Review Fakten + Credits


Emily Filmstill

Emily ©2023 capelight pictures

Emily Brontë, sowie ihre Schwestern Charlotte und Anne, gelten als Wegbereiterinnen der Emanzipation. Die drei Schriftstellerinnen haben im England des frühen 19. Jahrhunderts gelebt, in einer Zeit, in der das Veröffentlichen von Texten ausschließlich Männern vorbehalten war. Trotzdem haben sich die drei Schwestern nicht von ihrem Weg abbringen lassen und unter Pseudonymen ihre Bücher veröffentlicht. Im Jahr 1846 haben sie erstmalig gemeinsam einen Gedichtband veröffentlicht. Sie haben sich die Namen Currer (Charlotte), Ellis (Emily) und Acton (Anne) Bell gegeben und auch später unter diesen falschen Identitäten veröffentlicht. Anne Brontë wurde bekannt für ihren Roman „Agnes Grey“, Charlotte ist mit „Jane Eyre“ in die Geschichte eingegangen. Auch EMILY wurde mit ihrem einzigen Roman „Wuthering Heights“ (deutscher Titel: „Sturmhöhe“) in den allgemeinen Literaturkanon aufgenommen. Das Leben der rebellischen Schriftstellerin wurde nun von der britisch-australischen Regisseurin Frances O’Connor verfilmt. Der Film ist keine lupenreine Biographie, sondern nimmt sich einige kreative Freiheiten, um das Leben von Emily Brontë greifbarer zu machen.

Darum geht es…

Schon seit ihrer Kindheit wird Emily Brontë (Emma Mackey) als sonderbar wahrgenommen. Mit ihren Schwestern Charlotte (Alexandra Dowling) und Anne (Amelia Gething) denkt sie sich Fantasiewelten aus und schreibt Gedichte. Emily steckt auch als Erwachsene mit dem Kopf in den Wolken, doch ihre Schwestern beginnen sich für andere Dinge zu interessieren. Während Emilys Schwestern in den Künsten und Sprachen ausgebildet werden, scheitert Emily bei dem Versuch. Sobald sie ihren Heimatort Haworth verlässt, beginnt es ihr schlecht zu gehen. So sorgt Emilys Vater, der Pfarrer des Ortes, dass Sie in der französischen Sprache vom neuen Pfarrer, William Weightman (Oliver Jackson-Cohen) ausgebildet wird. Zuerst widerstrebt es der jungen Frau bei diesem engstirnigen geistlichen in die Lehre zu gehen, je mehr sie ihn kennen lernt, desto faszinierter ist sie allerdings von ihm. Emilys Bruder Branwell (Fionn Whitehead) hält ebenfalls nichts von Weighman. Branwell ist ein Freigeist und lebt für seine Gemälde und den Alkohol. Emily wäre gerne so frei wie ihr Bruder und lehnt sich immer wieder gegen die Unterdrückung der Männer auf.

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Rezension

Mit EMILY ist Frances O’Conner ein beeindruckendes Regiedebut gelungen. Auch wenn sich der Film einige kreative Freiheiten in der Biographie von Emily Brontë erlaubt, sind diese doch dienlich, um die Zuschauerschaft zu fesseln. Trotzdem bietet diese Entscheidung auch die größte Angriffsfläche für den Film. So ist der Pfarrer William Weightman eine Erfindung von O’Conner, die sich an die Figuren in Emily Brontës Roman „Wuthering Heights“ anlehnt. Der jungen Schriftstellerin wird hier eine Figur an die Seite gestellt, für die sie romantische Gefühle entwickeln kann. In ihrer Biografie ist nichts über Liebesbeziehungen bekannt. Die Entscheidung eine Liebesgeschichte in den Film zu integrieren wirkt, als würde man hier auf Nummer sicher gehen, um ein möglichst breites Publikum ansprechen zu wollen. Auch wurden die Bücher der Brontë Schwestern im Film nicht unter Pseudonym veröffentlicht, sondern unter ihren richtigen Namen. Es wäre spannend gewesen noch etwas mehr über Widerstände zu erfahren, mit denen die Frauen bei den Veröffentlichungen ihre Bücher zu kämpfen gehabt haben.

Emily Filmstill

Emily ©2023 capelight pictures

Wenn man diese kleinen kreativen Freiheiten von Frances O’Connor verkraften kann, wird man mit einem wundervollen Film belohnt. EMILY erzählt die Geschichte einer Frau, die ihrer Zeit Jahrhunderte voraus war. Sie hat früh erkannt, dass alle Menschen gleich sind und dass blinder Gehorsam zu großem Leid führt. Sie gerät dabei immer wieder in Konfliktsituationen mit ihrem Vater oder Weighman, die blind an Gott glauben, einfach weil sie in die christliche Welt geboren wurden. Emily beginnt schnell die Religion zu hinterfragen und sich ihre eigenen Gedanken zu machen. Trotzdem bleibt die Figur dabei sehr menschlich. Obwohl sie für ihre Zeit (1818 – 1848) durch sehr progressive Gedanken aufgefallen ist, bleibt sie ein Produkt ihrer Zeit. Sie möchte wahrgenommen und geliebt werden, so wie es vermutlich den meisten Menschen geht. Auch wenn ihr Vater im Film stellvertretend für die verstaubten Sichtweisen des konservativen Patriachats steht, will sie trotzdem in seiner Gunst steigen.

