Originaltitel: Ford v Ferrari
Kinostart: 14.11.2019
Länge: ca. 153 Minuten
Produktionsland: USA
Regie: James Mangold
Schauspieler: Matt Damon | Christian Bale | Jon Bernthal
Genre: Drama | Biografie | Sport
Verleih: Fox Deutschland
Basierend auf dem Werk „Go like Hell: Ford, Ferrari, and Their Battle for Speed and Glory at Le Mans” von A. J. Baime, werden in LE MANS 66 – GEGEN JEDE CHANCE die besonderen Ereignisse rund um das weit bekannte Autorennen in Frankreich im Jahre 1966 erzählt. Das 24-Stunden-Rennen von Le Mans ist ein Langstreckenrennen für Sportwagen, welches erstmalig 1923 stattfand. Ursprünglich diente es dem Kräftemessen zwischen den großen Autobauern, welche Firma die schnellsten und besten Autos konstruieren konnte. Mittlerweile ist das Rennen zum Kult geworden und wird jedes Jahr im Juni ausgetragen.
Das Epoche prägende Rennen von Le Mans
Wie es schon der Name sagt, wird bei dieser Art von Wettkampf ein 24 Stündiges Rennen gefahren über eine ungefähre Strecke von 15 Kilometern. Wie bei jeder Veranstaltung dieser Art sind Unfälle dabei absolut an der Tagesordnung. 1955 hingegen geschah dort das größte Unglück des gesamten Rennsports: Bei einem Crash starb ein Fahrer und durch umherfliegende Teile bei höchsten Geschwindigkeiten sind weitere 83 Menschen an diesem Tag ums Leben gekommen. Um dem vorzubeugen, gibt es seit einigen Jahren verschärfte Regelungen, die die Sicherheit von Fahrern und Zuschauern garantieren sollen.
16 Jahre später gab es schon einmal einen Spielfilm über diesen Wettkampf, an dem Steve McQueen als Hauptdarsteller, Ideengeber und Co-Produzent wesentlich beteiligt war. LE MANS kam in die Kinos und erhielt sogar eine Golden Globe-Nominierung für die beste Filmmusik, gewann jedoch die begehrte Trophäe nicht.
Nachdem wir nun ein wenig Geschichtliches aufgearbeitet haben kommen wir nun zum eigentlichen und interessantesten Teil: Was erzählt die Geschichte LE MANS 66 – GEGEN JEDE CHANCE eigentlich?
Und dann beerdigen wir diesen schmierigen, scheiß Spaghettifresser in 30 Meter Tiefe unter der Ziellinie in Le Mans.
Der Kampf beginnt
Der übermächtige Autobauer Ford steckt in den 60er Jahren in einer großen Krise. Sie bauen zwar unzählige Autos für den alltäglichen Personenverkehr, die ganz solide sind und haben sich damit auch zu einer finanziell hochkarätigen Weltmarke aufgeschwungen, doch stimmt das Image einfach nicht. Während Konkurrenten wie Ferrari mit den schnellsten, besten und schönsten Autos glänzen können, bleibt Ford nur der große Marktabsatz. Doch an wen werden sich die Menschen in 50 Jahren erinnern? Den Autobauer, der viele Autos verkauft hat, oder doch eher den mit den spektakulärsten Automobilen?
Um diese Imagekrise zu beenden, holt sich Henry Ford II einen Star an seine Seite. Einen Gewinner des 24-Stunden Rennens von Le Mans: Carroll Shelby soll die nun eingeführte Rennstaffel anführen mit der Ford im Jahr 1966 in Le Mans gewinnen möchte und damit die bankrotten Ferrari-Bauer auf die hintersten Plätze verweisen. Doch ist das wirklich so einfach mit Geld die viele Erfahrung der anderen Teams auszugleichen?
Phänomenal überwältigend
In wenigen Wörtern gesagt: Dies ist ein absoluter Überraschungsfilm, den wohl die wenigsten tatsächlich auf dem Zettel haben. Zugegeben ist das Thema nicht gerade interessant für die Meisten, da Rennsport doch eher bei eingefleischten Fans die Neugier weckt.
