Regisseur Takashi Miike gilt nicht nur als einer der fleißigsten Filmemacher Japans, sondern auch weltweit. Obwohl sein Name im Westen bisher keine großen Wellen geschlagen hat, hat sich Miike einen Platz im Herzen vieler Genre-Fans erarbeitet. Zu seinen bekanntesten Filmen gehören GOZU und ICHI THE KILLER, die er im Jahr 2003 bzw. 2001 veröffentlicht hat. Zwischen diesen beiden Filmen hat Miike noch sieben weitere Filme veröffentlicht, darunter THE HAPPINESS OF THE KATAKURIS, auf den im weiteren Verlauf des Textes eingegangen wird. Insgesamt soll Takashi Miike zwischen seinem Start im Jahr 1991 und dem heutigen Tag mehr als 100 Filme gedreht haben. Angesichts einer so hohen Schlagzahl stellt sich die Frage, ob der Filmemacher genug Zeit für seine Projekte aufbringt oder ob die Qualität langfristig darunter leidet. Kann man sich auf einen Film konzentrieren, wenn man bereits währenddessen etliche neue Projekte plant?
Darum geht es…
Nachdem Masao Katakuri (Kanji Sawada) kurz vor seiner Pension der Job gekündigt wurde, beschließt er, eine Pension am Rande eines Vulkans zu eröffnen. Da hier in Zukunft eine neue Straße entstehen soll, hoffen die Katakuris auf viele Gäste. Doch bisher bleibt der Erfolg aus, und die einzigen, die im Haus wohnen, sind Masao, seine stets optimistische Frau Terue (Keiko Matsuzaka), die beiden erwachsenen Kinder Masayuki (Shinji Takeda), der vor kurzem noch im Gefängnis war, und Shizue (Naomi Nishida) mit ihrer kleinen Tochter Yuri (Tamaki Miyazaki). Der Älteste im Haus ist Jinpei Katakuri (Tesuro Tamba), der den Viergenerationenhaushalt komplettiert. Während der Frust über die ausbleibenden Gäste wächst, steht abends plötzlich ein Mann vor dem Gasthaus. Er bittet um ein Zimmer, doch als die Katakuris ihn am nächsten Morgen wecken wollen, finden sie nur eine Leiche im Zimmer. Sie versuchen den Tod des Mannes zu vertuschen, damit kein schlechtes Licht auf die Pension fällt, und begeben sich in eine gefährliche Spirale aus Lügen.
Rezension:
Wenn man an das japanische Fernsehprogramm denkt, kommen einem vermutlich zuerst völlig übertriebene Shows in den Sinn, die für westliche Zuschauer unfassbar chaotisch erscheinen. Mit THE HAPPINESS OF THE KATAKURIS geht Takashi Miike einen ähnlichen Weg. Der Film wirkt wie eine unstete Sammlung unterschiedlichster Ideen, die in einen Mixer geworfen wurden, und aus denen dann ein unterhaltsamer Snack entstand. Viele der Elemente wirken auf den ersten Blick vollkommen zusammenhangslos, dennoch entwickelt der Film durch seine Unberechenbarkeit eine unfassbare Faszination. Obwohl man den Regisseur für seine Kreativität loben kann, wirkt der Film manchmal etwas überladen. Es scheint fast so, als könnte Miike sich vor Ideen nicht zurückhalten und bringt Elemente aus verschiedenen Filmen in THE HAPPINESS OF THE KATAKURIS zusammen.
Wir sehen zum Beispiel zu Beginn des Films eine Claymation-Animation, bei der eine winzige Engelsfigur aus einer Suppe auftaucht und die Person, die sie isst, quält. Diese Animation ist unglaublich flüssig, wirkt jedoch etwas billig. Die Figuren scheinen wie Ausschussware aus NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS zu sein. Trotzdem macht es große Freude zuzusehen, wie die kleine Figur ihren Weg geht. Ähnliche Elemente werden im weiteren Verlauf von THE HAPPINESS OF THE KATAKURIS wieder aufgegriffen, um eine Actionszene darzustellen. Anstatt teure Stuntleute einzusetzen, nutzt Miike die Absurdität seiner Knetgummifiguren, um die Handlung voranzutreiben. Zudem ist der Film teilweise ein Musical. Immer wieder wird uns das Innenleben der Figuren durch völlig überdrehte Musikstücke nähergebracht. Es geht sogar so weit, dass ein Lied uns mit seinem Karaoke-Text zum Mitsingen einlädt.
