kleinigkeiten zu entdecken gibt, die einem vorher entgangen sind. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Park Chan-Wook mit dem Film zutiefst philosophische Fragen stellt, in denen sich das Publikum gerne verliert.
Der Teufel steckt im Detail
Fehlerfrei kann kein Film sein. Die Frage ist, wie dieser damit umgeht. DIE FRAU IM NEBEL hat vereinzelt Schwächen, die im Gesamtbild aber untergehen und wohlwollend ignoriert werden können. Nur im dritten Akt gibt es einen Handlungsstrang mit Park Hae-il und Lee Jung-hyun, der konstruiert wirkt. Das ist nichts, was den Film zerstört, es fällt aber im ansonsten durchgeplanten Werk von Park Chan-Wook schnell auf.
Fazit
DIE FRAU IM NEBEL kann einen mit der gewohnten Filmmagie des südkoreanischen Regisseurs Park Chan-Wook in seinen Bann ziehen. Sein Film wirkt fast schon wie ein durchgeplantes Uhrwerk, bei dem kleinere Fehler dadurch nur umso mehr zu sehen sind. Und doch ignoriert das Publikum dies wohlwollend, weil es sich über die kreativen Ideen und die philosophischen Elemente freut. Wer Park Chan-Wook und koreanische Filme liebt, ist hiermit gut beraten, wobei der Film auch für alle was bietet, die eine Ausflucht aus Hollywoods generischen Einheitsbrei suchen.
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Originaltitel | 헤어질 결심 |
Kinostart | 29.6.2022 |
Länge: | 138 minuten |
Produktionsland | South Korea |
Genre: | Thriller | Mystery | Liebesfilm |
Regie | Park Chan-wook |
Executive Producer | 이미경 |
Producer | Park Chan-wook | 백지선 | Ko Dae-seok |
Kamera | 김지용 |
Musik | 조영욱 |
Cast | 湯唯, 박해일, 이정현, 고경표, 박용우, 김신영, 유승목, 정이서, 정영숙, 이학주, 박정민, 정하담, 서현우, 유태오, 신안진, Kim Do-yeon, Go Min-si, 차서원, 주인영, Choi Sun-ja |
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