FSK 6 ©FSK

Originaltitel: Weathering With You
Kinostart: 16.01.2020

Länge: ca. 114 Minuten
Produktionsland: Japan
Regie: Makoto Shinkai
Synchronsprecher:innen: Sebastian Fitzner | Léa Mariage | Rainer Fritzsche
Genre: Anime
Verleih: Leonine

Weathering With You – Das Mädchen, das die Sonne berührte ©2019 Universum

2018 erschien in den deutschen Kinos plötzlich für nur wenige Vorstellungen und auch nur in ausgewählten Häusern ein neuer japanischer Anime mit einem vielversprechenden Titelbild. Während Anime-Fans schon sehnsüchtig darauf warteten, bekamen alle Nicht-Fans schnell zu spüren, dass YOUR NAME – GESTERN, HEUTE UND FÜR IMMER (im Folgenden auch mit Teil 1 bezeichnet) ein absolutes Meisterwerk der japanischen Filmkunst ist. Der Film generierte über 360 Millionen US-Dollar Einspielergebnis, wovon weit mehr als die Hälfte bereits in Japan eingenommen wurden.

Die Fortsetzung von YOUR NAME – GESTERN, HEUTE UND FÜR IMMER

Dieser Kinoerfolg ist der erste Animefilm, der über 100 Millionen US-Dollar einspielte, der nicht von Meisterregisseur Hayao Miyazaki stammt und zudem der zweit erfolgreichste Anime weltweit ist. Dieser Anklang beim Publikum veranlasste sogar J. J. Abrams dazu die Rechte daran zu erwerben, mit dem Ziel eine entsprechende Hollywood Realfilmadaption zu drehen. Zum jetzigen Zeitpunkt jedoch gibt es noch keine weiterführenden Informationen zum Release oder dem Entwicklungsstand. Selbstverständlich halte ich euch damit hier auf Riecks-Filmkritiken auf dem Laufenden.

WEATHERING WITH YOU ist somit also der heiß ersehnte Nachfolgefilm von Makoto Shinkai, der jedoch keine Fortsetzung vom ersten Teil darstellt. Doch dazu später mehr.

Das Wetter als magische Erscheinung

Das ist die Geschichte von einem Geheimnis der Welt, von dem nur wir beide wissen.

Weathering With You – Das Mädchen, das die Sonne berührte ©2019 Universum

Hodaka Morishima ist dabei ein neues Leben zu beginnen. Vor kurzem erst ist er in die große und teure Stadt Tokio gezogen, die ihm den letzten Penny raubt. Als junger Kerl muss er sich schleunigst eine Arbeit such und findet sie auch bei einer Zufallsbekanntschaft, die er auf seiner Reise dorthin gemach hat. Diesem noch recht fremden Mann gehört ein kleines Magazin. Doch anstatt dort anständige Recherchearbeiten leisten zu können und Artikel zu verfassen, wird Hodaka eher dazu verdonnert den Haushalt zu schmeißen und typische Praktikantenjobs zu erledigen.

Eines Tages gibt es Gerüchte um Personen, die angeblich das Wetter kontrollieren könnten. Diesen Gerüchten geht das Redaktionsteam nach und prüft sie recht halbherzig. Schnell erregt das Thema dann doch Aufmerksamkeit beim Team und rückt in den zentralen Fokus der Ermittlungen. Dabei lernt Hodaka das seltsame Mädchen Hina kennen und ist sofort fasziniert von ihr. Doch was verbirgt das Mädchen vor ihm?

Verblüffend, unspektakulär

Die große Frage, die nun jeden Fan umtreibt, ist natürlich: Ist dieses Projekt genau so ein bildgewaltiges Epos und damit eine würdige Fortsetzung für YOUR NAME – GESTERN, HEUTE UND FÜR IMMER? Die Antwort darauf ist tatsächlich schwieriger als erhofft, denn ohne Frage ist der Film immer noch ein visuelles Meisterwerk, doch hapert es dieses Mal an einer hochwertigen Story, die eben jene bildlichen Augenfreuden immer wieder gestattet.

Wenn ein Mensch älter wird, kann er die Reihenfolge der Dinge, die ihm wichtig sind, nicht mehr ändern.

