Was ist ein Ronin?
Ronin sind ehemalige Samurai, dessen Fürst oder Feldherr getötet wurde. Die Schande der Entehrung verbietet es ihnen, sich einem neuen Fürsten anzuschließen, da sie beim Schutz ihres alten Meisters versagt haben. Vielmehr verdienen diese entehrten Krieger ihren Unterhalt nun als Söldner, Diebe oder Arbeiter. Da sie dem Weg des Kriegers der Samurai nicht mehr gerecht werden, werden diese Leute ab diesem Zeitpunkt Ronin genannt.
Der Kalte Krieg ist vorbei und die Geheimdienste aller Welt sind nicht mehr auf ihre Armeen von Agenten angewiesen. Einige der ehemaligen Agenten versuchen sich als Freischaffende durchzuschlagen und treffen sich bei einem Projekt, bei dem es um die Beschaffung eines Koffers mit einem für die Agenten unbekannten Inhalt geht. Da diese alle nur für das Geld da sind und von unterschiedlichen Geheimdiensten kommen, ist das Misstrauen untereinander groß.
Gerade der Amerikaner Sam (Robert De Niro) versucht sich mit seiner perfektionistischen Art schnell als Anführer der Mission durchzusetzen und die Fähigkeiten eines jeden Agenten herauszufinden. Doch es lauern überall Gefahren und auch ein ehemaliger CIA-Experte wie Sam kann nicht jede mögliche Zukunft vorhersagen und für die Eventualität planen.
Review
RONIN steht für das nostalgische Actionkino der 90er-Jahre und bietet spannende Verfolgungsjagten, eine greifende Geschichte sowie Verrat, der an jeder Ecke lauert. Der Regisseur John Frankenheimer hat mit dem 1998er Actionfilm ein präzises Schweizer Uhrwerk als Film geschaffen und weiß genau, wie das Publikum überzeugt sowie begeistert werden muss. Hier wird nichts dem Zufall überlassen und alles ist genau bedacht.
Ein Film auf Hochspannung
RONIN schafft es mit der von Anfang an spürbaren Spannung, die Zuschauenden zu fesseln. Schnell sind die ehemaligen Agenten gezwungen miteinander zusammen zu arbeiten, was durch das gegenseitige Misstrauen erheblich erschwert wird. Es beginnt ein intellektuelles Kräftemessen der Freischaffenden. Jede Person möchte etwas über die Herkunft und Fähigkeiten der Mitstreitenden herausfinden. Die Konstellation der ehemaligen Agenten verschiedenster Herkunft allein ist schon ein offenes Pulverfass und die Reibung untereinander ist der bedrohliche Funken, der alles zum Explodieren bringen könnte. Das Publikum ist gefesselt und kann sich von dem Spektakel gar nicht losreißen.
Gerade Robert De Niro versucht hier schnell die Oberhand für sich zu gewinnen und überzeugt mit seinem bekannten Charme und einer kühlen sowie alles überblickenden Art, die das Gefühl gibt, dass es sich nicht um einen Schauspieler, sondern einen echten Agenten handelt. Er spielt seine Rolle mit Leichtigkeit und zeigt, dass er nicht nur ein Zahnrädchen im System, sondern ein für sich alleinstehendes Uhrwerk ist. Er behält immer die Nerven, hat alles unter Kontrolle und weiß, wem zu trauen ist und wem nicht.
Ein Cast zum Verlieben
Aber auch der restliche Cast von RONIN weiß zu überzeugen. Sein es Natascha McElhone, Stellan Skarsgård, Sean Bean, Skipp Sudduth oder Jonathan Price. Sie alle gehen in ihren Rollen auf und geben das perfekte Gefühl eines Agentendramas, in dem jede Person zurecht den restlichen Leuten nicht trauen sollte. Sie harmonieren auf eine Art, die erkennen lässt, dass sie sich nicht mögen, aber sich aus Zwang Freundlichkeit heucheln, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.
Das Highlight des Casts von RONIN ist jedoch das Team Robert De Niro und Jean Reno. Die beiden Schauspieler ziehen das Publikum sofort in ihren Bann und haben eine Ausstrahlung, die die anderen Darstellenden übertrifft, ohne diese dabei unvorteilhaft zu überschatten. Es entsteht ein wohlwollendes Kräftemessen der beiden Kollegen, das jederzeit auf Augenhöhe stattfindet und wie ein nicht enden wollender Satz eines Tennisspiels erinnert. Zudem sind beide der moralische Bezugspunkt des Films, da sie sich tiefgründig unterhalten, sich schätzen und sich gegenseitig schützen. Bei Robert De Niro und Jean Reno entsteht das Gefühl einer ehrlichen Freundschaft.
