Der Soldat Franz Streitberger (Simon Morzé) dient im österreichischen Heer als Motoradkurier, wodurch er später auch als Wehrmachtssoldat und somit im zweiten Weltkrieg tätig ist. Durch die Tatsache, dass sein Vater Josef (Karl Markovics) ihn als kleinen Jungen weggegeben hat, damit Franz nicht verhungert, ist Franz introvertiert und findet nur sehr schlecht Anschluss an der eigenen Truppe. Durch das Mobbing der Kameraden rennt er eines Tages in den französischen Wald und entdeckt durch Zufall ein verwundetes Fuchswelpe, das bei seiner verstorbenen Mutter ausharrt. Kurzerhand entschließt sich Franz Streitberger dazu das Fuchswelpe mitzunehmen und sich um dieses wie um das eigene Kind zu kümmern.
Review
Mit DER FUCHS versucht der Regisseur Adrian Goiginger die besondere Geschichte seines Urgroßvaters zu erzählen, in der dieser eine innige Freundschaft mit einem Fuchs hatte. Dabei versucht Adrian Goiginger nicht, die Taten des dritten Reichs im zweiten Weltkrieg zu verharmlosen oder schön zu reden und liefert dem Publikum gleichzeitig eine Art Roadmovie, in dem der Fokus trotzdem auf dem Protagonisten, seine emotionale Zerrissenheit und seine besondere Bindung zum Fuchs liegt.
Untertitel empfohlen
Da Simon Morzé und die meisten seiner Mitstreiter aus Österreich kommen, setzt DER FUCHS auf österreichischen Dialekt. Das gibt dem Film einen gewissen lebendigen Charme, kann für das Publikum teils aber auch anstrengend sein. Einiges kann sich zwar durch den Kontext hergeleitet werden, aber für den Großteil der österreichischen Passagen ist es hilfreich, dass Untertitel existieren. Gerade wenn hitzige und schnelle Wortgefechte zwischen Simon Morzé und seinen Kameraden entstehen, sind diese Untertitel der rettende Anker für die Zuschauenden. Der Dialekt ist zwar authentisch, sorgt aber dafür, dass Landschaftsaufnahmen und Gesichtsauszüge der Darstellenden verpasst werden.
Gerade im ersten Akt, wenn das Geschehen aus der Perspektive von Streitberger als Kind (Maximilian Reinwalt) spielt, sind die Gespräche sehr eigen und erinnern fast schon an die Art deutschsprachigen Film, die unbedingt wie eine Arthouse-Produktion wirken will. Dabei verstecken sich interessante Dialoge, die sich unter anderem mit dem Tod beschäftigen. Jedoch ist der Dialekt erneut ein Faktor, der es erschwert, den Dialogen zu folgen, da die Augen der Rezipienten wie gebannt an den Untertiteln kleben müssen.
Ein Fuchs als Hauptdarsteller
Wenn Simon Morzé den verwundeten Fuchswelpen findet, schließt nicht nur er, sondern auch das Publikum das kleine Tier ins Herz. Es muss an das Animatorenteam von DER FUCHS ein großes Lob ausgesprochen werden, denn der Fuchs ist kein CGI und es ist zu merken, dass zwischen diesem und Simon Morzé ein echtes emotionales Band besteht, das sich sofort positiv auf den Film auswirkt. Wenn die Beiden miteinander spielen, kuscheln oder die Landschaft beobachten, werden die Zuschauenden emotional und können, genauso wie der Protagonist das Kriegsgeschehen für einen kurzen Augenblick vergessen.
Dabei ist der Fuchs für das Publikum ein emotionaler Anker und bestimmt die emotionale Fallhöhe. Zwar ist auch das Schicksal von Simon Morzé interessant und er kann trotz Dienst für die Wehrmacht von uns ins Herz geschlossen werden, aber es ist der Fuchs, der sowohl bei Streitberger als auch bei den Zuschauenden Emotionen hervorlockt. Er ist es, um den das Publikum am meisten bangt. Es ist faszinierend, dass ein Tier nicht nur einer der Hauptdarsteller, sondern fast schon der entscheidende Hauptdarsteller ist. Auch wenn diese Leistung leider nicht mit einem Oscar gewürdigt werden kann.
