Originaltitel: Hatsukoi
DVD/Blu-ray – Release: 05.05.2020
Länge: ca. 108 Minuten
Produktionsland: Japan | Vereinigtes Königreich
Regie: Takashi Miike
Schauspieler:innen: Masataka Kubota | Nao Ohmori | Shota Sometani
Genre: Action | Krimi | Komödie
Verleiher: EuroVideo
Gewalttätig, obszön und überzeichnet – dies beschreibt die filmischen Werke des Regisseurs Takashi Miike recht präzise. Sein Hang zu Verbrechern und Antihelden ist kein Geheimnis und so produziert er seit seinem 30. Lebensjahr immer wieder Werke, die umfassend angereichert mit Brutalität sind. Doch zeichnet sich seine Karriere nicht durch große Kinoproduktionen aus, sondern starte er auf der Welle der Direct-to-Video-Produktionen voll durch und gelangte erst deutlich später mit seinen Filmen auf die große Leinwand. Weitläufig als innovativ und unberechenbar bezeichnet, wurde er 2017 sogar in die Academy of Motion Picture Arts and Sciences aufgenommen. Von den Kritiken gelobt ist vor allem der Horror-Film AUDITION aus dem Jahr 1999, in welchem geschickt mit der Genrevermischung von Drama und gewalttätigem Thriller gespielt wird.
Darum geht es…
Leo hat schwer zu kämpfen, denn als junger Nachwuchsboxer steht er erst ganz am Anfang einer vielversprechenden Karriere, bis ihm plötzlich eine tödliche Krankheit diagnostiziert wird, nach dem er im Ring nach einem ganz leichten Schlag das Bewusstsein verlor. Diese Nachricht lässt ihn eine lethargische Verzweiflung abrutschen, in der er kaum noch einen klaren Gedanken fassen kann. Als jedoch auf der Straße an ihm eine junge Frau vorbeirennt und nach Hilfe ruft, ist ihm sofort klar, dass er ihren Verfolger aufhalten muss. Daraufhin lernt er die junge Dame Monica näher kennen: Sie ist ein drogensüchtiges Callgirl, welches von ihrem Vater verkauft wurde, um dessen Schulden zu begleichen.
Die “Inhaber” der jungen Dame arbeiten zudem mit der Yakuza, der japanischen Mafia zusammen im Drogenhandel. Ein Mitglied der Mafia sowie ein korrupter Polizist planen gleichzeitig einen Überfall auf das Pärchen, um eine Drogenlieferung abzufangen und um die ganze Sache zu verheimlichen, wird ein Chinese engagiert, die es wirken lässt, als wäre der Überfall durch die chinesischen Triaden organisiert. Dieses heillose Durcheinander sorgt dafür, dass Leo, mit seiner Intention zu helfen, plötzlich im Mittelpunkt des ganzen Geschehens steht und sowohl von der Polizei als auch der Yakuza verfolgt wird. Kann er dieser Übermacht entfliehen oder wird ihn letztlich doch der Tumor dahinraffen?
Rezension
Nach einem etwas holprigen Intro, welches übersäht ist mit den unterschiedlichsten Figuren und es daher schwer macht eine wirkliche Hauptfigur auszumachen oder gar zu durchblicken, welche Beziehungen untereinander existieren, fängt sich FIRST LOVE doch recht schnell und folgt verschiedenen Erzählschienen gleichzeitig. Temperamentvoll erzählt, werden vier Geschichten, die alle miteinander verknüpft sind, aber dennoch keinen Ensemblefilm darstellen, da der Boxer und die drogensüchtige Dame stets im Mittelpunkt aller Geschehnisse stehen und wir weiteraus mehr über die beiden Figuren erfahren als über jede andere Person.
Regisseur Takashi Miike schafft es in all diesem umfassenden Informationsgehalt und den vielen Geschehnissen auf der Leinwand, die nebenbei gesagt nicht immer etwas für schwache Nerven sind, eine Liebesgeschichte zu integrieren, die erst im zweiten Blick als solche erkennbar ist. Während sich nämlich der Großteil des Werkes damit beschäftigt eine Kriminalgeschichte Thrillerartig aufzubauen, geht die Romanze fast schon unter, zeigt aber gleichzeitig einen fantastischen Ausgleich und damit ein spannendes Pendant zur recht brutalen Hauptstory zu bilden. Diese wiederum entspricht Popcornkino vom feinsten, wird jedoch zugleich auch wieder aufgesplittet in klassische Actionmomente, die etwas überinszeniert wirken und dennoch beeindrucken, sowie auch sehr überraschende, aber äußerst gelungene, Comedymomente. Letztere schaffen es immer wieder geschickt mit völlig albernen Aktionen den Zuschauer zum Schmunzeln zu bringen und damit zu begeistern.
