Originaltitel: All I Never Wanted
Kinostart: 12.12.2019
FSK: 12
Länge: ca. 85 Minuten
Produktionsland: Deutschland
Regie: Annika Blendl | Leonie Stade
Schauspieler: Annika Blendl | Leonie Stade | Lida Freudenreich | Mareile Blendl
Genre: Dokumentation | Drama
Verleih: Cine Global
ALL I NEVER WANTED ist eine Abschlussarbeit der beiden Regisseurinnen für ihr Regie-Studium, welches sie dieses Jahr mit dem Diplom abgeschlossen haben. Das Werk beruht auf wahren Begebenheiten, unter anderem aus dem Leben von Annika Blendl und Leonie Stade sowie aber auch zwei weiterer Frauen in der heutigen Mediengesellschaft. Während die Film- und Theaterbranche sowie das Modeldasein zwar einen großen Erfolg versprechen, schaffen es doch nur die wenigsten Menschen tatsächlich einen überdurchschnittlichen Karriereweg einzuschlagen. Gutes Geld und Ruhm locken, doch bringen mit sich auch eine große anfängliche Bürde von Missmut, finanziellen Problemen und depressivem Schönheitswahn.
Der schwere Karriereweg von Frauen in der heutigen Medienlandschaft
In ALL I NEVER WANTED zeigen die beiden Regisseurinnen ihren persönlichen Start in die Filmwelt, ebenso wie den Karriereweg eines jungen Models und einer etablierten Schauspielerin. Alle vier erleben die Faszination ihres Wunschjobs und müssen dann auch die herben Rückschläge durchstehen, die dieser mit sich bringt. Während die Schauspielerin von einer jüngeren Fernsehdarstellerin abgelöst wird und sich nun erneut auf der Theaterbühne ins Rampenlicht kämpfen muss gegen hysterische Regisseure, hat es das Model vor allem mit mangelnden Instagram-Followern zu tun und unangenehmen Agenturvorgaben. Gleichzeitig hat das Regisseurinnenduo mit starken Stimmungsschwankungen des Investors und persönlicher Hilfslosigkeit zu kämpfen.
Als Drama, Dokumentation und Komödie eingereicht, wird leider nicht so recht klar, was in dem Film wirklich so unterhaltsam spaßig sein soll, um das letzte Genre anzusprechen. Mit ALL I NEVER WANTED werden vielmehr wesentliche Probleme der heutigen Zeit dargestellt, die gerade mir als Mann einmal einen spannenden Einblick in recht hart umkämpfte Branchen liefert. Die Bezeichnung Komödie wäre vollkommen nachvollziehbar gewesen, würde es sich hierbei um einen fiktiven Film mit regen Übertreibungen handeln, da es sich jedoch um eine Realtitässpiegelung handelt, wirkt diese Bezeichnung eher despektierlich.
Ein Film über einen Film
Doch hier setzt auch schon die nächste Frage an, denn es wird nicht so ganz klar, was in diesem Werk tatsächlich dokumentarisch ist. Viele Live-Aufnahmen sind tatsächlich so vorstellbar, doch fließen auch gelegentlich Momente ein, die doch sehr geschauspielert und gekünstelt wirken. Abgesehen davon ist die Idee hinter der Produktion recht spannend: Einen Film zu drehen, der als Inhalt den eigenen Filmdreh hat. Damit wird recht erfolgreich die Wahrnehmung zwischen Realität und Fiktion für den Zuschauer verzerrt und es bleibt die Möglichkeit künstlerische Freiheiten in ein sonst recht ernstes Thema einzuflechten.
Musikalisch und visuell solide, liegt doch eher der Fokus auf den Darstellern und den Dialogen. Der Film ist zweisprachig gedreht, wobei als wesentliche Sprache das Englische gesetzt wird und deutsche Passagen englisch untertitelt werden. Die vier Hauptdarstellerinnen machen ihre Arbeit recht gut und schaffen es damit die unmöglichen Umgangsformen im medialen Bereich bestens wiederzugeben. Besonders gefallen hat dabei Lida Freudenreich, die auch körperliche Veränderungen für den Film eingegangen ist. Hierbei sei gesagt, dass nicht so recht klar wird, ob diese einer guten Maskenarbeit entsprechen oder eben tatsächlich dokumentarisch festgehalten wurden und in der Folge in den Film geschnitten sind.
Nicht so häufig ist es notwendig einen Satz zum Filmposter zu verlieren, doch hier ist dies schon recht wichtig. Dieses Bild zeigt mit einem sehr schlichten Design eine Vielzahl von angesprochenen Problematiken. Eine gesichtslose Frau, vermutlich vollständig nackt, hat an der Stelle wo sich eigentlich die Nase befindet einen Video-Ladekreis. Die Symbole sprechen wohl recht eindeutig für sich als Kritik an dem austauschbaren Bild der Frauen in der medialen Zeit.
Gute Ansätze doch durchaus ausbaufähig
Leider ist das Ende nicht wirklich gelungen, denn plötzlich befinden sich alle Figuren in einer annehmbaren Position, über die gesagt werden kann, dass die gewünschten Ziele erreicht wurden sind. Warum also bei einem solch kritischen Film dann ein „Happy End“? Wiederum kommt die Frage auf, ob dies für den Film inszeniert wurde und auf tatsächlichen Ereignissen beruht. Wäre es nicht ein viel aussagekräftigeres Statement gewesen das Versagen von mindestens einer Protagonistin zu zeigen, anstatt die Aussage zu treffen, dass am Ende dann doch immer alles gut wird?
Für ein Erstlingswerk in dieser Form ist ALL I NEVER WANTED ein absolut respektierlicher Film. Doch gibt es noch viel zu tun an der tatsächlichen Aussagekraft der Regisseurinnen. Viele könnten sich mit dem Werk etwas schwer tun, da es einfach Themen gibt, die die Meisten wohl recht ungern zu sehen bekommen wollen. Interessierte junge Damen an den ausgeübten Berufen, sind wohl eher weniger daran interessiert, sich ein Werk zu Gemüte führen, in dem immer wieder herbe Rückschläge in der Karriereentwicklung im Fokus stehen. Ein Blick hinein lohnt sich jedoch auf jeden Fall, auch wenn der Wunsch für eine genauere Aussagelinie für weitere Werke der beiden Regisseurinnen bestehen bleibt.