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Originaltitel: The Informer
Kinostart: 28.11.2019
DVD/Blu-ray – Release: 24.04.2020

FSK 16

FSK 16 ©FSK

Länge: ca. 113 Minuten
Produktionsland: USA
Regie: Andrea Di Stefano
Schauspieler:innen: Joel Kinnaman | Rosamund Pike | Common
Genre: Action | Krimi
Verleiher: Senator Home Entertainment

The Informer

The Informer ©2019 Wildbunch Germany

Anders Roslund und Börge Lennart Hellström sind zwei schwedische Autoren, die gemeinsam sieben Romane geschrieben und veröffentlicht haben. Das Besondere dabei ist die recht ungewöhnliche Konstellation, denn Roslund gilt als investigativ Journalist und als einer der erfolgreichsten skandinavischen Krimiautoren, während Hellström als ehemaliger Strafgefangener einen Quereinstieg in die Tätigkeit als Schriftsteller nahm, leider jedoch 2017 verstarb. Unter anderem entstand aus den kreativen Zusammenschlüssen der Beiden die „Drei“-Trilogie bestehend aus „3 Sekunden“, „3 Minuten“ und „3 Stunden“. Für THE INFORMER diente das Erste dieser drei Werke als Vorlage.

Joel Kinnaman spielt neben Rosamund Pike, die noch dieses Jahr in MARIE CURIE – ELEMENTE DES LEBENS zu sehen sein wird, die Hauptrolle, die ihm tatsächlich auch sehr gut tut. Denn neben Werken wie ROBOCOP, RUN ALL NIGHT und KIND 44, hat er vor allem in SUICIDE SQUAD eine tragende Rolle verkörpert und daher wohl auch die größte öffentliche Aufmerksamkeit erlangt. Leider jedoch ist dieses Werk recht verpönt und unbeliebt, was trotz guter schauspielerischer Leistung dem schwedisch-amerikanischen Schauspieler einen eher unschönen Einschnitt in seine Vita eingebracht hat.

Darum geht es…

In THE INFORMER mimt er den ehemaligen polnisch-amerikanischen Soldaten Pete Koslow, der als vorzeitig entlassener Häftling dem FBI Hilfestellung liefert zur Aufklärung von Drogengeschäften. Als jedoch sein Auftrag nicht nach Plan verläuft und dabei ein Officer vom NYPD getötet wird, lässt ihn das FBI fallen, was dazu führt, dass er von den polnischen Drogenbossen genötigt wird sich zu stellen, ins Gefängnis zu gehen und dort den Schmuggel und Handel wieder anzukurbeln. Auch das FBI entwickelt einen Plan, wie sie Koslow für sich einsetzen können und er und seine Familie geraten chancenlos zwischen die Fronten. Koslow, dem einzig und allein das Wohl seiner Familie am Herzen liegt, steht vor dem mentalen und körperlichen Aus und muss in dieser Verzweiflungssituation sich seinem Schicksal hingeben.

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Rezension

Nach dem Debakel von SUICIDE SQUAD freut es mich regelrecht Joel Kinnaman in einer vergleichsweise alles überragenden Rolle wiederzusehen. Das klingt natürlich jetzt deutlich pompöser als es letztlich ist, stimmt jedoch in der Verhältnismäßigkeit treffend. Denn THE INFORMER bietet eine spannende Geschichte, der man nur zu gerne folgt, da die Symbiose aus Action und Krimi gut abgepasst wurde und gleichzeitig die Skrupellosigkeit von Menschen und Behörden seinen Einsatz findet und dadurch aus einem Antagonisten ein Protagonist wird. Genau hier setzt nämlich die Ratlosigkeit des Zuschauers ein, wie man die Hauptfigur letztlich wirklich charakterisieren soll, denn selbstverständlich schwingen die Sympathien stets mit dieser, doch kann man deswegen all die verrichteten Taten wirklich gutheißen?

The Informer

The Informer ©2019 Wildbunch Germany

Kinnaman schafft es eine sehr facettenreiche Rolle einzunehmen und dem Zuschauer rege, aber dennoch glaubhafte Abwechslung seines Könnens zu zeigen, ohne dabei die Grenzen der Realität zu sprengen, auch wenn dies in einigen Momenten haar scharf war. Besonders gut zur Geltung kamen die zwei Seiten seiner Persönlichkeit hinsichtlich der privaten Fürsorge und Weitsicht für seine Familie im direkten Vergleich zu seinem persönlichen Egoismus, während er als Spielball zwischen Gut und Böse hin und her geschubst wird.

