Im Jahr 2011 ist eine Romanreihe in die Buchhandlungen gekommen, die einen Hype ausgelöst hat. “Shades of Grey” von Autorin E.L. James hat als Twilight-Fanfiction begonnen und wurde auf Blogs veröffentlicht. Nachdem immer mehr Fans die erotischen Geschichten über Bella und Edward gelesen haben, wurde eine eigene Geschichte daraus gemacht. Über drei Romane wurde die Geschichte um Anastasia Steele und Christian Grey gesponnen und schließlich im Jahr 2015 mit Dakota Johnson und Jamie Dornan in den Hauptrollen verfilmt. Ebenfalls im Jahr 2011 herausgekommen ist der Roman BEAUTIFUL DISASTER, der in eine ähnliche Kerbe schlägt. Ein Badboy, erotische Spannung, eine schüchterne Frau. Inszeniert wurde der Film dabei von Roger Kumble, dem Regisseur, der 1999 EISKALTE ENGEL in die Kinos gebracht hat. Nachdem der Regisseur sich in den folgenden Jahren immer wieder an erotischen Romanzen ausprobiert hat, ist BEAUTIFUL DISASTER der erneute Versuch, zu alter Größe zu gelangen.
Darum geht es…
Abby (Virginia Gardner) verschwindet von zuhause. Sie wurde von ihrem Vater in Las Vegas großgezogen und wurde schon im Kindesalter mit Glücksspielen wie Poker konfrontiert. Sie möchte aber auf eigenen Beinen stehen und verlässt deswegen ihren Vater in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, um ans College zu gehen. Schnell findet sie Freunde und wird von ihrer Mitbewohnerin America (Libe Barer) zu einer Veranstaltung mitgenommen. In einer verlassenen Lagerhalle tragen männliche Studierende Kämpfe aus, und dem Gewinner blüht ein Preisgeld. Die tollpatschige Abby will gerade umdrehen, als sie bemerkt, wo sie gelandet ist, und läuft dabei in die Arme des Kämpfers Travis (Dylan Sprouse). Ihre Blicke treffen sich, und es liegt eine Spannung in der Luft. Immer wieder begegnen sich die beiden zufällig und entwickeln eine Faszination füreinander. Als Abby eine Wette gegen Travis verliert, muss sie widerwillig für einen Monat bei ihm einziehen und schaut hinter die harte Fassade des Kämpfers.
Rezension:
Das, was ihr gerade gelesen habt, ist tatsächlich die Handlung von BEAUTIFUL DISASTER. Die Inhaltsangabe kratzt allerdings nur an der absurden Oberfläche dieses seltsamen Films. Im Verlauf der Handlung kommt noch ein weiterer Mann ins Spiel, der ebenfalls seine Augen auf Abby geworfen hat. Die Mafia spielt eine Rolle und insgesamt ist die Geschichte unglaublich chaotisch. Der Film hat eine Laufzeit von knapp anderthalb Stunden und fühlt sich unerträglich lang an, da immer wieder neue Fässer aufgemacht werden. Nach 60 Minuten geht es beispielsweise zurück nach Las Vegas, und es wird aus dem Nichts eine Krimi-Handlung eröffnet. Insgesamt ist die ganze Geschichte von BEAUTIFUL DISASTER unnötig kompliziert. Selbstverständlich läuft alles darauf hinaus, dass sich Abby und Travis ineinander verlieben (sorry für den Spoiler). Der Weg dahin ist jedoch steinig. Immer wieder kommt es zu Missverständnissen zwischen den beiden Figuren, wodurch Konflikte etabliert wird. Dieses Konfliktpotenzial könnte aber einfach umgangen werden, wenn die beiden wie normale Menschen kommunizieren würden.
Da hilft es nicht, dass Virginia Gardner und Dylan Sprouse keinerlei Chemie miteinander haben. Gardner schafft es gerade noch ihrer Figur etwas Sympathie einzuflößen. Dylan Sprouse gelingt es allerdings zu keiner Zeit Travis mit Leben zu füllen. Besonders bemerkbar wird es, wenn man sieht, wie häufig der Darsteller auf übertriebene Mimik und Gestik zurückgreift. Als er die Wette gegen Abby gewinnt und sie bei ihm wohnen muss, mimt er einen Affen, was sehr unangenehm anzusehen ist. Wenn die Darsteller*innen uns nicht gerade durch Übertreibungen an ihrem Seelenleben teilhaben lassen, wird auf übertriebene Musik gesetzt, die uns in ihrem Text genau erklärt, wie sich die Figur gerade fühlt. Es wird den Zuschauer*innen keinerlei Interpretationsspielraum gelassen. Man bemerkt sehr schnell, dass Regisseur Roger Kumble das Comedy-Handwerk nicht beherrscht und BEAUTIFUL DISASTER so zu einem Film voller Witze wird, die unsere niedrigsten Instinkte bedienen (zum Beispiel ein Frisbee in die Genitalien eines Mannes, hihi).
