Chemtrail ist ein zusammengesetztes Wort, welches aus den Elementen Chemicals und Contrails besteht. Frei übersetzt ergibt sich somit chemische Kondensstreifen, und dies trifft den Punkt auch relativ genau, denn als Chemtrails werden die weißen Streifen am Himmel bezeichnet, die durch Flugzeuge erzeugt werden und gerade im Sommer übermäßig viel am Himmel zu entdecken sind. Die Begrifflichkeit stammt jedoch aus dem verschwörungstheoretischen Sektor mit dem Hintergrund, einen geplanten Angriff auf die Gesundheit der Menschen zu initiieren. Ganz unrecht haben die Menschen, die an solche Theorien glauben, nicht, denn tatsächlich befindet sich in den Streifen ein äußerst geringer Anteil an Rußpartikeln, Schwefelsäure und Salpetersäure. Dies entspricht aber keinem chemischen Angriff, sondern nur einem minimalen Ausstoß, der nicht vermieden werden kann. Im Grunde bleiben es nämlich schlichtweg Kondensstreifen, die entsprechend der Namensgebung nur aus Wasserdampf und Kohlendioxid bestehen.
Für den Film von Adam Rybanský hat dies jedoch nur eine untergeordnete Rolle, auch wenn diese Himmelsphänomene immer wieder zur Sprache kommen. SOMEWHERE OVER THE CHEMTRAILS ist Rybanskýs Langspielfilmdebüt, in welchem er unter anderem mit der lokalen Starschauspielerin Anna Polívková arbeitet, die mit NEJVETSÍ DAR, PO CEM MUZI TOUZÍ 2, STRIDAVKA und POLICEJNÍ HISTORKY derzeitig noch vier weitere Projekte laufen hat, die sich allesamt in der Post-Produktion befinden. Auch Co-Star Miroslav Krobot ist äußerst umtriebig derzeitig und steckt sowohl mitten im Dreh beim Film BUKO als auch in der Vorarbeit für das Werk SNAJDR. Dennoch ist der gesamte Cast auf dem internationalen Markt eher unbekannt, werden jedoch im Zuge der diesjährigen Berlinale die große Bühne erblicken.
Darum geht es…
In einem kleinen, aber feinen Dörfchen in Tschechien leben nur ganz wenige Menschen. Jeder kennt sich, und alle halten stets zusammen. Sogar eine kleine freiwillige Feuerwehr gibt es dort. Als beim diesjährigen Dorffest kurz vor den Osterfeierlichkeiten ein schrecklicher Unfall geschieht, sind die Gemüter jedoch erhitzt. Irgendjemand hat einen Transporter mitten in die Festlichkeiten hineinfahren lassen und dabei auch noch einen zugezogenen Mann arabischer Herkunft schwer erwischt. Chef der Feuerwehr Brona ist sich ganz sicher: dies war ein terroristischer Anschlag, und die Leute im Dorf müssen zwingend geschützt werden. In den folgenden Tagen wird der Katastrophenfall ausgerufen und die Osterfestlichkeiten auf Eis gelegt. Da die Polizei selbst nicht sonderlich aktiv wird, müssen Brona und seine Jungs den Fall übernehmen und einerseits die Menschen sicher durch den Alltag geleiten und andererseits den Täter ausfindig machen. Wird er einen weiteren Anschlag verhindern können?
Rezension
Gerade im deutschen Fernsehen kennen wir solche Filme bestens. Immer wieder zeigt uns das öffentlich-rechtliche Fernsehen kleine, lokale Krimis, die sich in den verschiedensten Regionen des Landes zutragen und ein recht ähnliches Konzept verfolgen. Zuletzt konnte gerade FAKING BULLSHIT mit diesem Konzept wunderbar überzeugen, da dieser zudem auch sehr ironischer Natur ist und die Polizeiarbeit einmal komplett auf den Kopf stellt. Diese Werke erfreuen sich in der Regel gerade bei der älteren Bevölkerungsgeneration großer Beliebtheit, und so wird auch SOMEWHERE OVER THE CHEMTRAILS bestens in ihr Konsumverhalten passen.
Der Ausgangspunkt ist an sich ganz simpel, und die Story kann nicht gerade mit großen Überraschungen auftrumpfen. Der Film bedient sich einigen sehr unterschiedlichen Charakteren, weshalb grundsätzlich zwischen den Figuren eine nette Dynamik herrscht. So haben wir den großen Anführer, der im Dorf das Sagen hat, den etwas einfältigen Mitläufer, einige ausführende Handlanger und als etwas drastischen Kontrast die Hausfrauen, die scheinbar den ganzen Tag nur daheim verbringen und dafür da sind, ihre Ehemänner glücklich zu machen, ihnen aber auch ein wenig Konter zu bieten.