Selbstverständlich waren auch die Erwartungshaltungen kolossal und somit nahezu unmöglich zu erfüllen. Doch möchte ich den Film keines Wegs schlechter machen als er ist. Besonders visuell und auditiv zeigt Makoto Shinkai noch immer seine Qualitäten und erzeugt einzigartig schöne Momente. Der wohl fantastischste ist ein imposantes Feuerwerk, welches mit einer fliegen frei beweglichen Kameraführung inszeniert ist und den Zuschauer in eine bunte Welt der Explosionen entführt. Zudem wirkt fast jeder gesprochene Satz wie eine phänomenale Lebensweisheit.

Weathering With You – Das Mädchen, das die Sonne berührte ©2019 Universum

Zurück zu den Wurzeln

Hoch anzurechnen ist auch die Einbindung alt bekannter Figuren. Sowohl Taki Tachibana als auch Mitsuha Miyamizu haben eine kleine Nebenrolle erhalten, die zwar für die Handlung völlig unrelevant sind, aber dennoch eine schöne Aufklärung des Endes zum ersten Teil bereithält. Außerdem wird damit sofort ausgedrückt, dass WEATHERING WITH YOU in der gleichen Welt spielt und sich dennoch unabhängig davon entwickelt. Es gibt auch noch weitere Rückkehrer, denn auch die Band Radwimps, die für ein wirklich hervorragenden Score verantwortlich war, ist wieder mit von der Partie.

Ihr Götter: Gebt uns nicht mehr als wir haben, aber nehmt uns bitte auch nichts mehr weg!

Doch neben all diesem Fanservice bleibt leider nicht viel mehr übrig als eine kreativlose, zum Teil fast schon langweilige Geschichte über die erste Liebe verknüpft mit etwas magischer Faszination. Zu kaum einem Zeitpunkt schafft es der Film eine wohlige und träumerische Atmosphäre zu erzeugen. Außerdem wirkt das gesamte Geschehen sehr erzwungen, als ob man unbedingt und um jeden Preis wieder einen Erfolgsfilm produzieren wollte. Dennoch ist es lobenswert, dass Makoto Shinkai nicht versucht hat eine Kopie des ersten Films zu produzieren und sich bemühte eine neue Geschichte aufzuziehen.

Weathering With You – Das Mädchen, das die Sonne berührte ©2019 Universum

Wenig überraschend, aber schön anzusehen

Viel Gelaber, wenig Gefühl und bildliche Sprache sorgen unter anderem dafür, dass vom Zuschauer keine wirkliche Bindung zu den Figuren aufgebaut werden kann und damit jegliche emotionale Nähe fernbleibt. Ein wesentlicher Nachteil für die Geschichte ich wohl auch der andauernde Regen, denn dieser erzeugt im Rezipienten von Grund auf eine trübselige Stimmung. Da dieses Stilelement zum wesentlichen Handlungsstrang gehört, ist es natürlich essenziell und kann nicht einfach rausgearbeitet werden, doch merkte ich zu jedem Zeitpunkt, dass dadurch einfach die erhofften Glücksgefühle nicht ganz so entstehen konnten wie es bei Shinkais vorherigem Werk möglich war.

Leider ist auch von Beginn an die Entwicklung der Handlung vorhersehbar und hält keine großen unerwarteten Überraschungen bereit. Damit ist dieses Werk natürlich deutlich gradliniger als der erste Film, in dem erst im letzten Abschnitt so richtig klar wurde, auf welche Reise der Regisseur die Zuschauer mitnimmt. Diese Gradlinigkeit sorgt für deutlich weniger Verwirrung und erzählt weitestgehend die Geschichte chronologisch, bietet dafür aber auch weniger Möglichkeiten für Wendungen. Auch der finale große Twist bleibt leider aus.

Du bist mehr wert als jeder blaue Himmel!

Nun also zu der Frage, ob WEATHERING WITH YOU eine würdige Weiterführung des ersten Films ist: Leider nein! Auch nachdem man seine Erwartungshaltung endlich abgestreift hat, schafft es das Werk nicht so recht zu begeistern und wenn dann nur über die hochwertigen Bilder und den Score. Inhaltlich reicht eine schöne Idee einfach nicht aus, um auch einen tollen Film zu kreieren. Doch sind die Hoffnungen hoch, dass Makoto Shinkai in seinem nächsten Werk wieder an den vergangenen Erfolg anknüpfen kann.