Review Fakten + Credits


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Rezension

eine Waldlichtung bei grauem Wetter, auf einem Baumstamm sitzen eine rothaarige Frau und am linken Bildrand ein dunkelhaariger Mann

Memory ©2024 MFA

Man nehme Michel Franco, Arthouse-Regisseur und Drehbuchautor, der bei Filmfestivals wie in Cannes und Venedig oftmals prämiert und eingeladen wird. Dazu kommt Jessica Chastain, die für ihre vorherige Rolle in einem Spielfilm den Oscar als beste Hauptdarstellerin gewann. Schlussendlich noch Peter Sarsgaard, der für seine Performance in MEMORY den Volpi Cup als bester Hauptdarsteller bei den 80. Filmfestspielen in Venedig 2023 gewann. Klingt fast nach einem unbestreitbaren Erfolgsrezept – dennoch enttäuscht MEMORY in vielen Hinsichten.

Sylvia (Jessica Chastain) ist alleinerziehende Mutter, trockene Alkoholikerin, Sozialarbeiterin und von traumatischen Erlebnissen aus ihrer Kindheit geprägt. Eines Abends, nach einem Ehemaligentreffen an einer Schule, bemerkt sie, dass ein Mann sie verfolgt und die Nacht vor ihrer Wohnung schläft. Dieser Mann namens Saul (Peter Sarsgaard) ist kaum ansprechbar, woraufhin Sylvia seinen Bruder kontaktiert und dieser erklärt, dass Saul unter ersten Anzeichen einer Demenzerkrankung leidet. Dadurch entstehen bei ihm Erinnerungslücken und Verwirrungszustände. Nach einer Aussprache der beiden im Park stellt sich heraus, dass einige von Sauls Klassenkameraden sie in der Schule sexuell missbraucht haben. Wütend darüber, dass Saul sich nicht erinnern kann, stürmt Sylvia mit den Notfallinformationen von Saul davon – nur um diese wenig später wieder zurückzugeben und nach Hause zu helfen.

Schauspiel top, Drehbuch naja

ein Fußweg vor einem backsteinroten Reihenhaus, auf einer Treppe sitzt eine rothaarige Frau, auf dem Fußweg springt ein Mann barfuß mit einem Springseil, während ihm eine weitere Frau dabei zusieht

Memory ©2024 MFA

Sowohl Jessica Chastain als auch Peter Sarsgaard liefern in MEMORY emotionale, berührende und oscarreife Schauspielleistungen ab. Chastain überzeugt als gebrochene alleinerziehende Mutter, die die Balance zwischen dem gegenwärtigen Leben und ihren vergangenen Traumata meistern muss, während Sarsgaard seinen demenzerkrankten Charakter mit höchster Authentizität porträtiert. Dadurch, dass MEMORY einen extrem charakterfokussierten Storyansatz hat, können beide mit packenden und überzeugenden Darstellungsleistungen das sonst eher schwache und lückenhafte Drehbuch überspielen.

MEMORY soll uns lehren, dass Traumata und Probleme der Vergangenheit kein Grund sind, den Kopf in den Sand zu stecken. Stattdessen lohnt es sich, neue Abenteuer zu erleben und trotz einer beunruhigenden früheren Lebensgeschichte Mut zu haben, auch auf neue Menschen zuzugehen. Was im Kern wie eine ermutigende Moralvorstellung klingt, wird im Film jedoch zu oberflächlich behandelt. Da sowohl Sylvia als auch Saul mit völlig unterschiedlichen Konflikten zu kämpfen haben, die beide ihre Zeit zum Erzählen benötigen, tauchen wir nur sprunghaft und inhaltslos in die Leben der zwei Protagonist*innen ein.

Antriebs- und zielloses Melodrama

Innenraum einer Bar, eine rothaarige Frau und ein dunkelhaariger Mann sitzen am Tresen und unterhalten sich

Memory ©2024 MFA

Nicht nur ist die Handlung von MEMORY oberflächlich, sie ruht sich außerdem auch zu stark auf dem konstruierten, melodramatischen Gerüst an Schicksalsschlägen aus, die beide Charaktere durchlebt haben. Alkoholprobleme, eine verstorbene Frau, Sozialarbeiterin – das Unglück im Leben von Sylvia und Saul ist natürlich dramatisch, aber eben auch vorhersehbar und klischeebehaftet. Glaubhaftigkeit fehlt im Skript darüber hinaus auch bei einigen wenig durchdachten Handlungen, die die Liebesgeschichte à la Romeo und Julia schwach aussehen lässt. So werden Konflikte der beiden Figuren durch ein einziges gemeinsames Bad oder eine Umarmung gelöst – oder gar nicht erst thematisiert, wie eine besonders prekäre Szene, die Sylvias Tochter und Saul teilen.

Obendrein ist der Film zu leise und langsam, um eine wirkliche Spannung aufzubauen. Die Charaktere reden miteinander, mal schreien und weinen sie auch, aber einen wirklichen Höhepunkt kann man genauso wenig erkennen wie eine natürliche Progression der Handlung. Einzig die Vielfalt an Emotionen, die Chastain und Sarsgaard mit ihren Gesichtsausdrücken und Körpersprachen ausdrücken können, hindert MEMORY daran, ein einziger Schlaftablettenfilm zu sein.

Fazit

Irgendwo in MEMORY versteckt sich ein Film, der über die angesprochenen Themen und Probleme wirklich etwas zu sagen hat. Leider ist dies Michel Franco mit seinem Film hier allerdings nicht gelungen. Die Story wirkt zu oberflächlich und unterentwickelt, um eine interessante Handlung zu kreieren, die berührend und lehrreich ist. Zu viele Klischees werden bedient: von gebrochenen Charakteren mit unzähligen Schicksalsschlägen bis zu einer Liebesgeschichte mit Happy End, die nie wirklich Sinn ergibt oder mitreißt. Sehenswert ist der Film einzig und allein für die Schauspielleistungen von Jessica Chastain und Peter Sarsgaard. Abgesehen davon bleibt einem der Film, trotz des Titels, nicht besonders in Erinnerung.

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Review Fakten + Credits


Originaltitel Memory
Kinostart 22.12.2023
Länge: 103 minuten
Produktionsland Mexico
Genre: Drama
Regie Michel Franco
Executive Producer Moises Chiver | Jason Ropell | Paula Manzanedo-Schmit | Patricio Rabuffetti | Ralph Haiek | Joyce Zylberberg | Efe Çakarel | Michael Weber | Tatiana Emden | Jack Selby
Producer Duncan Montgomery | Alex Orlovsky | Michel Franco | Erendira Nuñez Larios
Kamera Yves Cape
Cast Jessica Chastain, Peter Sarsgaard, Merritt Wever, Josh Charles, Elsie Fisher, Jessica Harper, Blake Baumgartner, Davis Duffield, Billy Griffith, Ross Brodar, Johnny Vorsteg, Rand Faris, Elizabeth Loyacano, Brooke Timber, Thomas Vorsteg, Tatiana Ronderos, Mia Mei Williamson, Lexie Braverman, Jett Salazar, Alexis Rae Forlenza

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