Unkonventionell innovativ
Die wohl denkwürdigste Szene ist wohl mitten im großen finalen Kampf, in welchem alle Beteiligten um ihr Leben kämpfen und eine Figur plötzlich einen Wadenkrampf erleidet. Völlig stumpfsinnig, wenn auch nicht realitätsfern, wird diese Sequenz einfach hineingeschnitten und kitzelt einen wirklich angenehm herrlichen Moment aus dem Film. Immer wieder werden solch humoristische Aktionen eingebaut, die im Zuge der allgemeinen Anspannung etwas Erleichterung bringen. Auch eine kurze Comiceinlage findet ihren Platz und hebt das Werk zwar auf ein neues Level der Irrsinnigkeit, zeigt aber auch kreative Ideen im Entwicklungsprozess.
Jegliche Kämpfe wurden aufwendig, leider aber auch immer wieder nach dem gleichen Muster inszeniert. Sie ziehen sich teilweise ewig in die Länge, werden zumeist erst durch eine finale Tötung durch Abtrennung eines Körperteils beendet und lassen Figuren trotz heftigster Verletzungen immer wieder aufstehen. Gleichzeitig spielt die gesamte Handlung in derselben Nacht, weshalb FIRST LOVE in Gänze doch sehr düster wirkt, zumal auch die Lichtquellen eher spärlich verteilt sind. Dem zu Folge blieb auch kaum die Möglichkeit aufwendige Kamerafahrten oder spektakuläre Effekte einzubauen, doch all dies hat das Werk letztlich auch gar nicht nötig gehabt.
Liebevoll bis ins kleinste Detail
Den tollen Charme hat der Film nämlich vor allem durch diese faszinierende Herzlichkeit bekommen, die in der pannenhaften Entwicklung jeder einzelnen Figur steckt. An dieser Stelle muss ich entgegen meiner sonstigen Art des Schreibens einmal ein Zitat einer anderen Rezension einflechten:
A boxer with a brain tumor, a crooked cop with terrible luck, a screw-up yakuza who’s seen too many movies, a dismembered Chinese gangster who wields a pump-action shotgun with his one remaining arm, a terrified prostitute who’s stalked by a ghost in tighty whities, an unkillable femme fatale who will kick a man to death just for being in her way, and the world’s most wonderful heroin. (Ein Boxer mit einem Gehirntumor, ein korrupter Polizist mit wenig Glück, ein Yakazua-Mitglied, welches alles vermasselt da er deutlich zu viele Filme gesehen hat, ein zerstückelter chinesischer Gangster, der eine Pump-Action-Shotgun mit nur einem Arm schwingt, eine verstörte Prostituierte, welche von einem Geist in alten weißen Unterhosen verfolgt wird, eine Frau, die nicht getötet werden kann und einen Mann zu Tode tritt, weil er ihr im Weg stand und das wundervollste Heroin, dass es auf der Welt gibt.) (davidehrlich auf Letterboxd.com)
Es ist kaum besser möglich FIRST LOVE zu beschreiben als mit diesen Worten. Takashi Miike hatte absolut einen Blick für die lieblichen Feinheiten einer jeden Szene und es geschafft die Absurdität an den Rand des erträglichen zu führen, ohne diesen jemals zu überschreiten. Allerdings hatte ich mir gewünscht, dass hier noch etwas mehr auf die Pauke gehauen wird, denn die dargestellten Tötungen und Verstümmelungen habe ich in dieser Form auch schon in FSK 16-Werken gesehen.
Da ich ohne jegliche Erwartungen mir diesen Film angeschaut habe, bin ich letztlich doch sehr positiv überrascht wurden, denn er bietet tolle Unterhaltung, ein angenehmes ausgewogenes Maß an Humor, Action und Brutalität, versehen mit einem Schuss irrwitziger Romantik sowie vor allem Figuren, die sich wunderbar entwickeln und alle ihre eigenen Absurditäten besitzen. Somit kann FIRST LOVE absolut als kleiner Geheimtipp aufgefasst werden!
Brutalität, Action, Comedy, Romantik – es gibt kaum etwas, dass dieser Film nicht bieten kann und so zeigt uns Regisseur Takashi Miike eine geschickte Verknüpfung all dieser Genre mit einer reichlichen Portion filmischer Leichtigkeit. Jede einzelne Figur ist großartig geschrieben, denn egal wie klein sie im Gesamtkonzept auch wirken möge, hat jede von ihnen einen ganz speziellen eigenen Tick, welche das Gesamtgeschehen maßgeblich beeinflusst. Hauptdarsteller Masataka Kubota überzeugt dabei wohl mit am Meisten durch seine tragische Herzensbrecherrolle. Doch auch allen anderen Schauspielern nehme ich ihre Rolle vollends ab, da die kleinen anhaftenden Makel diese trotz aller übertriebenen Actioninszenierung wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Unterhaltung ist garantiert und auch wenn man nicht zu viel über den Inhalt nachdenken sollte, schafft es FIRST LOVE niemals langweilig zu werden oder in völlige Stumpfsinnigkeit abzugleiten, sondern immer ein ernstes Maß an Glaubwürdigkeit beizubehalten.