Wie oft beschäftigen wir uns mit Menschen, die kaum in unserer Gesellschaft angehört werden? Liegt es daran, dass wir kaum bis gar nicht mit außergewöhnlichen Menschen in Berührung kommen? Wollen wir solche Menschen nicht akzeptieren oder sind wir nicht bereit etwas Neues, mit dem wir uns kaum befasst haben zuzulassen? Ich kann gewiss nicht für jeden hier sprechen, doch ich bin der festen Überzeugung das es Menschen gibt die ähnliche Gedanken schonmal hatten. Ähnlich beschäftigt sich Regisseur Jerry Rothwell in seiner neusten Dokumentation WARUM ICH EUCH NICHT IN DIE AUGEN SCHAUEN KANN mit autistischen Menschen. Der Dokumentarfilm basiert auf einem Buch des Japaners Naoki Higashida, der im Alter von 13 Jahren aufgeschrieben hat, wie er als Autist die Welt um sich herum wahrnimmt. Higashidas Buch gilt als sehr fördernd, wie man mit Autisten ideal leben kann, und viele, wie es auch im Film gezeigt wird, haben dadurch neue Erkenntnisse gewinnen können.
Darum geht es..
Naoki Higashida präsentiert uns in WARUM ICH EUCH NICHT IN DIE AUGEN SCHAUEN KANN seine Welt, wie er sie mit seinen Sinnen wahrnimmt und erlebt. Higashida gibt uns Einblicke in seine intensive Emotionswelt, die voller großer Erlebnisse steckt und ihn immer wieder aufs Neue überrascht. Unter anderem begleiten wir fünf andere junge autistische Menschen aus verschiedenen Ländern in ihrem Lebensalltag. Der Brite Joss zum Beispiel ist nonverbaler Autist. Darüber hinaus lernen wir die Freunde Ben und Emma aus den USA kennen, die trotz ihres Autismus schon seit ihrer Kindheit sehr gute Freunde sind. Ben und Emma kommunizieren mit einem Buchstaben Brett und bekommen dadurch die Chance sich gegenüber ihren Familien auszudrücken. Die Inderin Amrit vermittelt ihre Gefühle mit Hilfe der Kunst und malt alles nach, was sie zuvor erlebt hat. Im Film bekommen wir einen Einblick in ihrer Kunstausstellung zu sehen. Die Familie von Jestina aus Sierra Leone setzt sich für ein besseres Leben für autistische Menschen aus Leone ein.
Rezension
WARUM ICH EUCH NICHT IN DIE AUGEN SCHAUEN KANN erzählt als Dokumentarfilm keine geradlinige Geschichte, wie es meistens der Fall ist. Regisseur Jerry Rothwell hat sich dazu entschieden mit Hilfe von Ausschnitten aus Naoki Higashidas Buch die Welt der anderen fünf nonverbalen Autisten hervorzuheben. Dabei liegt die Stärke des Films darin, dass Rothwell sich für jeden der fünf Menschen Zeit lässt. Wir nehmen als Zuschauende den Lebensalltag der fünf nonverbalen Autisten visuell und auditiv wahr. Dabei gibt es Momente im Film, die ohne Musik aufkommen und sich komplett auf die Menschen fokussieren während die Kamera immer nah an ihnen bleibt. Rothwells Film will die Gesellschaft nicht dafür kritisieren, dass wir als Menschen zu wenig tun für Menschen mit Autismus. Im Gegenteil Jerry Rothwell präsentiert uns viele schöne Momente, die die fünf nonverbalen Autisten in ihrem Leben erleben. Dennoch gibt es Szenen im Film, die klar hervorheben das es heutzutage leider immer noch nicht leicht ist, als Mensch mit einer autistischen Störung zu leben.
Stiller oder aktiver Begleiter?
