Rezension
Dass viele Mike Flanagan nach seinem desaströsen DOCTOR SLEEP nie wieder in die Nähe eines Stephen-King-Texts lassen wollen, ist verständlich. Anscheinend aber auch etwas vorschnell, angesichts von THE LIFE OF CHUCK, seiner jüngsten Adaption einer Vorlage des King of Horror. Dessen Kurzgeschichte „If It Bleeds“ imaginiert wie die meisten seiner vielschichtigsten Werke ein reales Grauen abseits von Killer Clowns und telekinetischem Terror. Mit spielerischer Leichtigkeit verbindet die Leinwand-Variation der anachronistischen Novelle Momente apokalyptischer Angst und spontaner Lebensfreude zu einer metaphysischen Metapher.
Ein ähnliches Szenario erwartete auch den Titelcharakter, buchstäblich beschwingt verkörpert von Tom Hiddleston, der melancholischen Mystery-Memoire. Jene beginnt mit dem letzten ihrer drei Akte. Die erzählen anti-chronologisch das eigentlich unspektakuläre Leben des Buchhalters Chuck Krantz, der im dritten (und filmisch ersten) Kapitel kaum mehr ist als ein mysteriöses Gesicht auf Plakaten. Die danken Chuck für „39 Jahre Einsatz“; eine Metapher für sein Leben. Dessen nahendes Ende zieht augenscheinlich das der Welt mit sich.

The Life of Chuck ©2025 Tobis
Während das dritte Kapitel aus der Perspektive Chiwetel Ejiofors geschiedenen Highschool-Lehrers und seiner Ex-Frau Felicia (Karen Gillian) Kings charakteristischen Endzeit-Szenarien entspricht, variiert der finale Akt I über Chucks Jugend seine mystischen Coming-of-Age-Stories. Aus dem narrativen und dramatischen Rahmen fällt Akt II, dessen tänzerische Impro-Nummer in der Tradition klassischer Hollywood-Musicals steht. Verve und Vitalität der Tanzeinlage fungieren nicht nur als dramaturgisches Bindeglied der vermeintlich zusammenhanglosen Fragmente, sondern als musikalische Message.
Fazit
Was, wenn die Welt sich tatsächlich nur um einen Menschen drehte? Diese surreale Subjektivität bestimmt das symbolistische Szenario Mike Flanagans tragikomischer Adaption Stephen Kings Kurzgeschichte „If It Bleeds“. Der eigenwillige Charme des phantastischen Plots liegt ebenso in den dynamischen Darstellungen wie in der Kombination vermeintlich unvereinbarer Genres: Horror, Musical-Romanze und Familiendrama verschmelzen zu einer magisch-realistischen Allegorie individuellen Empfindens. Gerade die in ihrer Absolutheit bedrückend greifbare Auslöschung des Ichs bedingt ein emphatisches Carpe Diem.
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Originaltitel | The Life of Chuck |
Kinostart | 5.6.2025 |
Länge: | 110 minuten |
Produktionsland | United States of America |
Genre: | Drama | Fantasy |
Regie | Mike Flanagan |
Executive Producer | Elan Gale | D. Scott Lumpkin | Melinda Nishioka | Molly C. Quinn | Matthew M. Welty | Stephen King | Dan Williams | Amanda Williams | Kevin Park |
Producer | Mike Flanagan | Trevor Macy |
Kamera | Eben Bolter |
Visual Effects | Dan Schmit |
Musik | Andrew Grush | Taylor Stewart |
Cast | Tom Hiddleston, Jacob Tremblay, Benjamin Pajak, Cody Flanagan, Nick Offerman, Chiwetel Ejiofor, Karen Gillan, Annalise Basso, Mia Sara, Mark Hamill, Samantha Sloyan, David Dastmalchian, Harvey Guillén, Trinity Bliss, Matthew Lillard, Rahul Kohli, Kate Siegel, Saidah Arrika Ekulona, Carl Lumbly, Taylor Gordon |
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