Originaltitel: Seize printemps
Kinostart: 17.06.2021
Länge: ca. 73 Minuten
Produktionsland: Frankreich
Regie: Suzanne Lindon
Schauspieler:innen: Suzanne Lindon | Arnaud Valois | Frédéric Pierrot
Genre: Komödie | Drama | Romanze
Verleih: MFA
Frühling ist die Jahreszeit des Erwachens, des Neubeginns, des überschießenden Gefühlscocktails, der neu erweckten Lebensfreude. Kein Wunder also, dass sich das Langfilmdebüt der 20-jährigen Suzanne Lindon FRÜHLING IN PARIS mitten in das Gefühlschaos einer Jugendlichen stürzt, die auf dem Weg zum Erwachsenwerden ist und zum ersten Mal erlebt, was es bedeutet verliebt zu sein. Das Drehbuch für den Film, der 2020 zur offiziellen Auswahl der Filmfestspiele in Cannes gehörte, schrieb Suzanne Lindon bereits im Alter von 15 Jahren. Als Tochter von Vincent Lindon (AUGUSTE RODIN, DER WET DES MENSCHEN) und Sandrine Kiberlain (AUSGEFLOGEN), die beide ebenfalls im Filmgeschäft tätig sind, war es für Lindon fast selbstverständlich bei ihrem ersten Film auch Regie und Schauspiel zu übernehmen. FRÜHLING IN PARIS ist also gleich in mehreren Punkten ein beachtliches Debüt einer aufstrebenden Filmschaffenden, dass durch Präsenz und der eigenen Ausarbeitung sich fast wie ein Eintrag in ein Tagebuch anfühlt und sich leichtfüßig zwischen authentischer Schwärmerei und Tagtraum bewegt.
Darum geht es…
Die 16 jährige Suzanne (Suzanne Lindon) ist gelangweilt. Von ihrem Leben, von ihrem Umfeld, von ihrem Schulalltag. Auf ihrem Weg zur Schule begegnet sie Raphaël (Arnaud Valois). Ein begnadeter Theaterschauspieler, der jedoch wie Suzanne in einem Augenblick des scheinbaren Stillstands festzustecken scheint. Suzanne ist mehr und mehr von dem 35 jährigen fasziniert und setzt alles daran ihn kennenzulernen. Nach und nach entwickelt sich eine Beziehung, die die Leidenschaftlichkeit und Sinnlichkeit beider entfacht und sie eine Liebe entdecken lässt, die sie so noch nicht kannten.
Rezension
Gleich die ersten Bilder des Coming-of-Age Dramas FRÜHLING IN PARIS spielen dabei verführerisch mit seinem Publikum. Die Regisseurin, gleichzeitig eben auch Hauptdarstellerin, fängt die sinnliche Ausstrahlung der jungen Frau, die niemand ihrer Freunde in dem Augenblick zu vernehmen mag, in einem unschuldigen Moment ein, bei dem ein kaltes Getränk auf pikante, aber nicht anstößige Weise, das Augenmerk auf sich zieht. Von dieser bedachten Sinnlichkeit wechselt das Bild sogleich in eine größere Ansicht und zeigt die junge Frau inmitten ihrer Freunde. Augenblicklich ist die prekär anmutende Situation, in der Suzanne sich befindet für das Publikum spürbar. Das Desinteresse, das sich Fehl am Platz fühlen, die mentale Abwesenheit. All das vermag der kurze Blick auf die Jugendliche preiszugeben.
Dass sie nicht dazugehört, und auch Schwierigkeiten hat inmitten ihrer Altersgenossen Momente zu genießen und sich wohlzufühlen, wird umso deutlicher als sie sich etwas später doch entscheidet eine Party einer Freundin zu besuchen. Lindon versteht es mit ganz bewussten Bildern, ihre eigene Gefühlswelt und die vielleicht eines jeden Jugendlichen in vertrauter Weise auf die Leinwand zu bannen. Und das eben auch, als Raphaël in ihr Leben tritt. Die aufkeimende zehrende Schwärmerei für den sehr viel Älteren Mann bewegt sich zuweilen am Rande einer handfesten Obsession, ohne dabei grenzüberschreitend und aufdringlich zu werden. Der Reiz der von dem Mann ausgeht, lässt Suzanne wie eine Motte um das Licht tanzen und als auch er ihrem Charme erliegt, etabliert der Film sogleich einen sorglose und unbeschwerte Atmosphäre, die jedoch nicht den Wunsch nach mehr verheimlichen kann.
Die Beziehung der beiden Hauptdarsteller wird glücklicherweise zu keiner Zeit von dem immensen Altersunterschied dominiert, sondern vielmehr durch ein stilles Einverständnis, dass sich beide genau in dem Moment, in dem beide in einer Art Sackgasse stecken zu scheinen, auf gewisse Art und Weise brauchen und sie einander gut tun. Die Veranschaulichung der Beziehung setzt dabei auch weniger auf Intimitäten, vielmehr münden gemeinsame Augenblicke wie ein gemeinsames Frühstück in einer ekstatisch zarten und sensiblen Choreographie aus Bewegungen, die zwei Herzen zeigen, die auf unbekümmerte Weise im Gleichtakt schlagen.
Trotz dessen die Hauptfiguren in ihrer Zweisamkeit sehr erwachsen wirken, streut Lindon immer wieder kleine Szenen ein, in denen dann doch das junge Alter von Suzanne zu Tage tritt, nämlich dann wenn sie in ihrer Neugierde und jugendlichen Unerfahrenheit ihren Vater um Rat fragt. Einer minimalen Komik können sich diese Augenblicke natürlich nicht verwehren, wenn die Tochter den Vater fragt, ob er beispielsweise lieber Röcke oder Hosen an einer Frau hat.
Trotz dieser reizvoll, verführerischen, sensiblen und authentisch erscheinenden flüchtigen Liebschaft, fehlt es dem Drama an greifbarer Tiefe und bleibt nach seiner kurzen Laufzeit von gerade mal knapp 70 Minuten etwas zu vage und hinterlässt spürbaren Hunger nach mehr.
Fazit
Mittels ausdrucksstarker Bilder und eleganter Choreographien zeichnet die junge Regisseurin, Hauptdarstellerin und Drehbuchautorin in ihrem Film FRÜHLING IN PARIS ein sinnliches und verführerisches Bild einer respektvollen wie tief verstandenen Liebe, die zwei Menschen zusammen bringt, die zuvor eine lähmende Langeweile verspürten. Wenngleich das Debüt ein sehr vertrautes Gefühl beim Publikum hervorbringt, so manifestiert sich bedauerlicherweise eine gewisse Leere und das Bedürfnis nach mehr, welches schlussendlich das dennoch unbedingt sehenswerte, geschmackvolle und reizende Porträt einer ersten Liebe etwas trübt.
Schauspieler:in | Rolle |
Suzanne Lindon | Suzanne |
Arnaud Valois | Raphaël Frei |
Frédéric Pierrot | Vater von Suzanne |
Florence Viala | Mutter von Suzanne |
Rebecca Marder | Marie |
Arthur Giusi | Léonard |
Pauline Rugo | Murielle |
Dominique Besnehard | Gérard Beaumann |
Philippe Uchan | Chefdekorateur |
Françoise Widhoff | Christine Pope |
Valentin Brekke | Junge der zur Party geht |
Raymond Aquaviva | Jacques Rodebare |
Louise Milot | Freundin auf Party |
Michael Perez | Dekorationstechniker |
Damien Carlet | Mann mit Koffer |
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