Wir dürfen das
Schon jetzt sollten zwei Dinge deutlich werden: Einerseits bedient der Film sich gerne mal den unterschiedlichsten Klischees, und andererseits existiert vor allem unter den Männern eine hierarchische Struktur, die wir hierzulande gerade bestens kennen. Angelehnt an den Titel ist ein zentrales Thema des Films, die Entstehung der Umgang und die Ausbreitung von Verschwörungstheorien. Der Umgang damit ist jedoch bei weitem nicht ernster Natur, sondern unterliegt einer gewissen Komik, die meiner persönlichen Ansicht nach in diesem Zusammenhang derzeitig vollkommen unangebracht ist. Nicht nur, dass wir in diesen schweren Zeiten tagtäglich mit dieser Thematik konfrontiert werden und nervlich bis an die Grenzen des erträglichen kommen, nun dürfen wir uns auch noch im Kino anschauen, wie solch eine Idiotie entsteht.
Doch damit sind wir noch nicht am schlimmsten Punkt angekommen, denn tatsächlich kombiniert SOMEWHERE OVER THE CHEMTRAILS die Problematik auch noch mit dem blanken Kleinstadt-Rassismus und ist angesichts des gezeigten Frauenbildes offenbar vollkommen aus der Zeit gefallen. Natürlich sind in kleinen Orten die Strukturen oftmals noch deutlich mehr veraltet und konservativerer Natur. Doch auch dort sollte ein gewisser zivilisierter Umgang mittlerweile angekommen sein. Es ist einfach schrecklich zu sehen, wie hier eine Diskriminierung nach der anderen geschieht und dies überhaupt niemanden kümmert und maximal mit einem freundlichen „du, du“ abgewunken wird. Zudem sind sich die Leute zu großen Teilen sogar bewusst, dass eine zentrale Figur Lügen verbreitet, um seiner menschenfeindlichen Art Ausdruck zu verleihen, und trotzdem umgarnt diese Person die anderen Anwohnenden, dass sie diesen Blödsinn auch noch glauben.
Ich bin kein Verschwörungstheoretiker, aber..
Es ist natürlich interessant anzuschauen, wie der Prozess von einem unerwarteten Ereignis über erste Annahmen eines Tathergangs bis zu einer ausgereiften Verschwörungstheorie, die als Ziel die Ausgrenzung einer Personengruppe hat, stattfindet. Noch faszinierender ist an sich die Bestätigung, dass eine einzelne Person strukturell eine größere Maße bekehren kann und von seinem Glauben überzeugt. Und sofern eine beweisbare Wiederlegung eintritt, wird an dem eigentlichen Standpunkt festgehalten, nur unter anderen Motiven. Dafür werden sogar markante, angstschürende Sätze eingebunden wie: „Soll dein Kind in Angst aufwachsen?“ Dies entspricht einer psychologisch und strategisch fiesen Kombination, da Kinder als generell äußerst schützenswert gelten. In den Köpfen der Menschen wird somit ein sehr persönliches Thema mit einem recht schlimmen Thema kombiniert, was sofort einen Schutzinstinkt auslöst, der offenbar das Denken bei einigen Menschengruppen ausschaltet.
Ich muss sagen, dass ich dieses Thema durchaus gut und erzählenswert finde, da es einfach ein massives gesellschaftliches Problem mittlerweile darstellt. Doch entscheidend dafür ist immer die Herangehensweise. Für SOMEWHERE OVER THE CHEMTRAILS wurde eine eher ironische Aufschlüsselung der Themen gewählt, die meiner Ansicht nach einer absoluten Verniedlichung des Problems gleicht. Die Sichtung des Films hat gezeigt, dass beim Publikum eher das Humorzentrum aktiviert wird, als dass man sich kritisch mit dem Thema auseinandersetzt. Und genau das ist das Drama daran, denn eine kritische und allumfassende Beleuchtung der Sache findet einfach zu keinem Zeitpunkt statt.
