Am Vorabend der Oscars wurde wieder einmal das kreative Missgeschick Hollywoods zelebriert – die Goldenen Himbeeren, besser bekannt als die Anti-Oscars. In einer sarkastischen Videobotschaft wurden die schlechtesten Leistungen des vergangenen Filmjahres „ausgezeichnet“.
Während bei den Oscar-Verleihungen die besten Filme, Schauspielenden, Regisseur*innen, Drehbücher oder beispielsweise der beste Soundtrack ausgezeichnet wird, küren die Razzies die schlechtesten Filme, Darsteller und Regisseure. Seit 1981 gibt es die sogenannten Golden Raspberry Awards, der hier in Deutschland besser als „Goldene Himbeere“ bekannt sind. Auch wenn ein Gewinn der Goldenen Himbeere oftmals keine Euphorie bei den Preisträger*innen auslöst, wird der Schmähpreis doch immer mit einem gewissen Augenzwinkern verliehen.
Verliehen wird der Schmähpreis von der Golden Raspberry Award Foundation (G.R.A.F.), die im Jahr 2007 mehr als 750 Mitglieder umfasste, darunter Filmschaffende, Filmkritiker*innen und Journalisten aus insgesamt zwölf Ländern und 42 US-Bundesstaaten. Die Verleihung der diesjährigen „Gewinner“ erfolgte in einer Videobotschaft – eine abendfüllende Zeremonie gab es nicht.
Am häufigsten abgeräumt hat bei der diesjährigen Verleihung der kontroverse Slasher-Film WINNIE THE POOH: BLOOD AND HONEY, der mit alle fünf Razzies in allen Kategorien, in denen er nominiert war, gewann. Der blutige Horror-Film adaptiert lose die liebenswerten Charaktere aus der Welt von Winnie Puuh und verwandelt sie in gnadenlose Killer.
Der junge britische Filmemacher Rhys Frake-Waterfield, der seit einigen Jahren Independant-Horrorfilme produziert, nutze für WINNIE THE POOH: BLOOD AND HONEY die Tatsache, dass die Originalbuchvorlage von Winnie Puuh Anfang des letzten Jahres in den Vereinigten Staaten gemeinfrei wurde. Mit minimalistischem Budget von gerade einmal 100.000 US-Dollar drehte er daraufhin eine blutige Slasher-Variation von Winnie Puuh. Ursprünglich als landesweite One-Night-Veranstaltung geplant, überraschte der Film mit seinem sprunghaften Anstieg der Online-Popularität, was die Produzenten dazu veranlasste, einen weltweiten Kinostart auf den Weg zu bringen.
Einerseits weckte die Idee, die märchenhafte Kindergeschichte in düsterem Gewand neu zu interpretieren, großes Interesse, doch andererseits zog der Film auch schnell viel Hass auf sich, da er die unbeschwerten Kindheitserinnerungen vieler Zuschauer zerstörte und verstörte. Aber auch die Kritiken waren vernichtend schlecht. Trotz der überwiegend negativen Reaktionen erwies sich der Film jedoch als kommerziell erfolgreich und spielte weltweit über 6 Millionen US-Dollar ein, was zur Ankündigung von weiteren Horror-Slasher-Neuinterpretationen von Kindheitsgeschichten für ein gemeinsames Franchise führte.
Rhys Frake-Waterfield wurde nun mit der Goldenen Himbeere für die schlechteste Regie und das schlechteste Drehbuch ausgezeichnet. Die Entscheidung der Veranstalter*innen wurde damit begründet, dass der Film einzig und allein aufgrund des abgelaufenen Urheberrechts an der beliebten Figur entstanden sei. Jon Voight erhielt zudem die Goldene Himbeere als schlechtester Darsteller für seine Rolle als Lucky Charms Leprechaun in MERCY, während Megan Fox gleich zweifach als schlechteste Schauspielerin ausgezeichnet wurde, sowohl für ihre Rolle in JOHNNY & CLYDE – LET THERE BE BLOOD als auch als schlechteste Nebendarstellerin in THE EXPENDABLES 4.
Weitere „Gewinner“ der Goldenen Himbeere waren Sylvester Stallone als schlechtester Nebendarsteller in THE EXPENDABLES 4 und das unglückliche Leinwandpaar Pooh & Piglet in WINNIE THE POOH: BLOOD AND HONEY. Letzterer sicherte dem Film auch den Titel für das schlechteste Remake, Rip-off oder Sequel des Jahres. Trotz der oft kritisierten Auswahlkriterien und der Zweifel an der Neutralität der abstimmenden Mitglieder der G.R.A.F. stehen die Razzies seit 44 Jahren als satirischer Kontrapunkt zu den glanzvollen Oscars. Ob man sie nun als mag, witzig, willkürlich oder schlicht überflüssig betrachtet, bleibt jedem selbst überlassen. Doch eines ist klar – die Goldenen Himbeeren sind und werden auch im kommenden Jahr 2025 wieder verliehen.
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