FilmkritikFakten + Credits
Scala

Scala ©Bandai Dam Studio

Anders als etwa Tsai Min-liang, der den Abschied eines Kinos in seinem Spielfilm GOODBYE, DRAGON INN (2003) träumerisch und in verlorenen, wortlosen Bildern aufarbeitete, nähert sich die Regisseurin Ananta Thitanat der Schließung des letzten Stand-alone-Kinos Bangkoks in dokumentarischer Form. Das Lichtspielhaus SCALA wird zurückgebaut, verliert an Einrichtung und Glanz, nur Gedanken und Erinnerungen verschiedenster Menschen bleiben zurück. In ihrem gleichnamigen abendfüllenden Debütfilm vermischen sich Dokumentation und Essay, sichtbarer Rückbau auf der einen und nostalgische Voice-Over und Interviews auf der anderen Seite. Ein Film des diesjährigen Berlinale-Forums, der die Schicksale zahlreicher, über alle Welt verteilter Kinos und deren Inhaber*innen und Besucher*innen eint.

Darum geht es…

Nachdem die Lichtspielhäuser Siam und Lido einem Feuer zum Opfer fielen, war das Scala-Kino für lange Zeit das einzige und letzte Stand-alone-Kino Bangkoks. Ein schickes, edel beleuchtetes Gebäude mit einem riesigen Kinosaal. Nun teilt es sich jedoch das Schicksal mit vielen anderen Spielstätten, die aufgrund der Covid-19-Pandemie zur Schließung gezwungen wurden. Das Kino wird geschlossen, kurz nach seiner letzten Vorstellungen beginnen bereits Umbauarbeiten. Thitanat wirft einen letzten Blick auf das schwindende Innenleben des Kulturhauses, reflektiert die Rolle des Kinos in der modernen Zeit und verwebt die Bilder mit ihren und die Erinnerungen derer, die den Ort bereits seit früher Kindheit kannten …

Rezension

Dort, wo sonst Besucher*innen die Treppenstufen zum großen Saal hinaufstiegen, hüpfen und zwitschern die Vögel, Katzen schleichen durch die Gänge und beobachten das Schaffen. Ananta Thitanat kehrt an jenem Tag ins SCALA zurück, an dem dessen berüchtigten Kronleuchter abgenommen und fortgebracht werden. Als Tochter eines ehemaligen Mitarbeiters beginnt sie in den leergeräumten Mauerwerken unverhoffte Kindheitserinnerungen wiederzufinden. Die Gänge und Säle durchlaufend sucht der Film nach dem Zurückgebliebenen: nach den Erlebnissen der Mitarbeiter*innen, den Erinnerungen der Besucher*innen und dem beruhigenden Funkeln, welches einst die raue Fassade der Wände bedeckte.

Scala

Scala ©Bandai Dam Studio

Fündig wird SCALA in Interviews mit ehemaligen Bekannten und Bauarbeitern, die den Umbau des Kinos begleiten, und in Selbstreflexionen der Regisseurin, die den Rückbau und Verlust des Kulturhauses begreifen und zu verstehen versucht. Thitanat verwebt die Gegenwart der Bilder mit der Vergangenheit und Zukunft gesammelter Überlegungen und Reminiszenzen. Sie verarbeitet die Schließung des Kinos somit vor allem auf menschlicher Ebene, lässt gesellschaftliche und politische Dimensionen nur anklingen. Demgemäß zeigt SCALA keine lückenlose Geschichte jenes Kinohauses, sondern vordergründig seine Bedeutung für die Menschen und die (Film-)Kultur in einer Zeit, in der Filme so einfach wie nie zuvor zuhause konsumierbar geworden sind. Dass die Dokumentation darin keine neuen Themen anstößt oder greifbare Ergänzungen zu bereits existierenden Diskursen findet, Kinosterben hat es schließlich schon vor der Pandemie gegeben, zählt sicher nicht zu den Stärken des Films, dass er seine mehrseitigen Eindrücke innerhalb einer überschaubaren Laufzeit von einer Stunde präsentiert, hingegen schon.

Fazit

SCALA fühlt dem Schicksal auf den Zahn, welches wohl viele Kinos hinsichtlich der Corona-Pandemie ereilte. Die Schließung des letzten Bangkoker Stand-alone-Kinos hat spürbare Auswirkungen auf die Gestalt des Gebäudes, die ortsansässige Filmkultur und die Menschen, denen das Kino über viele Jahre eine Arbeit, Begegnungsstätte oder Unterhaltungsort war. Unaufgeregt gibt die Regisseurin Einblicke in die letzten Tage eines Lichtspielhauses, bringt damit ihre und die Gedanken und den Unmut vieler anderer zum Ausdruck, aber zeitgleich auch nichts Neues zu Tage.

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Originaltitel Scala
Berlinale – Release 15.02.2022
Berlinale – Sektion Forum
Länge ca. 65 Minuten
Produktionsland Thailand
Genre Dokumentation
Verleih unbekannt
FSK unbekannt

Regie Ananta Thitanat
Drehbuch Ananta Thitanat
Produzierende Abhichon Rattanabhayon

Besetzung
Wilairat Angkabkaew
Nakorn Nuannngein
Pongpop Inheen
Saman Watcharasirirot
Sampao Phasukdin

 

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