Auch ich war sehr skeptisch, da diese Sparte Film nicht in mein übliches Metier fällt und der Rennsport doch eher eine Verkörperung von sinnlosem Rundendrehen ohne jegliche Spannung darstellt. Doch weit gefehlt: Bisher hat es kein weiterer Film in 2019 geschafft mich so emotional mitzunehmen, zu belustigen und gleichzeitig über zweieinhalb Stunden so zu begeistern, wie dieser. Zwar reihen sich Filme wie DER LEUCHTTURM, SYSTEMSPRENGER und AUSGEFLOGEN noch weit davor ins jährliche Filmkranking ein, doch folgt er diesen Werken überraschend nah.
Wo soll man bei soviel Genialität nur anfangen? Vielleicht bei dem wohl größten Aushängeschild – den Schauspielern. Schon nach nur wenigen Momenten treten die beiden Stars Christian Bale und Matt Damon ins Rampenlicht und sind sogleich in Höchstform zu sehen. Sie harmonieren herausragend gut und liefern sich immer wieder bezaubernde und rasante Schlagabtausche. Doch auch in anderen Figurenkonstellationen sind sie stets die präsentesten im Raum und nehmen diesen förmlich komplett selbst in Beschlag.
Christian Bale in Höchstform, Matt Damon solide wie immer
Während Matt Damon jedoch eher in einer klassischen, auf ihn zugeschriebenen, Rolle glänzt, die sich genau zwischen Spießertum, Machtgier und hart erarbeitetem persönlichen Erfolg sowie Verständnis zur unteren Gesellschaftsschicht ansiedelt, liegt der noch größere Fokus auf Mr. Bale.
Dieser hat nach VICE – DER ZWEITE MANN nicht nur wieder erheblich an Körpermasse verloren, um die Figur Ken Miles zu verkörpern, sondern auch seine Persönlichkeit komplett auf den Kopf gestellt. Selten kauft man einem Schauspieler eine Figur so sehr ab, wie Christian Bale dem Ken Miles. Zwar ist die sprachliche Komponente für mich nicht bewertbar, da ich die deutsche Synchronfassung gesehen habe, doch passt das gesamte Auftreten einfach wunderbar. Der etwas schlaksige Gang, die maßlosen, zum Teil respektlosen Sprüche gegenüber der Obrigkeit, das locker leichte Auftreten und gleichzeitig ist es der wohl einfühlsamste und liebste Ehepartner, den man sich nur wünschen kann.
Doch bei soviel Lob für die Beiden darf nicht vergessen werden, dass noch unzählige weitere Darsteller für den Erfolg des Films sorgen, durch charmante, lustige und eklige Figuren sowie natürlich auch ein paar Stereotypen. So sehr er gehasst werden wird von den Zuschauern in dieser Rolle, so sehr muss man die schauspielerische Arbeit von Josh Lucas auch würdigen, denn als schmieriger Vorstandschef agierend, wäre es wohl kaum jemand anderem gelungen den Groll so auf sich zu ziehen.
Eine konfliktreiche Gänsehautgeschichte
Doch LE MANS 66 – GEGEN JEDE CHANCE lebt nicht nur von den schauspielerischen Fertigkeiten. Als zweiter elementarer Erfolgsfaktor ist auch die Story und das Drehbuch zu nennen. Selbstverständlich dreht sich die Handlung vor allem um schnelle Autos und Rennstrecken. Somit werden immer wieder Fachbegriffe aus dem Motorsport eingestreut, die größtenteils nicht weiter erklärt werden, aber auch keinen wesentlichen Nutzen für die weiteren Geschehnisse darstellen.
Dennoch würde ich ihn nicht als reinen Motorsport-Film kategorisieren, da viel eher im Fokus die Konfliktsituationen stehen, die zwischen den mächtigen Autobauern, zwischen Armut und Reichtum, zwischen Freundschaft und Feindschaft sowie Ehre, Neid und Überzeugung ausgetragen werden.
