FilmkritikIn KürzeCast
FSK 16

FSK 16 ©FSK

Originaltitel: Midnight Mass
Kinostart: 24.09.2021
Länge: 7 Episoden x 60 – 71 Minuten
Produktionsland: USA | Kanada
Regie: Mike Flanagan
Schauspieler:innen: Kate Siegel | Zach Gilford | Hamish Linklater
Genre: Horror | Krimi | Mystery
Verleih: Netflix Deutschland

Midnight Mass

Midnight Mass ©2021 Netflix Deutschland | Eike Schroter

Mit MIDNIGHT MASS hat Mike Flanagan dieses Jahr sein neuestes Projekt auf Netflix veröffentlicht. Es handelt sich dabei um die dritte Serie bei der er für den Streaminganbieter sowohl als Regisseur, Showrunner, Autor und sogar Editor arbeitet. Mit SPUK IN HILL HOUSE und SPUK IN BLY MANOR hat er bereits vorher zwei Horror-Miniserien inszeniert und im Jahr 2022 soll mit THE MIDNIGHT CLUB die vierte Serie folgen. Durch seine vorigen Werke hat sich der Regisseur einen Platz im Herzen vieler Horrorfans erkämpft und versucht die Qualität mit seinem neusten Projekt zu halten. Dafür hat er in der Hauptrolle Zach Gilford besetzt, für den dies die bisher größte Rolle sein dürfte. Außerdem hat er, wie in den beiden anderen Serien, wieder seiner Ehefrau Kate Siegel eine Rolle gegeben, sowie Rahul Kohli, der ebenfalls in SPUK IN BLY MANOR zu sehen war. Darüber hinaus spielen Hamish Linklater, als ein mysteriöser Priester und Samantha Sloyan, als sehr religiöse Lehrerin, zwei sehr wichtige Rollen.

Bei der Masse an mittelmäßigen Netflix-Produktionen kann man nur hoffen, dass MIDNIGHT MASS an die Qualität von SPUK IN HILL HOUSE und SPUK IN BLY MANOR anknüpfen kann. Die Serie hat eine Staffel mit sieben Folgen und ist danach abgeschlossen, die einzelnen Episoden haben eine Laufzeit von 60 bis 71 Minuten. Ob sich ein Blick in die langen Episoden lohnt, erfahrt ihr hier.

Midnight Mass

Midnight Mass ©2021 Netflix Deutschland | Eike Schroter

Darum geht es…

Riley Flynn (Zach Gilford) hat mit jungen Jahren seinen Heimatort Crockett Island verlassen und hat eine Karriere als Venture Capitalist aufgebaut und sich so einen Namen in der Start-Up Szene gemacht. Als er eines Abends mal wieder betrunken ins Auto steigt, schläft er am Steuer ein und trägt Schuld am Tot einer jungen Frau. Er bekommt eine Haftstrafe von zehn Jahren, die er aber auf vier Jahre verkürzen kann. Da er durch seine Strafe alles verloren hat, geht er zurück nach Crockett Island, wo seine Familie ihn schon erwartet. Die Insel ist nicht mehr der blühende Ort, den Riley aus seiner Kindheit kennt, immer mehr Menschen sind gegangen und nun hat die abgelegene Insel nur noch ein paar dutzend Bewohner*innen.

Was die wenigen Bewohner*innen zusammenschweißt ist der sonntägliche Gang in die Kirche, in der der Priester Pruitt jeden Tag einen Gottesdienst hält. Pruitt ist nun seit längerer Zeit nicht mehr auf der Insel, da er eine Pilgerreise nach Jerusalem unternommen hat. Der Priester soll am selben Tag im Ort eintreffen wie Riley, allerdings fehlt auf der Fähre jede Spur von ihm. Dafür taucht bei der nächsten Messe ein neuer Priester auf, den vorher noch niemand gesehen hat. Es handelt sich um Paul Hill (Hamish Linklater), der der Kirchengemeinde mitteilen soll, dass Pruitt auf seiner Reise erkrankt ist und sich nun im Krankenhaus befindet, bis es dem alten Priester besser geht, wird er ihn vertreten. Der junge Geistliche schafft es, dass sich die staubigen Kirchenbänke wieder füllen, die Bürger*innen sind fasziniert von den Ideen des Pfarrers. Sie wissen allerdings nicht, dass Vater Paul ein großes Geheimnis hat, dass die Gemeinde für immer verändern soll.

