Rezension
Lakonisch zieht es den von Simon Baker (THE MENTALIST) gespielten Ermittler von einer früheren Fährte zur nächsten. Nur die wenigsten Menschen seiner vagen Liste an Anhaltspunkten zeigen Interesse, dem weißen Polizisten Informationen zum Tag des Verbrechens anzuvertrauen. Erst recht nach zwanzig Jahren, in denen nichts geschehen ist, um den Mordfall aufzuklären. Früh zeichnen sich in der geduldigen Porträtierung der für ihr Opal-Vorkommen bekannten Gegend die rassistisch gefestigte Strukturen ab, die die Hinterbliebenen bis in die Gegenwart verfolgen und einen fundamentalen Teil Ivan Sens durch familiäre indigene Wurzeln inspirierten Spielfilms bilden.
In packenden Schwarzweiß-Aufnahmen baut sich die Gegend Coober Pedys, in der das erdachte Hotel Limbo und die anderen Handlungsorte sitzen, monumental auf. Je kleiner die Emotionsregungen, die sich auf den Gesichtern der Figuren abspielen, desto größer die Urgewalt der steinigen Landschaften. Weite Bilder des australischen Outbacks und der Opal-Berge, in deren fesselnden Leere sich Handlungselemente wortkarg und bruchstückhaft einstreuen. Die akribische Aufarbeitung des langjährig zurückliegende Kriminalfall weicht in LIMBO einem zurückhaltenden, auf das Schicksal der Hinterbliebenen bedachtes Wiederaufrollen des Verbrechens. Mittendrin der in bester Noir-Manier rauchende und unzugängliche Travis Hurley, der als Ermittler zum Vermittler wird.
Seine stoische Stationsarbeit öffnet sich zusehends für einzelne Geschichten der Familienmitglieder, die sich frei von dramatischen Überspitzungen entwickeln. Vage gewinnt Bakers wortkarge Figur, deren Grauzonen sich nur selten vertiefen, an Profil, den white saviorism zumindest durch Fehlbar- und Ratlosigkeit aufbrechend. In kleinen Figurenstudien einen sich tiefsitzende Traumata, Perspektivlosigkeit und wenige Spitzen der Zuversicht mit existentialistischen und melancholischen, selten auch humorvollen Zwischentönen. Die Beziehungen zur Hauptfigur bewahren dabei oft eine angenehme Distanz, während die Wiederaufarbeitung und die Hinterbliebenen der Familie zugleich nicht spurlos an Bakers Figur vorbeiziehen. So bewahrt sich der durch seine eindrücklichen Aufnahmen wie aus der Zeit gefallen scheinende Outback-Noir bis zum Ende einen Funken sublimer, wenngleich nicht pulstreibender Spannung und auch ein Fünkchen der Hoffnung auf Besserung.
Fazit
Geduldige Fährtenlese in fesselnden Graustufenbildern. Ivan Sens LIMBO skizziert vor dem Hintergrund eines vergangenen Kriminalfalls individuelle und gesellschaftliche Schicksale. Dezent gespielt und geradlinig erzählt.
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Originaltitel | Limbo |
Kinostart | 18.5.2023 |
Länge: | 108 minuten |
Produktionsland | Australia |
Genre: | Krimi | Drama | Mystery | Thriller |
Regie | Ivan Sen |
Executive Producer | Cecilia Ritchie |
Producer | Greer Simpkin | Ivan Sen | David Jowsey | Rachel Higgins |
Kamera | Ivan Sen |
Musik | Ivan Sen |
Cast | Simon Baker, Rob Collins, Natasha Wanganeen, Nicholas Hope, Mark Coe, Joshua Warrior, Nick Buckland, Alexis Lennon, Craig Rossiter |
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