Erst genau diese Konflikte machen das Werk so spannend. Das Produktionsteam hat es somit geschafft, trotz einer recht stolzen Filmlänge, zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkommen zu lassen. Im Gegenteil: LE MANS 66 – GEGEN JEDE CHANCE erzeugt richtig ausgiebige Gänsehautmomente, die auch auf die Tränendrüsen drücken. Und das nicht nur bei den Motorsportfans, die mit ansehen müssen, wie ein nagelneues, hochkarätiges Auto einfach in Flammen aufgeht.
Dahingehend muss vor allem eine Szene besonders herausgenommen werden, in der Inhaber der Ford Company Henry Ford II erstmalig von Mr. Shelby zu einer Testfahrt mit dem neuen Geschoss eingeladen wird. Viel mehr verrate ich an dieser Stelle nicht, rate jedoch zu intensiver Aufmerksamkeit und hochkarätigem Genuss.
Die gelungen Komposition aus Musik und Bild
Schlussendlich bleibt noch zu erwähnen, dass auch technisch es nichts zu meckern gibt. Klar sind spektakuläre Explosionen und Effekte vielleicht nicht die Besten der heutigen Zeit, aber eben auch lange nicht die Schlechtesten. Abgesehen davon wird stets eine schnelle, treibende Musik genutzt, um den Film stets in Schwung zu halten. Dabei ist der gesamte Soundtrack sehr lobenswert, da dieser stets zur Stimmungssteigerung eingesetzt wird und für viel Lebendigkeit sorgt.
Es gibt unzählige verschiedenste Kameraeinstellungen, die zusätzlich für Authentizität sorgen. So gibt es Szenen aus der Ego-Perspektive, die den Zuschauer selbst hinter das Steuer der Autos rutschen lässt, sowie aus allen möglichen Strecken- und Fahrzeugperspektiven. Viele sagenhafte Bilder schaffen es ihre ganz eigene Geschichte zu erzählen, ohne sie dem Besucher mit Macht aufzudrängen.
Sehr stark ist auch, dass trotz teilweise italienischen Dialogszenen fast nie Untertitel eingesetzt wurden und stets erfolgreiche versucht wurde die Bilder für sich sprechen zu lassen. Auch in anderen Szenen lässt man durchaus noch Raum für Interpretationen der Handlung durch den Zuschauer.
Schwaches Ende, starker Twist
Einzig großer Kritikpunkt ist das völlig überflüssige Ende. Es gibt etwa fünf Minuten vor Schluss einen kleinen recht unbedeutenden, wenn auch heftigen Twist. Dieser hätte das Ende von LE MANS 66 – GEGEN JEDE CHANCE darstellen sollen und in perfektem Licht stehen lassen. Leider jedoch mussten die Produzenten unbedingt noch eine Schippe drauflegen und an einem epochalen Ende ein 0815 Langweiliges zaubern. Sehr schade und dies hat das Werk absolut nicht verdient!
Insgesamt jedoch wohl einer der Filme des Jahres, mit viel Witz, Dramatik, Emotionen und Einfühlungsvermögen. Und absolut ein Film für die große Leinwand, weshalb hiermit auch der letzte Stubenhocker animiert werden muss sich aufzuraffen und das nächst gelegene Lichtspielhaus aufzusuchen!
Schauspieler:in | Rolle |
Matt Damon | Carroll Shelby |
Christian Bale | Ken Miles |
Jon Bernthal | Lee Iacocca |
Caitriona Balfe | Mollie Miles |
Josh Lucas | Leo Beebe |
Noah Jupe | Peter Miles |
Tracy Letts | Henry Ford II |
Remo Girone | Enzo Ferrari |
Ray McKinnon | Phil Remington |
JJ Feild | Roy Lunn |
Jack McMullen | Charlie Agapiou |
Corrado Invernizzi | Franco Gozzi |
Joe Williamson | Don Frey |
Ian Harding | Ford Executive-Ian |