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Jetzt auf Amazon kaufen Originaltitel: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl
Kinostart: 25.12.2019

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Länge: ca. 119 Minuten
Produktionsland: Deutschland
Regie: Caroline Link
Schauspieler:  Riva Krymalowski | Oliver Masucci | Carla Juri
Genre: Drama
Verleih: Warner Bros. GmbH

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

© 2019 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved. TM & © DC Comics

Als Berlinerin geboren, zwangsweise als Engländerin gestorben. Das beschreibt in Kürze den Lebensweg von Judith Kerr, die am 22. Mai 2019 in London verstarb. Doch warum erzähl ich euch dies? Weil sie die Urheberin des Buches „Als Hitler das Rosa Kaninchen stahl“ ist und viel mehr noch auch die Hauptfigur dieses Werks ist. Denn dies ist eine biografische Erzählung ihrer Jugenderlebnisse.

Ein Drama in drei Akten

Der zugehörige Roman erschien im Jahr 1971 und wurde drei Jahre später mit dem deutschen Jugendliteraturpreis als „herausragendes Kinderbuch“ ausgezeichnet. Als Auftakt einer Trilogie erzählt dieses Werk im Wesentlichen über die Jahre 1933-1935. Es folgen die beiden Werke „Warten bis der Frieden kommt“ und „Eine Art Familientreffen“, bei denen bisher noch nicht bekannt ist, ob sie auch als cineastische Fortsetzungen verarbeitet werden.

1978 gab es schon einmal eine Verfilmung von ALS HITLER DAS ROSA KANINCHEN STAHL, welche vom WDR produziert wurde. Dessen Ausstrahlung fand ebenfalls am 25. Dezember des selben Jahres erstmalig statt und spielte inhaltlich häufig an den entsprechenden historischen Originalschauplätzen.

Erzählt wird die Geschichte der kleinen Anna (im Original Judith Kerr, gespielt von Riva Krymalowski), die im Alter von neun Jahren von heute auf morgen aus ihren alltäglichen Leben gerissen wird. Sie versteht die Welt nicht mehr, als ihr schwer kranker Vater einige Tage zuvor plötzlich abreisen muss, weil er mit seinen Schriften, die nicht gerade freundlich gegenüber Hitler formuliert sind, sich viele Feinde gemacht hat und die anstehende Wahl ihn in große Schwierigkeiten bringen könnte. Die Familie verlässt also zwangsweise ihr recht wohlhabendes Leben in Berlin und flieht in die Schweiz, wo vor allem die Kinder große Probleme haben sich zu integrieren und zudem unter stetig sinkenden Wohlstand zu leiden haben.

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Trübselig und schwunglos

Wie ihr schon vor Veröffentlichung dieser Kritik sehen konntet, hat es dieses Werk nicht in meinen Jahresrückblick geschafft und dies auch mit Recht. Die Erwartungen waren auf jeden Fall recht hoch, da der Trailer recht vielversprechend wirkte. Doch leider konnte der Film diese Erwartungshaltung nicht einmal im Ansatz erfüllen. Durch die gesamte Geschichte zieht sich eine recht unangenehme, trübselige Stimmung, die nicht nur den ganzen Charme des Films herunterzieht, sondern auch die Gemüter der Zuschauer. Dagegen wirkt einzig und allein die stimmungshebende Musik.

Wie es aussieht hatten alle berühmten Persönlichkeiten eine sehr schwere Kindheit. Ich befürchte aus uns kann nichts werden.

Selbstverständlich gibt die Geschichte keine lustvolle, unterhaltsame Story her, doch hätte man auch diese etwas schwungvoller und mit mehr Detailverliebtheit gestalten können. Ein großes Manko sind vor allem die vielen recht statischen und steifen Auftritte der Darsteller. Scheinbar agieren diese sehr strikt nach Drehbuch, ohne ihre persönliche Note in die Figuren zu legen.

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

© 2019 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved. TM & © DC Comics

Glücklicherweise schlägt sich dieses Problem nur ansatzweise auf die angestrebten Emotionsregungen beim Zuschauer wieder, denn die ständige Verwirrung und Ungewissheit der Zukunft, welche vor allem die Kinder durchleben müssen, macht sich auch im Zuschauer zunehmend breit. Während die Abschiede stets emotional sind, werden Neuanfänge immer wieder zu schwierigen Herausforderungen. Dennoch wirkt auch dies etwas erzwungen und aufgesetzt.

Eine Familie vor dem Ruin

Worin zeichnet sich dieser Film also aus? Vor allem in einer recht spannenden zweiten Filmhälfte, in der der Zerfall einer Familie in einem schleichenden Prozess beobachtet werden konnte. Der Entwicklungsprozess vom Wohlstand und Zusammenhalt zu Armut und Einsamkeit ist wirklich interessant gemacht, leider jedoch nicht ausgereift ausgearbeitet und dargestellt. Zwar werden wichtige Aspekte der Armut angesprochen, jedoch nicht schlüssig und damit unglaubwürdig aufgearbeitet.

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

© 2019 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved. TM & © DC Comics

Dazu kommt, dass das Werk zwei stilistische Probleme aufweist, die bewusst so gewollt sein können, um einen bestimmten Effekt zu erzeugen, oder auch einfach einer Schusseligkeit unterliegen. Zum einen gibt es mehrere Passagen, die in der Schweiz spielen und in denen die Figuren Schwyzerdütsch sprechen, doch leider zumeist ohne Untertitelung. Dies mag den Sinn haben, dem Zuschauer die Verständnisprobleme der Protagonisten zu verdeutlichen und näher zu bringen. Andernfalls sin die gesprochenen Sätze nämlich nur schwer zu erahnen.

Ergänzend wurde dem Zuschauer kein Gefühl für Zeit vermittelt. Während der Film wirkt, als würde er binnen eines Zeitraums von gut 10 Jahren spielen, sind es in Wahrheit doch gerade einmal zwei. Hier jedoch ist keine logische Schlussfolgerung für eine sinnvolle Intention des Produktionsteam erkennbar.

Zu guter Letzt ist ALS HITLER DAS ROSA KANINCHEN STAHL noch voller Klischees, die alle andauernd bestätigt werden und ihn daher sehr unsympathisch zu gucken machen.

Schauspieler:in Rolle
Riva Krymalowski Anna Kemper
Marinus Hohmann Max Kemper
Carla Juri Dorothea Kemper
Oliver Masucci Arthur Kemper
Justus von Dohnányi Onkel Julius
Ursula Werner Heimpi
Rahel Hubacher Mutter Zwirn
Peter Bantli Vater Zwirn
Hannah Kampichler Vreneli Zwirn
Meisser Noah Franz Zwirn
Held Alina Trudi Zwirn
Risch Flurin Alexander Reto
Knight Emma Rösli
Anne Bennent Madame Prune