Unter der Leitung von Filmeditorin und Trailerproduzentin Patricia Mestanza-Niemi und Produzent Florian Deyle findet in diesem Jahr erstmalig das “Unified Filmmakers Festival” statt. Die beiden Filmschaffenden haben dieses “International Filmfestival For Stories Of A New Era”, so der prägende Untertitel, ins Leben gerufen, um künftig jedes Jahr ein Thema von globaler und gesellschaftlicher Relevanz zu thematisieren und Filmemachern die Möglichkeit zu bieten diese in einem feierlichen Rahmen zu präsentieren.
Bereits am 01. November 2020 wurde die Frist zur Einreichung der unterschiedlichsten Werke eröffnet. Entsprechend der gegenwärtig wohl präsentesten Thematik weltweit, wurde die Covid-19 Pandemie als zentrales Thema ausgeschrieben, woraufhin Filmemacher aus aller Welt die Möglichkeit bekamen Werke mit einer Gesamtspieldauer von 2 bis 15 Minuten einzureichen. Am 31.03. diesen Jahres standen dann alle Teilnehmer fest und für die internationale 24 köpfige Jury, zu denen unter anderem Konstantin Bock (Regisseur und Editor), Songqiao Zhao (Regisseur) und Stacy Chu (Regisseurin und Schauspielerin) zählen, bestand die Herausforderung aus über 500 Filmen unterschiedlichster Genre und aus insgesamt 73 Ländern 70 Werke auszuwählen, die in den Wettbewerb eingingen.
In den beiden Kategorien “Kurzfilme bis 5 Minuten” und “Kurzfilme von 5 bis 20 Minuten” wurden jeweils 35 Filme ausgewählt. Alle Filme werden bis zum 31. Juli 2021 auf der Website des Filmfests zu sehen sein. Seit dem ersten Mai kann das Publikum abstimmen und voten. Dies ist bis zum 31. Mai möglich, woraufhin die Stimmen ausgewertet und der Publikumspreis vergeben wird.
Alle Filme und einen Link zu diesen findet ihr im obigen Reiter “Kurzfilme bis 5 Minuten” und “Kurzfilme von 5 bis 20 Minuten”.
Website: Unified Filmmakers Festival
Erstausrichtung: 2021 Eröffnung: 01.05.2021
Filme können angesehen werden bis: 31.07.2021 Publikumsvoting bis: 31.05.2021
Filme insgesamt im Wettbewerb: 70 (je 35 Kurzfilme bis 5 Minuten und 35 Kurzfilme zwischen 2 und 15 Minuten)
eingereichte Filme: über 500
Länder: 73
Jury für die Kurzfilme bis 5 Minuten:
Jurymitglied | Tätigkeit | Herkunft |
Alexander Dierbach | Regisseur | Deutschland |
Taye Balogun | Regisseur & Aktivist | Kenia |
Husam Chadat | Schauspieler & Regisseur | Syrien |
Stacy Chu | Regisseurin & Schauspielerin | USA | China |
Karim Debbagh | Produzent | Marokko |
Olesya Gidrat | Produzentin | Russland |
Vinod Kapri | Journalist & Filmemacher | Indien |
Mugambi Nthiga | Schauspieler | Kenia |
Tosin Sanni | Festivalkoordinatorin Motion Picture International Film Festival | Nigeria |
Marvin A. Smith | Choreograph & Artistic Creative Director | USA |
Zhao Songqiao | Regisseur | Hong Kong |
Milena Tscharntke | Schauspielerin | Deutschland |
Jury für die Kurzfilme von 5 bis 15 Minuten:
Jurymitglied | Tätigkeit | Herkunft |
Konstantin Bock | Regisseur & Editor | Deutschland |
Nadeshda Brennicke | Schauspielerin | Deutschland |
Dejan Bućin | Schauspieler | Deutschland | Serbien |
Jaymes Butler | Schauspieler & Autor | USA |
Claudia Gladziejewski | Redakteurin Bayerischer Rundfunk | Deutschland |
Sevgi Hirschhäuser | Regisseurin | Türkei |
Jim Kolmar | Festivalprogrammer & Autor | Vereinigtes Königreich |
Simona Nobile | Buch & Mitglied World Writer’s Room | Italien |
Carlos Reviriego | Kritiker und Journalist | Spanien |
Anna Rohde Seyfried | Buch & Diplom Dramaturgin BETAFILM | Deutschland |
Pascal Schelbli | Regisseur | Schweiz |
Julia Weigl | Kuratorin internationales Filmprogramm Filmfest München | Deutschland |
Seit über einem Jahr beschäftigt uns nun die Pandemie als eine globale Herausforderung und seit über einem Jahr hat man weltweit deren Auswirkungen und Einschränkungen erlebt. Dieses Thema als Grundthema des diesjährigen Unified Filmmakers Festivals zu nehmen, wirkt auf den ersten Blick ermüdend, wenn nicht sogar abschreckend. Doch statt ausschließlich eine Reihe bedrückender und schwerwiegender Kurzfilme zu präsentieren, offenbart das Festival eine enorme Vielfalt an Themen und das nicht nur wegen seiner Beiträge aus über 40 verschiedenen Ländern.