Krimi ist überall gleich
Abschließend möchte ich jedoch noch den Bogen zu den technischen und schauspielerischen Stärken und Schwächen ziehen. Adam Rybanskýs erster Film bietet uns weder groß nennenswerte Besonderheiten, noch fallen bedeutende Schwierigkeiten auf. In allen Belangen gleicht das Werk den uns bestens bekannten Heimatkrimis, die einfach nur der puren Unterhaltung wegen existieren, dabei aber eben völlig unauffällig daherkommen. Einzig Mirsolav Krobot möchte ich an dieser Stelle ein wenig herausheben, der trotz seiner ekligen Art und Weise doch einige Sympathiepunkte bei mir sammeln konnte, da er seiner Figur zumindest so viel Leben einhauchen konnte, dass sie nicht völlig austauschbar wirkte.
Fazit
An sich bin ich somit ein wenig zwiegespalten, was SOMEWHERE OVER THE CHEMTRAILS angeht. Einerseits finde ich die Themen wichtig und relevant und im gewissen Sinne sogar idiotensicher aufgearbeitet, andererseits wird viel zu gleichgültig mit diesen umgegangen, was zur Folge hat, dass aus einer ernsten Thematik eine überzogene und alberne Komödie wird, die dem Publikum zwar eine unbeschwerte Zeit verschaffen wird, aber auch nicht gerade zur Bildung neuer Synapsen anregt, was bei dem mutmaßlichen Zielpublikum sehr tragisch ist – da würden schon einige Wenige viel ausrichten können.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Chemtrail is a compound word consisting of the elements chemicals and contrails. Loosely translated, this means chemical contrails, and this hits the point relatively accurately, because chemtrails are the white streaks in the sky that are produced by aircraft and can be seen in the sky in excessive numbers, especially in summer. However, the terminology comes from the conspiracy theory sector with the background of initiating a planned attack on people’s health. People who believe in such theories are not entirely wrong, because there is actually an extremely small amount of soot particles, sulphuric acid and nitric acid in the stripes. However, this does not correspond to a chemical attack, but only to a minimal emission that cannot be avoided. Basically, they remain simply condensation trails, which, according to the name, consist only of water vapour and carbon dioxide.
For Adam Rybanský’s film, however, this only plays a subordinate role, even though these celestial phenomena come up again and again. SOMEWHERE OVER THE CHEMTRAILS is Rybanský’s feature film debut, in which he works with local star actress Anna Polívková, among others, who currently has four other projects underway, NEJVETSÍ DAR, PO CEM MUZI TOUZÍ 2, STRIDAVKA and POLICEJNÍ HISTORKY, all of which are in post-production. Co-star Miroslav Krobot is also extremely busy at the moment and is in the middle of shooting the film BUKO as well as preparing for the work SNAJDR. Nevertheless, the entire cast is rather unknown on the international market, but will see the big stage in the course of this year’s Berlinale.
What it’s about…
Only a few people live in a small but nice village in the Czech Republic. Everyone knows each other, and everyone always sticks together. There is even a small volunteer fire brigade. But when a terrible accident happens at this year’s village festival shortly before the Easter celebrations, tempers flare. Someone has let a van drive right into the middle of the festivities and also badly hit a man of Arab origin who had moved in. The chief of the Brona fire brigade is quite sure: this was a terrorist attack and it is imperative to protect the people in the village. In the following days, a state of emergency is declared and the Easter festivities are put on hold. Since the police themselves do not take much action, Brona and his boys have to take over the case and, on the one hand, guide the people safely through everyday life and, on the other hand, track down the perpetrator. Will he be able to prevent another attack?
Review
Especially on German television, we are very familiar with such films. Time and again, public television shows us small, local crime thrillers that take place in various regions of the country and follow a fairly similar concept. Most recently, FAKING BULLSHIT was wonderfully convincing with this concept, as it is also very ironic and turns police work completely on its head. These works are usually very popular with the older generation, and so SOMEWHERE OVER THE CHEMTRAILS will also fit perfectly into their consumption patterns.
The starting point is quite simple, and the story doesn’t exactly come up with any big surprises. The film makes use of some very different characters, which is why there is basically a nice dynamic between the characters. So we have the big leader who calls the shots in the village, the somewhat simple-minded hanger-on, some executive henchmen and, as a somewhat drastic contrast, the housewives who seem to just spend the whole day at home and are there to keep their husbands happy, but also to offer them a bit of a counter.
We may
Two things should already be clear by now: On the one hand, the film likes to make use of all kinds of clichés, and on the other hand, there is a hierarchical structure, especially among the men, that we know very well in this country right now. Based on the title, a central theme of the film is the emergence of the handling and spread of conspiracy theories. Far from being serious, however, the way it is dealt with is subject to a certain comicality which, in my personal opinion, is completely inappropriate in this context at the moment. Not only are we confronted with this topic on a daily basis in these difficult times and are pushed to the limits of our nerves, but now we are also allowed to watch in the cinema how such idiocy is created.