Ein undurchsichtiges Trio

Gleichzeitig schafft es Rosamund Pike nicht so recht aus ihrer bravourösen Rolle in GONE GIRL – DAS PERFEKTE OPFER herauszutreten und mimt noch immer die starke, aber doch nervöse und unsichere Frau, die fühlbar einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung unterliegt. Stets hat sie diesen erschrockenen Blick im Gesicht, der nur selten von knallharter Überzeugung abgelöst wird und sie dadurch als Kriminalbeamte nicht so recht ernst zu nehmen erscheinen lässt. Dem gegenüber steht dann noch der Dritte im Bunde, der wiederum das völlige Gegenteil ausstrahlt und eine regungslose Statue zu sein scheint. Denn Commons Mimik scheint einfach gar nicht vorhanden zu sein. In keinem einzigen Moment sagt dieses Gesicht auch nur das kleinste Bisschen über seine Persönlichkeit aus, woraus dann natürlich recht einfach die durchwachsen abwechslungsreiche Figurenentwicklung resultieren kann.

The Informer

The Informer ©2019 Wildbunch Germany

Den wohl problematischsten Moment in THE INFORMER gibt es schon relativ zu Beginn, als ein verdeckter NYPD-Officer den Verkauf von Drogen aufdecken will und dabei niedergestreckt wird. Hierbei war es weder möglich der Figur seine Beruflichkeit angemessen abzukaufen als auch die Geschehnisse drumherum als glaubwürdig aufzunehmen. Das Schlimmste daran ist, dass genau an diesem Punkt die Fäden zusammenlaufen und daraufhin die recht breite Struktur des Films aufgebaut wird. Wäre die Szenerie jedoch etwas realistischer hinsichtlich der Reaktionen des FBIs auf den entsprechenden Mord aufgelöst wurden, so wäre es nie oder zumindest nicht auf diese Weise zur Zuspitzung in diesem Ausmaß gekommen. Schade also, dass die eigentlich recht starke Geschichte einem unschönen Betrug am Zuschauer unterliegt, der nüchtern betrachtet jedoch nur minimal ins Gewicht fällt.

Unterhaltsam und doch nicht klassischer Mainstream

The Informer

The Informer ©2019 Wildbunch Germany

Neben diesem etwas unschönen Handlungspart gibt es jedoch auch absolut lobenswerte Momente, insbesondere das Finale, welches Happy End und Tragödie zugleich verkörpert. Dabei wird glücklicherweise nicht der Weg im Sinne von – Krise überwunden, nun wird alles schön und ist schlagartig vorbei – eingeschlagen, sondern vielmehr eine passable und vor allem akzeptable Lösung gefunden, die es ermöglicht befriedigt, aber dennoch nachdenklich hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Handlung, den Film zu verlassen. Generell wird es geschafft das große Spektakel etwas außen vor zu lassen und sich eher auf inhaltliche Qualität konzentriert. Beides klappt natürlich nicht so ganz zu hundert Prozent, weshalb gerade der große Schlusswendepunkt doch ein wenig zu sehr auf die Pauke haut und sich etwas großzügig einiger Freiheiten bedient. Dadurch wird jedoch zumindest ein guter Unterhaltungswert garantiert.

Schlussendlich ist es jedoch etwas schade, dass wir nicht erfahren, was mit den mafiösen polnischen Gangstern geschieht, wo diese doch als große Antagonisten ewig lange aufgebaut wurden. Von zwei Figuren erfahren wir zwar, wie es mit ihnen endet, doch bleibt der Rest im Argen. Doch wenn auch in der Realität die Kriminalität immer ein Schlupfloch findet, warum dann nicht auch im Film?

Nach etwas verunglückten ersten größeren Schauspielrollen hat Joel Kinnaman es endlich geschafft auch mal seine Qualitäten in einem angemessen starken Film zu präsentieren. Neben Rosamund Pike und Common bietet dieses Dreigestirn eine interessante komplementäre Zusammensetzung von Figuren, die sich auf ihre ganz eigene Weise jeweils entfalten können und dem Zuschauer eine abwechslungsreiche und unberechenbare Handlungsentwicklung bieten. Hierbei handelt es sich nicht um den klassischen Action-Hau-Drauf-Film der Hollywoodstudios, sondern wird hier neben leichten Übertreibungen der Konfrontationsmomente vor allem Wert auf eine gute Geschichte gelegt, die letztlich auch weitestgehend erfolgreich dargeboten werden konnte. Die Story kommt schnell zum Punkt und bietet kaum Platz für unschöne Monotonie, schafft es aber dennoch den Figuren eine nötige Tiefe zu verleihen und vor allem Kinnamans Rolle facettenreich zu etablieren. Wie die Kirsche auf der Torte schaffen die Produzenten es das Ende, nicht wie sonst meist üblich, nicht zu vergurken sondern einen angemessenen und befriedigenden Schlusspunkt zu schaffen, der zeitgleich Raum für persönlich weiterführende Gedanken bietet. Um bei der Essensmetapher zu bleiben, haben wir hier kein Filetstück der Extraklasse, aber durch aus ein leicht verdauliches und dennoch unterhaltsames und spannendes Produkt für gemütliche Abendstunden.

The Informer

The Informer ©2019 Wildbunch Germany