In 70 Kurzfilmen kann man schnell mal um die halbe Welt reisen, aber auch durch die verschiedensten Genres. So gibt es neben klassischen Dramen auch Science-Fiction-Filme, Horrorfilme, Dokumentationen, Komödien und Animations/Stop-Motionfilme, mit jeweils unterschiedlichen Produktionsaufwand, von aussagekräftigen Amateurfilmen, bis zu sehr hochwertig produzierten Beiträgen.
Vor allem unterstreicht es abermals die große Tragweite der Pandemie und dringt in Unterthemen vor, mit denen nur wenige in ihrem Privatleben konfrontiert werden dürften. Die Kurzfilme gewähren kleine, filmische Einblicke in Leben, die zwar weit weg von unserem Alltag und manchmal auch weit weg von unserer Kultur und unseren Lebensweise sind, aber dennoch durch die Pandemie mit uns verbunden scheinen. Die vielseitige Auseinandersetzung sorgt für einige interessante und lebhafte Porträts sowie lustige Aufarbeitungen, ernsthafte Reflexionen und hoffnungsgebende Visionen, bedrückende Erfahrungsberichte und auch tragische Erzählungen. An erster Stelle sorgen diese unterschiedlichen Herangehensweisen aber dafür, dass das Festival große Abwechslung bereithält, beinah für jede Stimmung etwas zu bieten hat und eben nicht unter bedrückender und ermüdender Last zusammenfällt.
Aufgrund der großen Auswahl, war es mir bisher noch nicht möglich in alle verfügbaren Kurzfilme reinzuschauen, für die man seit dem ersten Mai 2021 auf der Website abstimmen kann. Dennoch folgt nun eine kleiner, persönlicher und auch etwas zufällig zusammengestellter, länderübergreifender Überblick über neun Kurzfilme, über die ich beim Festival gestolpert bin. Und weil ich vermutlich viele herausragende und empfehlenswerte Filme noch gar nicht gesehen habe, schiebe ich es gleich vorweg: am Besten werft ihr selbst einen Blick auf die Website, schaut was euren Geschmack trifft und an was ihr interessiert seid und klickt wild darauf los. Die meisten haben sowieso eine geringe Laufzeit und die meisten lohnen sich auch auf ihre Art und Weise.
Als kleine Orientierung gibt es hier nun aber neun Kurzfilme, die mehr oder weniger bleibenden Eindruck hinterlassen haben, unterhaltsam waren oder auf irgendeine andere Art und Weise herausstachen.
Der südafrikanische Beitrag LEFU – THE FUNERAL ist dabei einer jener Kurzfilme, die das Thema in dem schonungslosen und auch bedrückenden Ton aufarbeiten, der viele Menschen weltweit getroffen hat. Gezeigt wird die Geschichte eines Mannes, der seine Mutter an das Virus verloren hat und nun eine Beerdigung planen muss. Eine Dokumentation, die einerseits das Trauern und das Planen einer Beerdigung zu Zeiten einer Pandemie zeigt, andererseits auch einen kleinen Einblick in die südafrikanische (Trauer-)Kultur liefert. Nicht erheiternd wie andere Beiträge, aber definitiv wichtig.
In einem weiteren Kurzfilm verschlägt es uns in die Ukraine. In SECOND WAVES wählt man eine besondere Herangehensweise an das Thema, den Begriff der „Welle“, der nun auch schon seit einigen Monaten in Politik und Nachrichten grassiert. Zu sehen sind, im Gegensatz zu vielen anderen Exemplaren des Festivals, keine Masken und umhüllte Pfleger, sondern größtenteils Schiffe und Wasserwellen. Im übertragenen Sinne wird die Wellenbewegung des Wassers mit der Wellenbewegung der Pandemie in Verbindung gebracht, verwoben mit einem Voice Over zur aktuellen Situation und einer familiären Geschichte, was wunderlicherweise in der kurzen Spielzeit nie zu überladen wirkt.