Kreativ oder überzogen?
Inhaltlich fällt es ebenfalls schwer, den Film eindeutig zu kategorisieren. Es könnte eine Komödie über eine schrullige Familie sein, aber genauso gut eine Kriminalgeschichte über den Toten in der Pension. Tatsächlich verrennt sich Miike immer wieder in neuen Handlungssträngen, anstatt die bestehenden auszuerzählen. Wer ist der Fremde, der in dem Hotel ums Leben kommt? War es Mord oder Selbstmord? Wer ist der andere Fremde, in den sich Tochter Shizue verliebt? Die Charaktere werden im Film mit bestimmten Eigenarten eingeführt, aber keiner von ihnen wird wirklich in den Fokus gerückt. Stattdessen sehen wir viele Figuren, von denen wir gerne mehr erfahren würden, aber sie werden nur oberflächlich behandelt. Auch hier scheint es, als hätte der Regisseur viele Ideen gehabt, vielleicht zu viele für einen Film. Insbesondere die Hintergrundgeschichten der einzelnen Familienmitglieder wären sehr spannend gewesen. Dennoch entwickelt man schnell Sympathien für die Katakuris, da die Darsteller ihre Figuren mit Leben füllen.
Auf technischer Ebene wirkt THE HAPPINESS OF THE KATAKURIS wie ein B-Movie, das man Anfang der 2000er Jahre unbedacht aus dem Regal einer Videothek gezogen hat. Die Kamera präsentiert uns oft verwaschene Bilder, und der Soundtrack des Films ist (wie der Rest des Films) sehr albern. Trotzdem erzeugt diese vermeintlich laienhafte Umsetzung einen gewissen Charme. Miike scheint hier kein teures Equipment verwendet zu haben, weiß aber dennoch, wie er mit seinen stilistischen Mitteln arbeiten kann. Der Regisseur scheint das Chaos seines Films zu genießen und wirft sich mit vollem Körpereinsatz ins Unerwartete, um seinen Zuschauer*innen neue Erfahrungen zu bieten.
Fazit:
Auch wenn THE HAPPINESS OF THE KATAKURIS oberflächlich vollkommen chaotisch wirkt, hat der japanische Filmemacher Takashi Miike einen Film geschaffen, der seine Zuschauer*innen zu unterhalten weiß. Der Film strotzt nur so vor kreativen Ideen, sei es eine Karaoke-Einlage, Stop-Motion-Animationen oder die liebenswerten Figuren: THE HAPPINESS OF THE KATAKURIS ist ein wahnsinniges Vergnügen. Es geht sogar so weit, dass man dem Film etwas zu viel Kreativität attestieren könnte. Es scheint immer wieder, als würde Miike mehrere Filme in einem kombinieren. Doch dies mindert den Spaß am Film keineswegs. Insbesondere wenn man auf der Suche nach unterhaltsamen und neuen Seherfahrungen ist, wird man viel Freude mit THE HAPPINESS OF THE KATAKURIS haben.
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Originaltitel | カタクリ家の幸福 |
Kinostart | 23.2.2002 |
Länge: | 113 minuten |
Produktionsland | Japan |
Genre: | Komödie | Drama | Horror |
Regie | Takashi Miike |
Producer | Hirotsugu Yoshida |
Kamera | 山本英夫 |
Visual Effects | Misako Saka |
Musik | 遠藤浩二 | 馬飼野康二 |
Cast | 沢田研二, 松坂慶子, 武田真治, Naomi Nishida, 忌野清志郎, Tetsurō Tamba, Naoto Takenaka, Tamaki Miyazaki, Takashi Matsuzaki, 有薗芳記, 浅川稚広, Kenichi Endō, 絵沢萠子, Yumeki Kanazawa, 森下能幸, Tokitoshi Shiota |
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