Review
Mit seinem Konzertfilm OPUS – RYUICHI SAKAMOTO lädt Neo Sora zu einer besonderen Abschiedsvorstellung: Jener des titelgebenden Komponisten, Pianisten und Schauspielers, der genau ein Jahr vor Erscheinen des Films, im März 2023, seiner jahrelangen Krebserkrankung erlegen ist. Hinterlassen hat der kreative Kunstschaffende eine beeindruckende Diskografie, darunter den oscarprämierten Soundtrack zu DER LETZTE KAISER (in Zusammenarbeit mit David Byrne) und die Musik zum hierzulande ebenfalls im März 2024 anlaufenden Filmdrama DIE UNSCHULD von Hirokazu Kore-eda sowie tiefe Spuren im japanischen Elektropop und Jazz. Einhundert Minuten wohnt Neo Sora dem japanischen Ausnahmekünstler nun bei seiner Leidenschaft bei, – ohne einen einzigen Kommentar, ohne ein einziges Interviewzeile.
Manchmal genügen einige Musikstücke, kuratiert und gespielt vom Künstler selbst, um dessen Werdegang und jahrzehntelanges Schaffen zu umreißen. Ein Wandeln zwischen nachdenklichen und hoffnungsvollen, in sich gekehrten und aufmunternden Tönen, die nur ein kurzes Innehalten voneinander trennt. Manchmal genügt es auch, dabei nicht mehr als den Künstler selbst und sein Klavier zu sehen. Ihn und das Instrument, auf dessen blank polierter Oberfläche sich die Hände und Notenblätter widerspiegeln, umringt von einer minimalistischen Kulisse, die den Hintergrund schweigend, aber nicht ausdruckslos ausfüllt.
Manchmal genügen eine Handvoll ruhende Einstellungen, um sich ein letztes Mal ins Werk eines Künstlers einzufühlen, schwarzweiße Bilder an Stelle von Farben, in denen das Licht wohl kaum so wirkungsvoll gewesen wäre wie in den würdevollen, mit eigener Schwere eingefangenen Graustufen, und der Verzicht auf konventionelle dokumentarische Rückblenden, um sich auf das Wesen der Kunst und des Künstlers zu konzentrieren. Es genügt die Nähe zum Künstler, die Annäherung von hinten, das Verkriechen unterm Klavier, das Beobachten der Gesichtszüge und Handbewegungen.
Manchmal genügt genau diese Reduzierung, ein nachdenkliches wie leise hoffnungsvolles Porträt eines Künstlers und dessen Handwerk, um den großen Schatten, den Sakamoto sitzend von seinem Hocker wirft, greifbar zu machen. Und manchmal, in diesem Fall sehr sicher sogar, genügen diese Worte kaum, um Neo Soras Musikfilm und Hommage, geschweige denn die Musik Sakamotos in Gänze zu beschreiben. Aber vielleicht dazu, ein klein wenig Aufmerksamkeit auf diese hundertminütige Abschlussvorstellung zu lenken.
Fazit
Nah am Künstler und seiner Kunst begleitet Neo Sora das letzte Konzert Ryuichi Sakamotos in eingängigen Ton- und Schwarzweiß-Aufnahmen. Nach 100 Minuten verstummt das Klavier endgültig: Man möchte vorm Bildschirm aufstehen und applaudieren.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Originaltitel | Ryuichi Sakamoto | Opus |
Kinostart | 27.12.2023 |
Länge: | 103 minuten |
Produktionsland | Japan |
Genre: | Musik | Dokumentarfilm |
Regie | Neo Sora |
Executive Producer | Jeremy Thomas |
Producer | Albert Tholen | Eric Nyari | Aiko Masubuchi | Norika Sky-Sora |
Kamera | Bill Kirstein |
Cast | Ryuichi Sakamoto |
Wie hat Dir der Film gefallen?
Hinterlasse einen Kommentar