In einem besonders knappen Kurzfilm, dem japanischen THE MORNING ROUTINE, widmet man sich dem Thema der Pandemie wieder etwas direkter, in dem man den Tagesablauf eines Pflegers beobachtet, der aufgrund Quarantänemaßnahmen seiner Familie fernbleiben muss. Hochwertig produziert, fast schon mit einer Werbefilm-Ästhetik, ist dieser Kurzfilm sowohl Danksagung als auch Verbeugung vor dem Beruf, den diese Pandemie wohl am stärksten getroffen hat.
Eine ähnliche Isolation, die in dem Falle jedoch nicht aus Pflegersicht erzählt wird, zeigt der polnische Beitrag HOT WATER, der fast vollkommen mit Musik unterlegt ist und abseits der Quarantäne andere schwere Themen anpackt, neben einer Vater-Sohn-Geschichte auch unter anderem Suizidgedanken. Doch auch dieser Kurzfilm schafft es, seinen Themen einen kleinen Spielraum zu geben und nicht unter der Last zusammenzubrechen.
Deutlich humorvoller und verspielter geht es im Kurzfilm CRAPONA ROLL PLAYS zu, einem deutschen Stop-Motion-Film rundum Klopapierrollen. Mit kreativen Ideen, einer Menge Arbeit und amüsanten Einfällen, werden Metamorphosen einer Klopapierrolle gezeigt, die an dieser Stelle nicht vorweggenommen werden sollen, sondern auf jeden Fall selbst begutachtet werden müssen. Sehr kurzweilig, amüsant und definitiv ein breites Grinsen wert.
Ähnlich kreativ geht es im Film HOW TO BE AT HOME zur Sache, aus Kanada stammend und der ebenso mit Stop-Motion umgesetzt ist. Zwar ist er nicht ganz so humorvoll wie der deutsche Vertreter, aber mit seinen Bildern und vor allem seiner Lyrik äußerst kunstvoll. In englischer Sprache philosophiert das Voice-Over über aktuelle Einschränkungen und Möglichkeiten, Leben und Tod, ohne jemals den lebensbejahenden und aufmunternden Ton zu verlieren, der den Film zu einer frischen, farbenfrohen Brise und Abwechslung macht.
Im Kontrast zu diesen kunterbunten Bildern steht beispielsweise PARRYS LITTLE PARTY ein Beitrag in Schwarz-Weiß, der das Schicksal einer jungen Frau aufarbeitet und tragische Grundtöne anschlägt. Eine schicke, schwarzweiße Ästhetik steht hierbei einer dramatischen Geschichte gegenüber, die zwar nicht immer alle Kraft entfalten kann, aber dennoch nachhallt.
Im vorletzten Kurzfilm, der an dieser Stelle erwähnt werden soll, verschlägt es uns nach Italien zum Film NUOVO CINEMA PARA VIRUS, der wie der Titel vermuten lässt, das Kino zur Hauptperson hat. Eine Hauptperson, die viele von uns wohl schmerzlichst vermissen und die hier nun selbst zu Wort kommt. Die Umsetzung an sich ist recht einfach: die ganze Zeit über sieht man einen Tisch mit einem Bildschirm, auf dem markante Filmszenen, unter anderem Ausschnitte aus Filmen des schwedischen Meisterregisseurs Ingmar Bergmann, flimmern, während sich das Ambiente um den Bildschirm herum verändert. Darüber rekapituliert das Kino seine Wirkung, wirft Fragen nach seiner Kraft auf und reflektiert seine Bedeutung vor, während und nach der Pandemie. Das ist im Zusammenspiel mit den aussagekräftigen Filmausschnitten zwar nicht subtil, aber eine große und warme cineastische Umarmung.
Beschließen möchte ich diesen kleinen Überblick mit dem deutschen Film QUARANTINE CALLS, der titelgebende Videoanrufe des Protagonisten zeigt und dabei auf kreative Art und Weise den Orientierungsverlust über die Lockdownzeit einfließen lässt. Mit tollen Einfällen und guten Gespür für Timing entwickelt sich ein äußerst amüsanter und auch kritisch kommentierender Film, der für alle Fans der Netflix-Serie DARK ein zusätzliches Schmankerl bereithält.
