Kinostart: 05.03.2020
Länge: ca. 125 Minuten
Produktionsland: Vereinigtes Königreich
Regie: Autumn de Wilde
Schauspieler:innen: Anya Taylor-Joy | Johnny Flynn | Josh O‘Connor
Genre: Romanze | Drama | Komödie
Verleih: Universal Pictures Germany
Zur leserlichen Vereinfachung wird der Filmtitel im Folgenden ohne Punkt dargestellt: EMMA. -> EMMA
Wieder einmal dürfen wir ein Regiedebüt begutachten. Doch stimmt das nicht so ganz, denn Autumn de Wilde hat bereits mehrfach Musikvideos und Werbefilme produziert. EMMA stellt einzig und allein ihr Regiedebüt für den Kinomarkt dar, bietet aber dennoch damit eine Menge Erzählstoff, denn die Geschichte, die auf dem gleichnamigen Roman von Jane Austen aus dem Jahr 1815 stammt, wurde bereits mehrfach adaptiert und verfilmt. Erstmalig als Serie produziert, folgten in den vergangenen 25 Jahren ganze vier weitere Produktionen, unter anderem mit Gwyneth Paltrow und Jeremy Northam.
Jane Austen’s Meisterwerke
Die Buchautorin Jane Austen ist vor allem bekannt für ihren Roman „Stolz und Vorurteil“, doch auch ihre weiteren Werke wie „Verstand und Gefühl“, „Mansfield Park“ und „Die Abtei von Northanger“ erfreuen sich neben EMMA großer Beliebtheit in der historischen Literatur. Ihre Werke wurden stets anonym mit der Verfasserangabe „by a lady“ veröffentlicht, doch war es kein großes Geheimnis, dass diese von ihr stammen. Als letztes Werk, dass noch zu ihrer Lebzeit veröffentlicht wurde, erreichen die Erstausgaben von EMMA heute einen Preis auf dem Buchmarkt von bis zu 40.000 US-Dollar. Nur langsam entwickelte sich der Kult um dieses Buch, doch seit 1995 gibt es kein Halten mehr und sogar China und Japan haben diverse Fassungen herausgebracht und für einen Einzug in die Manga-Kultur Japans gesorgt.
Für die aktuelle cineastische Fassung hat die Regie-Debütantin die gerade mal 24-jährige Anya Taylor-Joy für die Titelrolle gewinnen können. Sie ist bisher vor allem aus den beiden M. Night Shyamalan Filmen SPLIT und GLASS bekannt. Namhafte Darsteller finden sich vor allem in vielen kleinen Nebenrollen wieder, wie zum Beispiel Bill Nighy (ALLES EINE FRAGE DER ZEIT, DER EWIGE GÄRTNER) oder Miranda Hart (SPY – SUSAN COOPER UNDERCOVER). Gedreht wurde vor allem im Chavenage House im Südwesten Englands in der Grafschaft Gloucestershire.
Darum geht es..
Emma Woodhouse ist gerade einmal knapp über die Volljährigkeit hinaus, doch schon jetzt eine aufgeweckte, intelligente und hübsche Dame eines kleinen Adelshauses, welches sie einzig und allein mit ihrem Vater bewohnt. Sie liebt es sich in die Angelegenheiten anderer Menschen einzumischen und auch wenn sie nicht offensichtlich dem Klatsch und Tratsch folgt, säht sie doch gerne Brotkrumen, um anderen Menschen zu ihrem Glück zu verhelfen. Doch ob das wirklich immer so gut ist? Sie selbst ist der festen Überzeugung, denn angeblich hat sie bereits die Finger bei einer kürzlich geschlossenen Ehe im Spiel gehabt und sieht sich nun als perfekte Heiratsvermittlerin.
Dieses angebliche Talent versucht sie auch bei einem eher ärmeren Mädchen, zu der sie eine innige Freundschaft aufbaut. Doch als die junge Harriet einen tatsächlich einen Heiratsantrag erhält, rät Emma von der Annahme ab, da die gewiefte Verkupplerin statt eines Bauernjungen eher jemanden aus der wohlhabenderen Gesellschaftsebene im Sinn hat. Doch plötzlich geht alles in ihrem Plan schief und sie manövriert sich immer tiefer in Missverständnisse hinein, die so keines Wegs beabsichtigt waren. Nun muss sie höllisch aufpassen schlussendlich nicht alle zu enttäuschen…
Rezension
Englische Filme haben häufig ihren ganz eigenen Charme. So zuletzt gesehen in THE FAVOURITE oder DOWNTOWN ABBEY, in denen gerne der englische Hochadel im Mittelpunkt der Handlung steht, sich jedoch häufig zu Gunsten der Schwächeren und Untergebenen aufopfert. Dabei wird viel Wert auf den hochtrabenden Kleidungsstil gelegt, ebenso wie auf die typisch englische Höflichkeit. Auch in EMMA finden diese stilistischen Merkmale häufige Anwendung und repräsentieren damit mit viel Herz eine lang vergessene Zeit. Dazu gesellen sich überragende Prachtbauten von britischen Schlössern oder Landsitzen. Ohne Frage haben die britischen Filmemacher ein Händchen dafür ihre Werke visuell ansprechend zu gestalten und zeitgemäß auszustatten.
