Originaltitel: Pagglait
Streaming – Release: 26.03.2021

FSK 12 ©FSK

Länge: ca. 114 Minuten
Produktionsland: Indien
Regie: Umesh Bist
Schauspieler:innen: Sanya Malhotra | Sayani Gupta | Sheeba Chaddha
Genre: Komödie | Drama
Verleih: Netflix Deutschland

Pagglait ©2021 Netflix Deutschland | Ketan Mehta

Pagglait ist das Regiedebüt vom indischen Filmemacher Umesh Bist und ist seit dem 26.März auf Netflix verfügbar. Mit einer Lauflänge von 1 Stunde und 54 Minuten lässt sich das Bollywood Drama sehr gut wegschauen.

Darum geht es…

In PAGGLAIT geht es um die junge Witwe Sandhya (Sanya Malhotra), die mit ihren streng religiösen Verwandten und mit einem neu entdeckten Geheimnis über ihren verstorbenen Ehemann zu kämpfen hat. Dabei ist sie hin und her gerissen zwischen ihrem Leben und der Rolle, die sie in ihrer Familie hat.

Rezension

Die junge indische Schauspielerin Sanya Malhotra kennt man am besten aus dem 2016 erscheinenden biographischen Sportfilm DANGAL. In dem weltweit erfolgreichsten Bollywoodfilm konnte man sie in eine Nebenrolle sehen. Erst in den Jahren darauf spielte sie in größeren Rollen mit und das zum Beispiel in dem indischen Romantikdrama PHOTOGRAPH vom bekannten indischen Regisseur Ritesh Batra. Im letzten Jahr konnte man Sanya in der Komödie LUDO auf Netflix sehen. Mit PAGGLAIT hat sie nun ihre erste große Hauptrolle.

Sanya Malhotra spielt mit einer unglaublichen Leichtigkeit ihre Rolle als Witwe, die sich selbst die Frage stellt, wieso sie keine Trauer für ihren verstorbenen Ehemann empfindet. Sanya Malhotra wirkt in ihrem Auftritt völlig überzeugend mit ihrer Mimik und Gestik und bringt das Unerfahrene, selbstkritische ihrer Figur hervorragend herüber. Die Zuschauer können sich sehr mit ihrem Charakter identifizieren, da viele Frauen in diesem Alter sich darüber Gedanken machen, wo sie hingehören im Leben, was sie glücklich macht und was sie erreichen wollen. Dabei stößt Sandhya auf Unverständnis bei ihren Verwandten, wieso sie nicht auf Anhieb die Emotionen auf den Tod ihres Ehemanns zeigt. Die Verwirrung der Familie wird mit lustigen Szenen und der großartigen Schauspielperformance von Sanya Malhotra sehr gut verdeutlicht.

Pagglait ©2021 Netflix Deutschland | Ketan Mehta

Ein Highlight für die Ohren

In den Nebenrollen sind Ashutosh Rana, Sheeba Chaddha und Chetan Sharma zu sehen. Ashutosh Rana und Sheeba Chaddha spielen die Eltern von Sandhyas Ehemann und liefern überzeugende Leistungen ab, während besonders Ashutosh den verzweifelten Vater super in Szene setzt. Man kann seine Trauer ansehen und vor allem die Verantwortung, die er nach dem Tod seines Sohnes hat. Andere im Cast, wie Raghubir Yadav oder Shruti Sharma machen ihre Sache gut in den Szenen, die sie bekamen. Ich möchte an dieser Stelle besonders Sayani Gupta erwähnen, die mich mit ihrer kleinen, aber sehr wichtigen Rolle im Film einmal mehr überzeugt hat. Sie wirkt in egal welche Rolle sehr ausdrucksstark und obwohl man sehr wenig von ihrer Rolle erfährt, macht sie das Beste daraus.

Pagglait ©2021 Netflix Deutschland | Ketan Mehta

Die Musik ist von Arjit Singh komponiert. Die Songs, die im Film vorkommen passen sehr gut zu der Szene und zu den Emotionen der Charaktere. Die Musik fühlte sich nicht deplatziert an, da sie die Story voranbringt. Vor allem wirkt die Musik nicht aufgesetzt und auch nicht überdramatisiert. Mein Lieblingssong aus dem Soundtrack ist „Thode Kam Ajnabi“ (Ich bin kein Fremder mehr). Im Film wird dieser Song eingeführt, als Sandhya an unentdeckte Gefühle herangeführt wird und eine überraschende glückliche Zeit erlebt.

„Pagglait“ wurde in Indien in der Stadt Lucknow gedreht. Der Film spielt meist im Tageslicht und in den Szenen, die am Abend stattfinden wurde mit grellen Farben gearbeitet. Außerdem wird das Stadtleben in Indien sehr gut in Szene gesetzt und alles ist sehr einfach gestaltet, damit man sich als Zuschauer bestens hineinversetzen kann. Generell mochte ich die Kameraführung, die nichts außergewöhnliches ist, aber Parallelen zwischen der Beerdigung und Sandhyas glücklicher Zeit hervorragend verdeutlicht. Die Kostüme sind im Film sehr traditionell gehalten, wie man sie klassischerweise in einer indischen Familie trägt, während Sayanis Rolle für das Wohlstadtmädchen steht, die allein lebt und ein erfolgreiches Leben führt. Ihr Kleidungsstil verdeutlicht das Ganze.

Pagglait ©2021 Netflix Deutschland | Ketan Mehta

Bräuche in der Kritik

Wir werden als Zuschauer mit den Bräuchen und Regeln konfrontiert, die die Familie praktizieren und das Drehbuch konzentriert sich auf das dreizehntätige Beerdigungsritual rund um Sandhyas Ehemann. Dabei kritisiert der Regisseur die Zweideutigkeit der Bräuche in einer indischen Familie und wie sie teilweise ausgelebt werden. Die Dialoge sind sehr einfach gehalten, während angespannte Situationen manchmal durch lustige Momente aufgelöst werden. Die erste Hälfte des Films dient als Aufbau des Grundszenarios, während in der zweiten Hälfte sich alles auf die grundlegende Entscheidung konzentriert, wie Sandhya nun ihr Leben weiterführen will. Man könnte anmerken, dass der Regisseur Themen anschneidet, diese aber nicht konsequent zu Ende erzählt, dennoch inszeniert er sein Debütfilm mit einer enormen Ehrlichkeit. Es wird ausgesprochen, was auf den Herzen der Charaktere liegt und das fand ich sehr überraschend.

Grundsächlich ist die Geschichte sehr konsequent erzählt. Man geht mit den Emotionen der Charaktere nie drüber und alles fühlt sich so an, als würde man wirklich einer Familie dabei zusehen, wie unterschiedlich sie mit dem Tod eines ihrer jungen Familienmitglieder umgehen. Regisseur Umesh Bist schneidet viele Themen an, wie Selbstverantwortung, Woman Empowerment oder Vergebung. Dabei deutet Umesh keine Lösungen an und zeigt uns, dass diese Themen auch heute noch ein Thema in vielen Familien ist.

Pagglait ©2021 Netflix Deutschland | Ketan Mehta

Fazit

Pagglait ist eine Überraschung auf Netflix, welcher mit einem guten Cast und einer interessanten Story punktet. Sanya Malhotra liefert hier einer ihrer besten Performances ab. Das Drehbuch überzeugt, wenn es auch nicht in die Tiefe geht. Dennoch ist es ein toller Film für die Familie, mit dem sich viele identifizieren können.