Review Fakten + Credits


Darum geht es
Eingesperrt in einem Käfig, wird eine Frau in der Wüste zum Sterben ausgesetzt. Ihr Überlebenswille lässt sie das Gefängnis überwinden und eine Reise durch eine dystopische Welt antreten …

Rezension

Nuschelnd verständigen sich Menschen unter Gasmasken. Heulend steht eine Frau mit einem Messer bewaffnet in einer Schlucht. Warnend ziehen Schreie durch den Wald. Fernab von Dialogen betritt Rolf de Heer mit seiner namenlosen Protagonistin, umschrieben als BlackWoman, eine unheilvolle Welt. Sein zu Pandemiezeiten realisierter Film DAS ÜBERLEBEN DER FREUNDLICHKEIT schildert ihre eigenartige Exkursion. Gesprochen wird dabei so gut wie nie. Und wenn, dann sind die fremdsprachigen Wortwechsel nicht untertitelt oder ganz und gar unverständlich. Ebenso verloren und fragend wie das Publikum blicken sich die Charaktere an, dann lächeln sie. Die Welt, in der sie leben, ist sowieso nur schwer zu begreifen.

Das Überleben der Freundlichkeit Filmstill

Das Überleben der Freundlichkeit ©2023 Triptych Pictures

Schweigsam durchstreift die Protagonistin in anderthalb Stunden eine trostlose, rätselhafte Welt, die sich ihr und auch dem Publikum nur zögerlich öffnet. Das durch verschiedene Stationen der Hauptfigur angestoßene Worldbuilding liefert Impressionen, die sich nie zu einem gründlichen Einblick in die gezeigte Welt und Gesellschaft zusammensetzen. Ruhigen Schrittes passiert BlackWoman Schluchten, Geisterstädte, Wälder, in denen sich eine durch Seuchen und Machtkämpfe postapokalyptische Zukunft abzeichnet, insbesondere für Menschen, die schon in Vergangenheit Unterworfene eines rassistischen Systems gewesen waren. Der Feind, ist es einmal nicht die Dürre oder die Seuche, die die Figuren heimsucht, ist stets vermummt. Durch Aussehen, Kommunikation und Handeln entmenschlicht und einseitig. Nur vage lassen sich die Überreste gesellschaftlicher Strukturen erkennen, während Hintergrunddetails zu Ort, Zeit und Genese der Geschehnisse auf das Minimalste beschränkt sind.

So wie jede andere Bekanntschaft auch, die die Hauptfigur während ihres dystopischen Road-Trips macht. Gerade genug Informationen, um den nächsten Schritt der Protagonistin zumindest im Ansatz nachvollziehen zu können, gibt der Film vorweg. Lose streuen sich Symbole und Figuren in die weiten Bilder von Maxx Corkindale ein, die die Reise der Frau von der in Hitze schweigenden Wüste bis zur haushohen, lärmenden Maschinerie begleiten. Beunruhigende Orientierung bieten da wiederkehrende Elemente wie ein Paar Schuhe, Detailaufnahmen von Ameisenkämpfen und die allerorts anzutreffende Grausamkeit, die wirksam in die eindrücklichen Naturaufnahmen kriecht.

Das Überleben der Freundlichkeit Filmstill

Das Überleben der Freundlichkeit ©2023 Triptych Pictures

DAS ÜBERLEBEN DER FREUNDLICHKEIT beißt sich, diverse Genre vermengend, durch Survival-, Rache- und postapokalyptisches Drama. Oder viel mehr Variationen davon, die Erwartungshaltungen vor den Kopf stoßen und von einer überzeugende Lead-Performance von Mwajemi Hussein zusammengehalten werden. Wo sich theatereske und allegorische Elemente holprig in die in ihrer Simplizität auch nicht reizlos dargestellten Welt integrieren, ist ihr Schauspiel eine essentielle Zugangsmöglichkeit zu einer schwer nahbaren Geschichte. In aller Grausamkeit sind die kurzen Interaktionen und Kommunikationsversuche von ihr und den ebenso kryptisch benannten Nebenfiguren – SickMan, BrownGirl, BrownBoy – schleichend, aber wirkungsvoll.

Fazit

Schweigsame Odyssee durch eine grausame, aber nur äußert vage ausgebaute Welt. Rolf de Heers DAS ÜBERLEBEN DER FREUNDLICHKEIT ist ein aus dystopischen Impressionen und Genreversatzstücken zusammengesetztes Spielfilmdrama: geduldig erzählt und mit tragender Hauptdarstellerin.

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