Rezension
THE FIST OF THE CONDOR wurde im Rahmen des 10. HARD:LINE Filmfestival gezeigt. Der Film wird größtenteils von der Erzählstimme des Hauptcharakters Marco Zaror erzählt. Ihn kennt man aktuell aus JOHN WICK: KAPITEL 4, wo er Chidi, die rechte Hand des Marquis Vincent de Gramont, verkörperte. Diese ständige und teils wechselnde Erzählerstimme ist anfangs noch ungewohnt. Dies liegt unter anderem daran, dass die erzählerischen Kommentare überdramatisch, trashig und mit einem Hang zur Selbstironie geschrieben sind, sodass sich der zuschauenden Person die Frage stellt, ob sich der Film überhaupt ernst nehmen will. Diese Frage begleitet uns den ganzen Film, da sich einerseits mit der Rachegeschichte versucht wird, ernst zu nehmen, es aber andererseits immer wieder übertrieben komische Szenen gibt.
Der Film ist in neun Kapitel unterteilt, die alle eine ungefähre Lauflänge von zehn Minuten haben. Es ist nicht ersichtlich, warum die Schaffenden sich für diese Anzahl an Kapiteln entschieden haben. Einige sind nicht essenziell für die Gesamthandlung, andere wiederum haben denselben Handlungsstrang und hätten zusammengelegt werden können. Während die Rezipienten sich hier nur wundern, löst die ständig wechselnde Zeitebene große Verwirrung aus. Immer wieder kommt es zu Rückblenden. Diese erscheinen plötzlich, unvorhersehbar und es kommt sogar zu einer Rückblende in einer Rückblende. Mit Voranschreiten der Handlung bewegen diese sich immer weiter in die Vergangenheit zurück. Dabei wird die zuschauende Person das Gefühl nicht los, als ob sich die Drehbuchautoren in letzter Stunde spannende Ideen aus den Fingern saugen mussten, da diese Ideen nicht ganz in das Bild passen wollen und einen wieder überrumpeln.
Gute Kämpfe, aber …
Die Kämpfe sind stimmig choreografiert, es ist jederzeit erkennbar, was passiert und die Schläge sind eine Wucht, die das Publikum durch den Bildschirm spüren kann. Leider werden diese immer wieder durch bereits erwähnte Rückblenden unterbrochen oder haben das Problem, dass jede zweite Kombination in Zeitlupe stattfindet. Erst der finale Kampf ist frei von Rückblenden. In diesem kommen zwar noch Zeitlupen vor, aber sie sind gut platziert und untermalen die Spannung. Die benannten Fehler sind ärgerlich, da die Kämpfe eben Potential haben und immer wieder an Größen wie Donnie Yen, Scott Adkins und das legendäre Hong-Kong-Kino erinnern können.
Dasselbe Problem haben auch die mehrmals auftauchenden Trainingssequenzen. Immer wieder kann die zuschauende Person Marco Zaror dabei beobachten, wie er ziellos gegen eine Trainingsapparatur schlägt oder Bäume hebt. Erst im final gezeigten Training ist ein echter Fortschritt erkennbar. Dem Protagonisten wird erst da eine wirkliche Charakterentwicklung zugestanden. Wäre der ganze Film auf dem Niveau des letzten Trainings und des finalen Kampfes, hätte die Filmwelt eine neue Perle der Martial-Arts-Filme bekommen.
Statements im Sounddesign
Die musikalische Wahl von THE FIST OF THE CONDOR ist sehr vielfältig. Einerseits gibt es Klänge von Panflöten, die einen glatt zum Meditieren einladen. Diese passen treffend zum Szenario, da das Training Meditation beinhaltet und die Landschaftsaufnahmen damit auch noch passend untermalt werden. Andererseits ist immer wieder trashig, spacige Musik der 80er-Jahre zu hören, welche stark an das kultige Trash-Spektakel KUNG FURY erinnert und ist wohl als Augenzwinkern an diesen zu verstehen, da die Musik ansonsten überhaupt nicht in das Setting passt.
Abseits der Musik tauchen immer wieder Soundeffekte auf, die fast schon wie in einer Slapstick-Komödie wirken. Bei misslungenen Sprüngen ertönt ein Geräusch, das an ein Hämmern auf ein Klavier erinnert und in den Kämpfen erinnern einige der Tritte an das schnalzende Geräusch einer Peitsche in der Luft. Da die Geräusche die Musik teilweise passend unterbrechen, bleiben sie so in Erinnerung.
Hommage an das Hong-Kong-Kino
Die Kameraarbeit überrascht immer wieder mit Fahrten, die nah an das Kampfgeschehen herangehen und teilweise sogar in dieses eintauchen. Das ist erfrischend und vermittelt den Zuschauenden eine Nähe zu den Kämpfen. Abseits davon gibt es auch wieder Verweise an das Hong-Kong-Kino, wenn es zum Beispiel zu größeren Zooms auf die Köpfe zweier Menschen kommt, die gleich gegeneinander kämpfen werden. Diese Hommage an das Hong-Kong-Kino ist für Kenner schön zu sehen und zeigt, was für ein Herzblut in diesem Filmprojekt steckt.
Fazit
THE FIST OF THE CONDOR ist ein Film, dem sein Herzblut und die Leidenschaft anzumerken ist. Immer wieder verneigt sich der Film vor den Größen des Genres und versucht, mit seinen Kampfchoreografien diesen Filmen gerecht zu werden. Doch das kann die offensichtlichen Schwächen wie die Dialoge oder die Erzählweise nicht kaschieren. Fans von Martial-Arts-Filmen werden wahrscheinlich trotzdem durch die Kämpfe und die ganzen Querverweise ihren Spaß haben und können auf einen zweiten Teil hoffen.
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Originaltitel | El puño del cóndor |
Kinostart | 4.4.2023 |
Länge: | 80 minuten |
Produktionsland | Chile |
Genre: | Action |
Regie | Ernesto Díaz Espinoza |
Executive Producer | Marko Zaror | Ernesto Díaz Espinoza | Michael Bianchi |
Producer | Diego Moral Heimpell | Marko Zaror | Nicolás Ibieta |
Kamera | Nicolás Ibieta | Benjamín Luna |
Musik | Rocco |
Cast | Marko Zaror, Gina Aguad, Eyal Meyer, Man Soo Yoon, José Manuel, Francisco Castro, Fernanda Urrejola, Francisco Fuentes, Joaquin Puig, Cristian Garín, Andrés Cid, Daniel Ramirez, Jorge Vergara, Rocco, Álvaro Moral, Diego Moral Heimpell, C. Margo Saiz Serey, Felipe Gattas, Pilar Cuadra, Claudio Agurto Correa |
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