Kinostart: 02.07.2020
Länge: ca. 90 Minuten
Produktionsland: Frankreich
Regie: Claude Lelouch
Schauspieler: Anouk Aimée | Jean-Louis Trintignant | Souad Amidou
Genre: Drama | Romanze
Verleiher: Wild Bunch Germany
Zwar macht es nicht den Anschein, doch ist DIE SCHÖNSTEN JAHRE EINES LEBENS tatsächlich eine Fortsetzung eines kaum noch bekannten Klassikers. Im Jahr 1966 erschien der Film EIN MANN UND EINE FRAU, welcher von einer sagenhaft schönen Liebesgeschichte handelt, in der die Figuren Anne und Jean-Louis sich erstmalig begegnen, ist einer der ersten Filme des Regisseurs Claude Lelouch, der unter anderem für die französische Interpretation von LES MISÉRABLES aus dem Jahr 1995 verantwortlich ist. Die Geschichte wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film sowie für das beste Originaldrehbuch. Schon damals bekamen wir vor und hinter den Kulissen einen Familienfilm zu sehen, denn in den Nebenrollen sind Antoine Sire und Souad Amidou zu sehen, welche auch im realen Leben jeweils Sohn des Hauptdarstellers und Tochter der Hauptdarstellerin sind. Gemeinsam kehren die vier zurück auf die Leinwand.
Darum geht es…
Jean-Louis ist mittlerweile ein alter Mann, der von seiner Familie im Pflegeheim untergebracht wurde, denn die Erinnerung spielt ihm so einige Streiche. Doch sein Sohn liebt ihn und sorgt sich um seinen Gesundheitszustand. Aus diesem Grund möchte er ihm noch eine tolle restliche Lebenszeit bieten. Mit dem zunehmenden Alter hat Jean-Louis immer häufiger angefangen von seiner alten Liebe Anne zu erzählen, die nach seinen Aussagen seine Liebe des Lebens war. Antoine beginnt also Anne ausfindig zu machen und spürt sie in der Normandie auf. Auch sie war zur damaligen Zeit abgöttisch in Jean-Louis verliebt und auch wenn beide ein eigenes unabhängiges Leben aufgebaut haben, existiert noch immer ein Fünkchen Sehnsucht. Aber können Sie auch wieder zueinander finden?
Rezension
Ich muss gestehen, dass ich bis heute nicht EIN MANN UND EINE FRAU gesehen habe – Asche auf mein Haupt. Noch immer hänge ich etwas mit den Klassikern hinterher und auch dieser landet nun auf meiner Watchlist. Leider jedoch nicht, weil ich DIE SCHÖNSTEN JAHRE EINES LEBENS so toll fand, sondern viel mehr wegen der Geschichte drum rum und der ansprechenden Zusammenfassung, die ich mir im Vorfeld zu Gemüte geführt habe. Denn tatsächlich sehe ich es als große Besonderheit, dass wir über 50 Jahre nach Veröffentlichung des ersten Films nun eine Fortsetzung erhalten, die geschickt an die Originalgeschichte anknüpft. Zudem bekommen wir sowohl den gleichen Regisseur als auch die gleichen Hauptdarsteller und auch deren Kinder wieder zu Gesicht. Ich finde dies ist eine Einzigartigkeit, die schon an sich einen Applaus wert ist.
Abgesehen davon ist es etwas schade, dass sich die Geschichte weitestgehend auf diesen Wurzeln und dessen gegenwärtige Weiterführung ausruht. Inhaltlich bekommen wir kaum etwas ansprechendes zu sehen. Zwanghaft versucht Lelouch eine Liebesgeschichte zu etablieren, die durchaus einige schöne Moment hat, doch weitestgehend darin verpufft, dass viel Wert auf Stil und Optik gelegt wurde. Grundlegend bilden die beiden Protagonisten ein interessantes Duo und die Fortsetzung der Geschichte ist eigentlich auch gelungen, insbesondere weil der Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart geschickt ausgespielt wird. Dennoch hapert es daran, dass gefühlt die Hälfte des Films aus Rückblicken besteht, die die Handlung kein Stück voranbringen und sie im Gegensatz dazu sogar noch ausbremsen. Es gibt nur einen einzigen kleinen Plot, der über die gesamten 90 Minuten hingezogen wird und leider jeglichen Schwung missen lässt.
Mit Vollgas zur Liebe
Abgesehen davon ist besonders erwähnenswert eine äußerst lange Sequenz am Ende des ganzen Werks, in welcher wir dem jungen Ich des Protagonisten folgen, wie er in einem Ralley-Auto in Höchstgeschwindigkeit durch Paris rast, um zu seiner Geliebten zu gelangen. Diese Szene erstreckt sich tatsächlich über mehrere Minuten, in denen man fast schon sehnsüchtig darauf wartet, dass er ankommt und seine große Liebe in die Arme schließen kann. Abgesehen von zwei etwas abstrusen Träumen, die nicht so recht zur sonstigen Szenerie passen wollen, bekommen wir hier erstmalig eine ansehnliche und Neugierde schaffende Szenerie geboten, welche Lust auf mehr macht. Doch leider zu spät, denn schon im nächsten Moment erwartet uns das Ende. Mag sich Lelouch etwa dies noch offen halten für eine weitere Fortsetzung?
Insgesamt lebt dieser Film leider einzig und allein von den tollen Elementen um die Produktion herum – der Zusammenführung eines lang vergessenen Ensembles, der Wiedererweckung einer liebevollen Geschichte, dem erneuten Auftreten eines fabelhaften Regisseurs. All das macht wohl DIE SCHÖNSTEN JAHRE EINES LEBENS aus. Schade jedoch, dass dieses Werk nicht auch selbst von sich überzeugen kann. Gefühle blieben durch lange ausgedehnte Sequenzen auf der Strecke, eine Story musste man schon fast mit der Lupe suchen und einzig und allein von schönen Bildern kann ein Film nicht leben. Der Versuch hier an die eigene Schöpfung gleichermaßen anzuknöpfen ist in meinen Augen eher gescheitert.
54 Jahre nach EIN MANN UND EINE FRAU, zeigt uns Regisseur Claude Lelouch nun die Fortsetzung einer fabelhaften Romanze. Doch einfach nur eine weitererzählte Geschichte präsentieren kann ja jeder. Lelouch jedoch hat es geschafft für dieses Werk die vier elementaren Castmitglieder des ersten Teils erneut zu rekrutieren und damit eine Ehrwürdigung seines eigenen Werks geschaffen, die kaum vergleichbar mit anderen Filmen ist. Doch so schön es ist hier tatsächlich die alten Filmstars wieder auf der Leinwand betrachten zu können und damit wirklich eine echte Fortsetzung zu schaffen, so deprimierend ist letztlich der Gedanke, dass auch das Storytelling in längst vergessenen Zeiten hängen geblieben ist und wir nun eine äußerst langsame Geschichte erzählt bekommen, die absolut keine Überraschungen parat und nebenbei auch noch verzweifelt nach Szenen sucht, um die Zuschauer nicht zu narkotisieren. Das klingt jetzt etwas drastisch, beschreibt jedoch den Kern des Films ganz gut, denn weder Schauspieler noch Handlung können wirklich überzeugen und wenn die Emotionalität in einer Romanze fehlt, ist dem Werk irgendwie auch nicht mehr zu helfen. Schöne Bilder machen noch lange keinen guten Film, was hier wieder zu genüge deutlich wird. Schade eigentlich, denn die Idee fand ich grundlegend gar nicht mal so schlecht. Hier hätte durchaus mehr rausgeholt werden können.