Actionhighlight der 90er
RONINs Action dient als Paradebeispiel gute Actionfilme aus der Zeit der 90er Jahre und auch heutige Actionfilme könnten sich eine Scheibe hiervon abschneiden. Schießereien werden nur bewusst eingesetzt und tauchen nicht als Massenware auf. Zudem sind diese so packend choreografiert, dass die Hektik zwar spürbar ist, das Publikum aber immer erkennt, wer sich wo befindet. Keine Massenschnitte mit Schwindelgarantie wie bei einem Michael Bay. Vielmehr schafft RONIN eine harmonische Balance zwischen spannender Erzählung und klarer, direkter sowie fesselnder Action.
Aber hektische Schusswechsel mit präzise gesetzten Explosionen sind nicht die einzige Action, die RONIN zu bieten hat. Die Verfolgungsjagten im Auto sind auch ein Highlight, das nervenaufreibend ist. Sie sind schnell, finden durch Seitengassen statt oder präsentieren Geisterfahrten im Gegenverkehr, um die Verfolger abzuwimmeln. Dabei wird nicht auf CGI, sondern praktische Effekte und Stunts gesetzt, sodass RONIN in diesen Passagen wie eine gute MISSION IMPOSSIBLE Adaption wirkt.
Paradebeispiel MacGuffin
Wie schon bei dem Koffer in PULP FICTION handelt es sich bei dem Koffer auch in diesem Fall um einen MacGuffin, was bedeutet, dass dieser Koffer die Handlung auslöst und voranschreiten lässt. Das Publikum erfährt nichts über den Inhalt des Koffers, aber die Tatsache, dass Supermächte und Terroristen hinter dem Koffer her sind, erzeugt Spannung. Gleichzeitig hat der unbekannte Inhalt etwas Mystisches und lässt die Zuschauenden überlegen, was so wichtig sein könnte, dass es das ganze Unterfangen wert ist.
Eine weitere Verbindung mit dem Koffer sind Intrigen und Twists. Diese kommen regelmäßig vor und können die Zuschauenden mal mehr und mal weniger überraschen. Nicht, weil diese teils schlecht und teils überraschend geschrieben sind, sondern weil Klassiker wie RONIN für weitere Filme oft genug als Vorlage dienten, sodass es sich erahnen lässt, wann ein Twist kommt. Trotz der Umstände sind diese jedoch passend gesetzt und lassen im Gegensatz zum Twistkiller HYPNOTIC das Worldbuilding wachsen, anstatt es zu zerstören.
Der Name ist Programm
RONIN wurde nicht nur einfach als ein netter Name gewählt, weil das Wort cool klingt und gute Action verkauft, sondern weil die Bedeutung des Wortes mit dem Film verknüpft ist. Ein Ronin ist ein ehemaliger Samurai, der seinen Herren verloren hat und bei den Protagonisten handelt es sich um ehemalige Agenten, die ihre Stellung und somit ihre Geheimdienste über sich verloren haben. Wie bei dem Rest des Films wurde nichts dem Zufall überlassen. Der Name steht für den Film und der Film für den Namen. Eine Kunst, die immer mehr verloren geht.
Bei all der Präzision und all den Aspekten, die zusammenfließen, entsteht der Eindruck, dass es sich bei RONIN um miteinander drehende Zahnräder handelt, die ein perfektes Uhrwerk ergeben. Nichts wird dem Zufall überlassen, alles ist bis in das kleinste Detail geplant. Jedoch kann diese Hingabe zur Perfektion oft ein zweischneidiges Schwert sein. Während die eine Person die detailreiche Planung liebt, kann es für die nächste Person zu konstruiert und künstlich wirken. Wobei RONIN diesen Spagat noch gerade so meistern und die Perfektion mit der von Robert De Niros Charakter erklären kann, da dieser mit am meisten für den Film steht.
Fazit
RONIN ist ein Actionfilm der alten Schule. Praktische Effekte, bedachte Action und eine packende Handlung versprechen Nervenkitzel ohne Ende. Der Film ist nicht nur ein interessanter Einblick für die Filme der 90er, sondern auch ein Paradebeispiel für gute, handgemachte Action. Hier stimmt einfach alles, was stimmen soll und John Frankenheimer hatte jedes Detail im Blick. Ein Klassiker, bei dem sich der Blick schon allein dank dem Schauspielpaar Robert De Niro und Jean Reno mehr als nur lohnt.
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Originaltitel | Ronin |
Kinostart | 25.9.1998 |
Länge: | 122 minuten |
Produktionsland | United Kingdom |
Genre: | Action | Thriller | Krimi |
Regie | John Frankenheimer |
Executive Producer | Paul Kelmenson |
Producer | Frank Mancuso Jr. |
Kamera | Robert Fraisse |
Musik | Elia Cmiral |
Cast | Robert De Niro, Jean Reno, Natascha McElhone, Stellan Skarsgård, Skipp Sudduth, Jonathan Pryce, Sean Bean, Michael Lonsdale, Féodor Atkine, Katarina Witt, Ron Perkins, Daniel Breton, Amidou, Jan Tříska, Bernard Bloch, Léopoldine Serre, Dominic Gugliametti, Alan Beckworth, Tolsty, Gérard Moulévrier |
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