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Rezension

Mike Flanagans Serie MIDNIGHT MASS wirkt auf den ersten Blick wie eine gewöhnliche Horrorserie. Ein abgeschiedener Ort, an dem die Bewohner mit einer geheimnisvollen Bedrohung umgehen müssen, allerdings ist die Serie viel mehr als das. Flanagan erzählt in seiner Miniserie die Geschichte einer Insel, die durch schlechte Entscheidungen immer mehr die eigene Lebensgrundlage (die Fischerei) verloren hat. Auf Crockett Island befinden sich deswegen nur noch wenige, die sich tief mit ihrer Heimat und der Kirche verbunden fühlen. Dabei schafft es Flanagan fast allen Figuren eine glaubhafte Hintergrundgeschichte zu geben. Da wäre beispielsweise Sheriff Hassan (Rahul Kohli), der mit seinem Sohn Ali (Rahul Abburi) die Stadt hinter sich gelassen hat, um auf einer abgeschiedenen Insel zu arbeiten. Bei beiden handelt es sich um die einzigen beiden Moslems, wodurch sie den unterschwelligen Rassismus der Bevölkerung merken. Ihm gegenüber steht Bev Keane (Samantha Sloyan), ein überambitioniertes Mitglied der Kirchengemeinde und eine strenge Christin, die alles im Namen Gottes tun würde. Diese beiden stehen stellvertretend für viele interessante Charaktere, die sich in Flanagans Serie befinden.

Midnight Mass

Midnight Mass ©2021 Netflix Deutschland | Eike Schroter

Die Person, für die man sich beim Schauen von MIDNIGHT MASS am meisten interessiert, ist die Figur von Hamish Linklater, Vater Paul Hill, der neue Priester, der Pruitt vertreten soll. Man weiß bei ihm nie so recht was genau er vorhat. Auf der einen Seite scheint er ein warmherziger Geistlicher zu sein, der auf die Bewohner*innen der Insel zugeht und versucht ihnen bei ihren Problemen zu helfen. Dabei spielt es für ihn keine Rolle, ob die Menschen regelmäßig zur Messe kommen, oder überhaupt Christ*innen sind. Für ihn ist Gott für alle da, egal ob man glaubt oder nicht. Trotzdem scheint er ein Geheimnis zu haben, dass er vor der Gemeinde verbirgt, er verstrickt sich in offensichtliche Lügen und löchrige Ausreden. Unterstrichen wird der ambivalente Charakter des Priesters von dem großartigen Schauspiel von Hamish Linklater. Er schafft es zum einen die Wärme und Herzlichkeit der Figur auszustrahlen, um dann in der nächsten Sekunde unberechenbar zu wirken. Dadurch hat er die besten Szenen in der ganzen Serie.

Eine religiöse Heimkehr

Neben der vielen spannenden Figuren und der realistischen Welt, wird hier eine spannende Geschichte erzählt, die einen gerade in der ersten Hälfte der Serie immer wieder überrascht. Es passieren viele Dinge, die man so nicht kommen sieht, weil man von anderen Serien derart mutige Entscheidungen nicht gewohnt ist. In den letzten beiden Folgen lässt die Spannung allerdings etwas nach, weil ein großer Teil der Geheimnisse bereits enthüllt wurde und man merkt, dass es auf das Finale zugeht und MIDNIGHT MASS zu einem Abschluss gebracht werden soll. Außerdem sollte man erwähnen, dass es sich bei MIDNIGHT MASS eher um eine Dramaserie mit Horrorelementen handelt, als um eine furchteinflößende Gruselgeschichte. In den ersten paar Folgen kommt es zwar zu ein paar Schreckmomenten, allerdings werden diese immer weniger, bis die Serie von den Konflikten zwischen den Einwohner*innen der Insel lebt.

Midnight Mass

Midnight Mass ©2021 Netflix Deutschland | Eike Schroter

MIDNIGHT MASS schafft es darüber hinaus, nicht nur eine oberflächliche Geschichte über zwischenmenschliche Beziehungen zu erzählen, sondern auch eine komplexe Serie über Schuld, Religion und Sucht zu sein. Dabei werden alle diese Themen niemals mit erhobenem Zeigefinger abgehandelt, sondern jedes Thema wird detailliert von allen Seiten durchleuchtet. Das offensichtlichste Thema ist die Religion. Wir haben auf der einen Seite einen christlichen Priester und eine Christin, die keine anderen Religionen akzeptiert, dann gibt es einen gläubigen Moslem, aber auch Atheist*innen. Alle treffen sich immer wieder und sprechen miteinander, wodurch wir verstehen was die Menschen zu ihrem Glauben bringt und dass es keine gute oder böse Religion gibt. Kritisch wird es erst, wenn man versucht anderen Menschen seine eigenen Grundsätze aufzuzwingen, dadurch entsteht großes Leid.