Die Gedanken sind frei!

Im Film wird Emily Brontë auf großartige Art und Weise von der französisch-britischen Schauspielerin Emma Mackey verkörpert. Den meisten wird die Darstellerin vermutlich durch die Netflix-Serie SEX EDUCATION ein Begriff sein. Bei EMILY handelt es sich um das Spielfilmdebut von Mackey, die hier beweist, dass großes schauspielerisches Talent in ihr steckt. Sie füllt Emily Brontë mit Leben und macht aus ihr eine nachvollziehbare Figur. Emily Brontë wird durch Emma Mackey zu einer verträumten Figur, die in ihrer eigenen Welt lebt. Immer wieder verliert sie sich in Tagträumen und nimmt die Menschen in ihrem Umfeld nicht mehr war. Emily lehnt sich zwar immer wieder gegen die Menschen in ihrem Umfeld auf, durch das subtile Schauspiel, spürt man aber zu jederzeit, dass sie eine tiefe Unsicherheit in sich trägt. Emma Mackey gibt uns das Gefühl, dass es keinen Platz in der Welt für Emily Brontë gibt, sie wird immer wieder anecken und entwickelt dadurch finstere innere Dämonen.

Emily Filmstill

Emily ©2023 capelight pictures

Abgesehen von dem großartigen Schauspiel, der mitreißenden Geschichte und der Botschaft, sieht der Film fantastisch aus. Der kleine Ort Haworth befindet sich in den tristen Mooren Yorkshires. Es ist konstant bewölkt, Regen fällt vom Himmel und alles wirkt grau und trostlos. Yorkshire ist vermutlich nicht ganz so unangenehm, wie es im Film wirkt, wir sollen so allerdings einen Einblick in das Seelenleben von Emily Brontë bekommen. Die Bilder erzeugen eine wahnsinnige Größe, die uns zeigt, dass der Weg aus Haworth für Emily unmöglich scheint. Immer wieder sorgen diese, oder ähnliche, visuelle Stilelemente für einen präzisen Einblick in die Welt der Brontë Schwestern. Untermalt wird das Gesehene von einem Soundtrack, der uns direkt ins viktorianische England entführt. Wir hören viel Klavier und viele Streicher, die nicht nur im Soundtrack stattfinden, sondern auch zu Elementen in der Handlung werden.

stilisierter Zelluloidfilm mit roter Ziffer "7"Fazit:

EMILY ist ein sehr stimmiges Gesamtkunstwerk, dass uns einen mitreißenden Einblick in das Leben von Emily Brontë und ihren Schwestern vermittelt. Der Film lebt von seiner großartigen Optik, einem stimmungsvollen Soundtrack, das große Highlight ist allerdings Emma Mackey. Die Schauspielerin füllt ihre Figur mit einer immensen emotionalen Tiefe. Wir bekommen ein Gefühl für die inneren Kämpfe, die Brontë ständig mit sich austragen musste. Der Film sendet dabei wichtige Botschaften der Emanzipation und ist trotz seiner Handlungsepoche wahnsinnig aktuell. Mit seinen knapp 130 Minuten hat Frances O’Connors Regiedebut zwar ein paar Längen, wenn man diese durchsteht und über die kreativen Freiheiten des Drehbuchs hinwegsehen kann, wird man mit einem wunderschönen Film belohnt.

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Review Fakten + Credits


Originaltitel Emily
Kinostart 14.10.2022
Länge: 131 minuten
Produktionsland Australia
Genre: Historie | Drama | Liebesfilm
Regie Frances O'Connor
Executive Producer Jo Bamford | Sebastian Barker | Hugo Grumbar | Tim Haslam | Jamie Jessop | Abel Korzeniowski | Janine Modder | Oliver Parker | Michael Reuter | Andrea Scarso | Peter Touche
Producer David Barron | Piers Tempest | Jo Bamford | Robert Connolly | Robert Patterson
Kamera Nanu Segal
Musik Abel Korzeniowski
Cast Emma Mackey, Fionn Whitehead, Oliver Jackson-Cohen, Alexandra Dowling, Gemma Jones, Adrian Dunbar, Amelia Gething, Veronica Roberts, Gerald Lepkowski, Paul Warriner, Sacha Parkinson, Philip Desmeules, Robert Pickavance, Richard Anthony-Lloyd

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