But we haven’t reached the worst point yet, because SOMEWHERE OVER THE CHEMTRAILS actually combines the problem with sheer small-town racism and, in view of the image of women shown, is obviously completely out of date. Of course, in small towns the structures are often even more outdated and conservative in nature. But even there, a certain civilised way of dealing should have arrived by now. It is simply terrible to see how discrimination happens here one after the other and nobody cares at all and at most is waved off with a friendly “you, you”. Moreover, people are to a large extent even aware that a central figure is spreading lies to express his misanthropic nature, and yet this person ensnares the other residents into believing this nonsense as well.
I am not a conspiracy theorist, but…
Of course, it is interesting to see the process from an unexpected event to the first assumptions of a course of events to a mature conspiracy theory that has as its goal the exclusion of a group of people. Even more fascinating in itself is the confirmation that a single person can structurally convert a larger measure and convince them of his belief. And insofar as a provable refutation occurs, the actual standpoint is adhered to, only under different motives. To this end, even pithy, fear-inducing phrases are incorporated, such as, “Do you want your child to grow up in fear?” This corresponds to a psychologically and strategically nasty combination, since children are generally considered to be extremely worthy of protection. In people’s minds, a very personal issue is thus combined with a rather nasty issue, which immediately triggers a protective instinct that apparently turns off thinking in some groups of people.
I must say that I find this topic quite good and worth telling, as it simply represents a massive social problem by now. But it is always the approach that is crucial. For SOMEWHERE OVER THE CHEMTRAILS, a rather ironic breakdown of the issues was chosen, which in my opinion resembles an absolute trivialisation of the problem. The viewing of the film has shown that the humour centre is activated in the audience rather than critically examining the issue. And that is precisely the drama of it, because a critical and all-embracing illumination of the matter simply does not take place at any point.
Crime fiction is the same everywhere
Finally, however, I would like to turn to the technical and acting strengths and weaknesses. Adam Rybanský’s first film does not offer us any special features worth mentioning, nor do any significant difficulties stand out. In all respects, the work resembles the homeland thrillers we know so well, which exist simply for the sake of pure entertainment, but come across as completely unremarkable. I would only like to single out Mirsolav Krobot, who, despite his disgusting manner, managed to earn me some sympathy points, because he was at least able to breathe enough life into his character so that he didn’t seem completely interchangeable.
Conclusion
So I am a little ambivalent about SOMEWHERE OVER THE CHEMTRAILS. On the one hand, I find the themes important and relevant, and in a certain sense even idiot-proof, but on the other hand, they are dealt with far too indifferently, with the result that a serious topic is turned into an exaggerated and silly comedy that will give the audience a light-hearted time, but won’t exactly stimulate the formation of new synapses either, which is very tragic in the case of the presumed target audience – a few would already be able to do a lot.
How did you like the movie?
Originaltitel | Kdyby radsi horelo |
Kinostart | demnächst |
Länge | ca. 84 Minuten |
Produktionsland | Tschechien |
Genre | Drama | Komödie |
Verleih | unbekannt |
FSK | unbekannt |
Regie | Adam Rybanský |
Drehbuch | Adam Rybanský | Lukás Csicsely |
Produzierende | Pavel Vácha |
Besetzung | Rolle |
Anna Polívková | |
Miroslav Krobot | |
Michal Isteník | |
Albert Cuba | |
Vladimír Skultéty | |
Marek Pospíchal | |
Jirí Vymetal | |
Václav Hrzina | |
Martin Sesták |
Wie hat Dir der Film gefallen?
Ich teile die Meinung des Verfassers, dass der Film offenbar bei etlichen Zuschauern das Lachen anregt. In der Vorstellung, die ich sah, wurde viel gelacht und gekichert, m.E. völlig unangemessen. Ich protestierte mehrmals. Leider beobachte ich es immer wieder, dass diese Reaktion bei Filmbanausen vorkommt, die anscheinend nicht viele Filme gesehen haben. Es wird an den falschen Stellen gelacht, bei den banalsten Situationen. Das stört den Filmgenuss. Bei den komplexeren Situationen zeigen dieselben Leute keine Reaktion, wahrscheinlich weil sie sie nicht verstehen. Das passiert besonders oft bei O.F. (hier tschechisch) mit englischen Untertiteln. Ja, der Film ist eine Art Satire mit einem sehr ernsthaften Hintergrund, etwas hölzern, damit auch die einfachsten Gemüter begreifen, ansonsten gut anzusehen und kurzweilig.