Vom ersten Moment an entführt Regisseurin Autumn de Wilde den Zuschauer in eine märchenartige Welt, mit überwältigender Farbgestaltung. Von den Kleidern über die ohnehin schon traumhaft schöne Landschaft, bis zu rosa und babyblau gestrichenen Zimmerwänden entspricht das Bild stets dem, was man sich unter einer leichten britischen und klassisch inszenierten Romantik-Komödie vorstellt. Dazu gibt es auch akustische Auffälligkeiten zu genießen, denn immer wieder kommt ein Gospelchor zum Einsatz, ebenso wie simple harmonische Pianoklänge.
Ein Klassiker und viele Talente
Doch genug erzählt von dem was wir sehen und hören. Viel spannender ist doch, ob EMMA die Wünsche der Fans dieses Filmstils beziehungsweise Filmgenres erfüllt: So wie ich es einschätzen würde, trifft dies vollkommen zu, denn ein leichter zum Teil auch typisch schwarzer Humor wird ansprechend gepaart mit einer eher einfach gehaltenen und dennoch süßen Geschichte. Ohne die diversen anderen Fassungen der Geschichte ausführlich zu kennen, fällt es doch nicht schwer schnell zu erkennen, dass der Grundgedanke des Werks vollkommen gleich interpretiert ist und keine wirklichen Überraschungen bereit hält. Das Gesamtkonzept funktioniert damit recht gut, liefert jedoch auch nichts wirklich Neues.
Ich möchte meine persönliche Liebe zum darstellenden Spiel Bill Nighys nicht verbergen, den ich spätestens seit ALLES EINE FRAGE DER ZEIT ins Herz geschlossen habe. Auch hier sticht er für mich persönlich wieder ganz Besonders heraus, auch wenn er nur wenige kleine Nebenauftritte erhalten hat. Diese sind jedoch durch Leichtigkeit geprägt und treiben dem Zuschauer ein nettes Schmunzeln ins Gesicht. Auch Miranda Hart ist keines Wegs zu verachten. Bekannt aus verschiedenen leichten Komödien, schafft sie es auch hier ihre übertriebene, fast schon nervige Art eine Figur zu interpretieren einzubringen und damit einen guten Kontrast zur sonstigen eher noblen und hochnäsigen Art der restlichen Charaktere.
Anya Taylor-Joy mit vollkommener Präsenz
Selbstverständlich muss auch ein Wort zur Protagonistin Anya Taylor-Joy verloren werden, wo sie doch fast ausnahmslos den gesamten Film im Mittelpunkt eines jeden Bildes steht. Ihr Schauspiel wirkt weitestgehend stimmig, bleibt jedoch ein Schauspiel. Es ist schwer ihr die Rolle tatsächlich abzunehmen, auch wenn sie es als einzige schafft ihre Gesichtszüge ansprechend in Szene zu setzen und vor allem mit ihren durchdringenden Blicken einiges an Handlung abzukürzen weiß. Es macht zwar schon Spaß der Figur zu folgen, doch gibt es keine wirklich bleibenden Eindrücke, die noch nach dem Film im Kopf des Zuschauers hängen bleiben könnten. Dennoch ist auffällig, dass fast jedes Einzelbild, in dem Anya Taylor-Joy solistisch in Erscheinung tritt wie ein aufwendig gearbeitetes Gemälde wirkt.
Das wohl größte Problem des Films EMMA ist wohl der sehr einfach gehaltene Erzählstrang, denn damit wird viel Raum für eintönige und lahmende Momente geboten. Im Überdruss der visuellen Schönheit, schafft es die Handlung nur langsam vom Fleck weg zu kommen und damit immer wieder auf der Stelle zu trampeln. Dabei schlagen die Versuche eine überraschende Wendung einzustreuen immer wieder fehl und sind schon weit vorher ersichtlich. Auch die Lieblichkeit, die Romantik und die Sinnlichkeit bleiben auf der Strecke zu Lasten der schönen Bilder. Dennoch überrascht der Film schlussendlich damit, dass so ziemlich jede Figur mit einer eigenen kleinen Geschichte ausgestattet wurde und das in einem Handlungszeitraum von gerade einmal einem Jahr, was dem Zuschauer immer wieder deutlich dargestellt wird.
Somit ist EMMA ein netter kleiner englischer Film, der zu unterhalten weiß und trotz einer ausschweifenden Geschichte eigentlich nicht viel zeigt. Harmonie und Missverständnisse bilden ein ansehbares Konstrukt, welches Fans von britischen Filmen wohl vollkommen für sich einnehmen wird, das restliche Publikum jedoch zeitweise in Gedanken schweifen lassen könnte.
Nachdem diese Geschichte erst in den 90er Jahren wirklich zu Berühmtheit gelang, ist dies lange nicht mehr die erste Verfilmung des gleichnamigen Romans. Mit einer großen Prise englischem Charme und Humor verziert, erzählt Autumn de Wilde hier eine unterhaltsame kleine Geschichte, die sich durch ihre Leichtigkeit endlich einmal abhebt von den vielen anspruchsvollen Dramen die derzeit den Markt überschwemmen. Gewinnen tut die Geschichte dabei vor allem in den Nebenrollen, doch geht der Versuch viel Geschichte in kürzester Zeit unter zu bringen nach hinten los, da dadurch viele kleine Inhalte eher belanglos wirken und der Film damit im Gesamtkonzept eher dahin dümpelt. Fans des englischen Adeltums des 19. Jahrhunderts werden dennoch auf ihre Kosten kommen, doch wird damit wohl ein eher kleinerer Zuschauerkreis wirklich zufrieden gestellt.