Ein Film ohne Zielgruppe?
Immer wieder fragt man sich bei BEAUTIFUL DISASTER, was man sich da gerade ansieht. Ein Film voller Logiklöcher, voller seltsamer Entscheidungen und vollkommen fehlbesetzter Darsteller*innen. Wir schauen uns 30-Jährige an, die College-Kids darstellen. Sie sind also alle knapp 12 Jahre zu alt. Würden die Schauspieler*innen dann wenigstens noch jung aussehen, könnte man es ja verkraften, aber teilweise fragt man sich, ob es sich bei den Personen nun um Lehrer*innen oder Studierende handelt. Zudem fragt man sich, wer die Zielgruppe des Films sein soll. Es handelt sich um die Verfilmung eines Buches, das nun ebenfalls 12 Jahre auf dem Buckel hat. Somit sind auch viele Referenzen vollkommen aus der Zeit gefallen. Niemand spricht heute mehr über Poker, und auf dem College hört man auch nicht mehr Nickelback. Und diejenigen, die damals diese Bücher gelesen haben, sind dem vermutlich auch entwachsen. Zudem ist der Film, ähnlich wie SHADES OF GREY, wahnsinnig prüde. Es wird sich zwar ständig über Sex unterhalten, dem Geschlechtsverkehr an sich wird aber ein heiliger Ernst zugesprochen.
Leider bietet auch BEAUTIFUL DISASTER wieder unglaublich fragwürdige Botschaften. Bei Travis handelt es sich um einen astreinen Egozentriker, dem das Wohlergehen anderer nicht interessiert. Wenn er mit einer Frau schläft, schmeißt er danach einfach ihre Handynummer weg. Auch wenn der Film es nicht explizit ausformuliert, wird er hier doch zu einem Täter, der Frauen für Sex ausnutzt und sie danach fallen lässt. Auch der Grund, warum sich Abby in ihn verliebt, ist vollkommen aus der Zeit gefallen. Travis ist muskulös, tätowiert und verprügelt in seiner Freizeit andere Typen für Geld. Als sie ihn sieht, verfällt sie ihm sofort, auch wenn er offensichtlich ein gewalttätiger Schläger ist, dem es in der Regel nur um Sex geht. Zwar versucht der Film immer wieder zu zeigen, dass er doch eine zarte Seele ist, dies wird aber sofort wieder umgeworfen, wenn er sich wieder mal prügelt.
Fazit:
Trotz all dieser Kritik kann man doch seinen Spaß mit BEAUTIFUL DISASTER haben, wenn man Lust auf einen furchtbaren Film hat, der sich so ernst nimmt, dass man nicht anders kann, als über die vielen Logiklöcher und die seltsamen Entscheidungen in der Handlung zu lachen. Wenn man hier aber eine unterhaltsame Komödie mit einer berührenden Liebesgeschichte erhofft, sollte man einen großen Bogen um diesen Film machen. Die Romanze ist unnötig kompliziert, die Figuren sind nicht nachvollziehbar und die Botschaft des Films ist problematisch. Der Film ist weniger BEAUTIFUL, als ein absolutes DISASTER.
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Originaltitel | Beautiful Disaster |
Kinostart | 4.4.2023 |
Länge: | 96 minuten |
Produktionsland | United States of America |
Genre: | Liebesfilm | Drama | Komödie |
Regie | Roger Kumble |
Executive Producer | Nicolas Chartier | Lucas Jarach | Jamie McGuire |
Producer | Mark Clayman | Taylor Conrod | Donald De Line | Jonathan Deckter | Roger Kumble | Brian Pitt | David Shojai |
Kamera | Joshua Reis |
Visual Effects | Ben Burrell |
Cast | Dylan Sprouse, Virginia Gardner, Austin North, Libe Barer, Rob Estes, Brian Austin Green, Autumn Reeser, Samuel Larsen, Manal El-Feitury, Jack Hesketh, Micky Dartford, Neil Bishop, Trevor Van Uden, Declan Michael Laird, Michael Cudlitz, Dessy Slavova, Akshay Kumar, Tihomir Vinchev, Owen Davis, Euan Macnaughton |
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