Das Buch von Naoki Higashida nimmt die Rolle als stiller und aktiver Begleiter für den Dokumentarfilm WARUM ICH EUCH NICHT IN DIE AUGEN SCHAUEN KANN ein. Oft stimmen die Bilder im Film mit den Worten aus Naokis Buch überein. Es ist zudem äußerst großartig anzusehen wie die Menschen im Film trotz ihres Autismus leben. Amrit aus Indien ist eine ausgezeichnete Künstlerin. Joss aus Großbritannien ist in der Lage Geräusche aus weiter Entfernung wahrzunehmen oder sich an etwas zu erinnern was vor Jahren geschah. Jestina aus Sierra Leone lässt sich trotz ihres Lebensumfeldes nicht unterkriegen und beschert ihrer Familie ein schönes Leben. Ben und Emma pflegen trotz ihres nonverbalen Autismus’ eine jahrelange Freundschaft. Das der Film sich lange Zeit mit dem Leben der Fünf auseinandersetzt, macht ihn äußerst authentisch. Wie Emma im Film ausdrückt: Wir bekommen die Chance gesehen zu werden.
Die Bedeutung unserer Freundschaft lässt sich nicht in Worte fassen.Warum ich euch nicht in die Augen schauen kann
Eine neue Art der Kommunikation
Auch wenn Menschen mit nonverbalem Autismus nicht sprechen, wie wir es in der Gesellschaft gewohnt sind, heißt es nicht, dass sie nicht kommunizieren können. Jerry Rothwell versucht dies in WARUM ICH EUCH NICHT IN DIE AUGEN SCHAUEN KANN zum Ausdruck zu bringen. Neben den visuellen Bildern ist es der Sound, der vieles dazu beigetragen hat, dass Zuschauende sich auf die besondere Art der Kommunikation einlassen. Menschen mit Autismus sehen die Welt um sich herum als etwas umwerfendes an. Oft sind es die kleinen Dinge, die einem überwältigen, wenn man es dann als Gesamtbild betrachtet. So in etwa konnte mich der Film mitnehmen und ich war gelegentlich überrascht wie sehr mich die Schönheit des Filmes fasziniert hat. Schließlich ist mir bewusst geworden, dass Rothwell durch diesen Ansatz bezwecken wollte, wie sehr die Inklusion in einer Gesellschaft uns vereint.
Ich glaube, kein menschliches Wesen ist wirklich gerne allein.Warum ich euch nicht in die Augen schauen kann
Fazit
Filme, die sich mit Themen beschäftigen, die in der Gesellschaft viel zu selten Gehör finden, können bei den Zuschauenden gut ankommen. Mit WARUM ICH EUCH NICHT IN DIE AUGENSCHAUEN KANN ist Jerry Rothwell eine gelungene Repräsentation der Welt von nonverbalen Autisten gelungen. Es wird das Leben von fünf großartigen Menschen präsentiert, während das Buch von Naoki Higashida uns die Welt des Autismus näherbringt und diese mit visuell ansprechenden Bildern begleitet. Mit unglaublich geringer Kritik an die Gesellschaft ist es eher der Zusammenhalt unter den Menschen, der im Film überwiegt. Es mag sein, dass wir nicht besonders viel über Autismus an sich lernen, doch was wichtiger ist, wir bekommen einen viel größeren Einblick, wie das Gefühl und die Wahrnehmungswelt der Menschen aussieht. Schließlich lohnt sich auf jeden Fall ein Blick, wenn man in eine Welt eintauchen möchte, die in unserer Gesellschaft noch präsenter sein sollte.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Originaltitel | The Reason I Jump |
Kinostart | 31.03.2022 |
Länge | ca. 82 Minuten |
Produktionsland | USA | Vereinigtes Königreich |
Genre | Dokumentation | Drama |
Verleih | DCM Filmdistribution |
FSK |
Regie | Jerry Rothwell |
Drehbuch | Naoki Higashida |
Produzierende | Jody Allen | Paul Allen | Sara Archer | Rocky Collins | Jeremy Dear | Sara Edelson | Lizzie Francke | Jannat Gargi | Hugo Godwin | Ruth Johnston | Stewart Le Marechal | Stevie Lee | Al Morrow | Sam Payne | Jonny Persey | Angharad Scott | Carole Tomko | Peter Webber | David Wulzen |
Musik | Nainita Desai |
Kamera | Ruben Woodin Dechamps |
Schnitt | David Charap |
Wie hat Dir der Film gefallen?
Hinterlasse einen Kommentar