Netflix und dessen Stärken

Netflix-typisch sieht die Serie wieder großartig aus. Es gibt Weitwinkelaufnahmen der Insel, in gestochen scharfen Bildern und viele Szenen, die im Freien spielen, was die Welt nochmal lebendiger erscheinen lässt. Untermalt wird die Szenerie von ruhigen Pianostücken und einigen Kirchenliedern, die von der Bevölkerung gesungen werden. Dies trägt sehr viel zur Stimmung bei, insbesondere wenn hoffnungsvolle Gesänge einer finsteren Bedrohung gegenüberstehen. Eines der größten Highlights sind aber die One-Shot-Szenen, also Einstellungen die durchgehend gefilmt wurden. So beginnt die zweite Folge mit einer Szene, die siebeneinhalb Minuten dauert, ohne einmal die Kamera abzusetzen, trotzdem kommt es zu mehreren Dialogen, zwischen verschiedenen Figuren und es entsteht eine intensive Stimmung.

Bewertung Michel RieckFazit

Schon die ersten Trailer zu MIDNIGHT MASS fand ich sehr interessant, allerdings bin ich bei Netflix Produktionen mittlerweile sehr vorsichtig geworden, was meine Vorfreude angeht, da in letzter Zeit viel Mittelmaß veröffentlicht wurde. Diese Serie hat mich aber positiv überrascht. Hier bekommt man eine spannende Geschichte mit Gruselfaktor, interessanten Figuren und einer sehr lebendigen Welt. MIDNIGHT MASS sieht gut aus, klingt großartig und bietet sogar viel Interpretationsspielraum, außerdem hat die Serie ein befriedigendes Ende. Wenn ihr Lust habt auf eine wirklich gute Miniserie, dann lohnt sich die Reise nach Crockett Island.

Mit MIDNIGHT MASS hat Regisseur Mike Flanagan seine neuste Horror-Miniserie, nach SPUK IN HILL HOUSE und SPUK IN BLY MANOR, auf Netflix veröffentlicht. Diesmal erzählt er die Geschichte von Crockett Island, auf die Riley Flynn (Zach Gilford) nach seiner Gefängnisstrafe zurückkehrt. Riley ist betrunken gefahren und hat dabei eine junge Frau getötet, nun will er sich auf der kleinen Insel zurückziehen. Parallel mit ihm trifft ein neuer Priester auf der Insel ein. Die sehr religiöse Bevölkerung der Insel wird schnell in den Bann des charismatischen Geistlichen gezogen, ohne zu wissen, dass ihn ein düsteres Geheimnis umgibt.

MIDNIGHT MASS ist dabei nicht nur eine oberflächliche Serie über Religion und Schuld, sondern gibt allen Themen eine große Komplexität, indem komplizierte Sachverhalte von allen Seiten beleuchtet werden. Dabei sehen wir eine lebendige Stadt, mit Bewohner*innen, die wie echte Menschen wirken, alle haben ihre eigene Geschichte. Ein großes Highlight ist Hamish Linklater als Priester Paul Hill, er gibt seiner Rolle auf der einen Seite sehr viel Wärme und Güte, wirkt aber gleichzeitig unberechenbar. So liefert Flanagan eine glaubwürdige Welt, mit lebendigen Charakteren, eine Handlung voller unvorhersehbarer Wendungen und großartige Bilder, die von einem melancholischen Soundtrack untermalt werden. Diese Serie sollte man sich nicht entgehen lassen.

Midnight Mass

Midnight Mass ©2021 Netflix Deutschland | Eike Schroter

Schauspieler:in Rolle
Kate Siegel Erin Greene
Zach Gilford Riley Flynn
Kristin Lehmann Annie Flynn
Samantha Sloyan Bev Keane
Igby Rigney Warren Flynn
Rahul Kohli Sheriff Hassan
Annarah Cymone Leeza
Annabeth Gish Dr. Sarah Gunning
Alex Essoe Mildred Gunning
Rahul Abburi Ali Hassan
Matt Biedel Sturge
Michael Trucco Wade
Crystal Balint Dolly
Louis Oliver Ooker