Der Überblick zeigt: die Auswahl und die Unterschiedlichkeit des Festivals ist enorm – eine Überraschung, gerade wenn man die Pandemie ein Jahr später deutlich satt hat. Das kostenlose und bequeme Reinschauen lohnt sich definitiv, obwohl hier nur ein Bruchteil der Filme umrissen werden konnte. Ich jedenfalls werde im Mai sicherlich noch einmal auf die Website klicken und andere Filme nachholen. Ach ja und voten muss ich natürlich auch!
Filmtitel | Regisseur:in | Land | Vorschau |
60 Day Cycle | Darcy Wittenburg | Colin Jones | Kanada | |
Bearing Witness Triptych: Just Breathe the Air | Jack Cochran | Pamela Falkenberg | USA | |
Being | Malak El Araby | Ägypten | |
CASA | Drica Czech | Brasilien | |
Ciaran | Ruairi Bradley | Irland | |
Curfew Calls – Run Girl Run | Anna Roller | Deutschland | |
Edge | Mavlon Dosmukhamedov | Usbekistan | |
FACE MASK for Sale | Neha Manoj Shah | Kenia | |
Futanogo | Kan Yamamoto | Japan | |
Helping Hands | Christian Mümken | Deutschland | |
Hot Water | Saymen Batour | Polen | Libanon | |
How to Be at Home | Andrea Dorfman | Kanada | |
KLORONA ROLLENSPIELE | Christian Fischer | Deutschland | |
Learn to live with Corona | Kayampoo, Abinanthan | Indien | |
Lockdown City | Coral Bevan | Vereinigtes Königreich | |
Nap | Alexander Ikonomov | Deutschland | |
Numb | Liv McNeil | Kanada | |
Open Doors | Breech Asher Harani | Philippinen | |
PARTICLES | Sylvia Borges | Deutschland | |
Phosphôros | Susana Serrano | El Salvador | |
Self Isolation | Oscar Axel Thorborg | Australien | |
Small Talk | Oscar Albert | Vereinigtes Königreich | |
Stay-at-Home-Heroes | Todor Nikolov | Bulgarien | |
Survival Kit | Luka Stjepanovic | Kroatien | |
That no one knows | Martin Guggisberg | Schweiz | |
The (Dis)order | Jabran Zafar | Pakistan | |
The Invisible Humans | Aaron Mathew | Indien | |
The Morning Routine | Hiroaki Handa | Japan | |
The sky will migrate with this cup of water | Neritan Zinxhiria | Griechenland | |
Time to be a Boy | Antonio Aleixo | Portugal | |
Unity | Alejandro Montoya Gomez | Kolumbien | |
We want to live | Mohammad Assaf | Meiser Al-Moussa | Libanon | |
What Day is It | Luka Marcetic | Slowenien | |
Why | Nuno Barreto | Angola | |
Word is virus | Mirko Borscht | Deutschland |
Die Gewinner der Jurypreise: “Kurzfilme bis 5 Minuten”
Platz 1: RUN GIRL RUN – Regie: Anna Roller (Deutschland)
Platz 1: PHOSPHÔROS – Regie: Susana Serrano (El Salvador)
Platz 3: THE STAY-AT-HOME HEROES – Regie: Todor Nikolov (Bulgarien)
Die Gewinner der Jurypreise: “Kurzfilme 5 bis 20 Minuten”
Platz 1: SOMETIMES I WISH I WAS ON A DESERT LAND – Regie: Eli Jean Tahchi (Kanada)
Platz 2: OK, KAREN – Regie: Hugo L. V. e Oliveira (Brasilien)
Platz 3: THE SHACK – Regie: Tebogo Chologi (Südafrika)
Platz 3: BONAPARTE – Regie: Jesper Quistgaard (Dänemark)
Die Gewinner der Publikumspreise: “Kurzfilme bis 5 Minuten”
Platz 1: HOT WATER – Regie: Sam Batour (Polen)
Platz 2: BEING – Regie: Malak El Araby (Ägypten)
Platz 3: CIARAN – Regie: Ruairi Bradley (Irland)
Die Gewinner der Publikumspreise: “Kurzfilme 5 bis 20 Minuten”
Platz 1: THE PITCH – Regie: Ken Kwek (Singapur)
Platz 2: MEETING FAREWELL – Regie: Harashta (Indonesien)
Platz 3: THE MISSION – Regie: Marianna Ölmez (Deutschland)
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