Ein moralisches Dilemma
Durch die Familiengeschichte von Simon Morzé und seine damit verbundene Ausgrenzung sowie Isolation gerät das Publikum in ein moralisches Dilemma. Einerseits gewinnt dieses Mitgefühl für ihn und kann auch nachvollziehen, dass er in Hoffnung einer neuen Familie zum Heer geht, andererseits dient er ab einem gewissen Punkt Nazideutschland und macht dies laut Aussage von DER FUCHS freiwillig, auch wenn er wohl nur als Motorradkurier gearbeitet haben soll.
Gleichzeitig kümmert er sich liebevoll um den Fuchs und behandelt ihn wie ein eigenes Kind. Menschen, die selbst Haustiere haben, sind von seiner rücksichtsvollen Art gerührt, vor allem da Simon Morzé den Fuchs teils sogar über Anordnungen des Naziregimes stellt und sich damit von seinen Vorgesetzten Ärger einhandelt. Es scheint fast so, als ob der Fuchs Streitberger zu einem besseren Menschen werden lässt, da dieser dank dem Begleiter auf vier Pfoten anfängt, sein Leben zu reflektieren.
DER FUCHS gibt den Zuschauenden trotz der Tatsache, dass der Urenkel des echten Franz Streitberger den Film gedreht hat, nicht das Gefühl, als ob irgendwas beschönigt werden soll. Die Ideologie von dem Protagonisten wird zwar nie behandelt, aber es ist zu erkennen, dass er mit der Vorgehensweise der Wehrmacht nicht d’accord ist. Gleichzeitig kann vereinzelt ein Blick auf Kriegsgebiete erhascht werden, die von der Brutalität der Schlachten gezeichnet sind. Das lässt die Rezipienten schlucken, da die Bilder erschreckend aus der sonst ruhigen Atmosphäre herausreißen.
Enttäuschungen und Easter-Eggs
Das Setdesign der Kriegsgebiete ist jedoch die größte Schwäche von DER FUCHS. Diese Sets sehen teilweise zu clean aus und wollen nicht ganz in die Landschaft passen. Zerstörte Panzer, Karawanen und weiteres sehen zu platziert aus, während die Natur, umliegende Wiesen und Wälder zu verschont wirken. Das ist nichts, was den Film ungenießbar macht, jedoch ist es schade, dass hierbei nicht drauf geachtet wurde, da DER FUCHS sonst detailverliebt ist.
Ein weiteres schönes Detail ist das Bild an sich. DER FUCHS inszeniert sich im Design als ein Frame aus einem Analogfilm und hat somit die markant abgerundeten Ecken und ein Seitenverhältnis von 4:3. Es ist ein kleines Detail, das sich nicht aufdrängt. Es ist dezent versteckt und bleibt somit ein nettes Easter-Egg das zwar nichts zum Film beiträgt, aber seinen Charme hat.
Der Teufel im Detail
Das Erzähltempo von DER FUCHS ist eher langsam und ruhig gehalten. Der Film will keine hektischen Schlachten präsentieren, sondern fokussiert sich bis auf vereinzelte Ausnahmen ausschließlich auf die Beziehung zwischen Simon Morzé und dem Fuchs. Jedoch kommt es in dem Film zu mehreren Zeitsprüngen, die zwar vereinzelt durch eine Jahreszahl gekennzeichnet werden, jedoch sind die Sprünge teils so eminent, dass sich kurzfristig Verwirrung bei dem Publikum bemerkbar macht.
Fazit
DER FUCHS punktet mit der Beziehung zwischen Protagonisten sowie Fuchs und weiß es, diese Stärke zu nutzen. Der Film erzeugt mit dem Duo echte Emotionen bei dem Publikum, ohne dass auf die Tränendrüse gedrückt wird. Wenn Tränen fließen, sind diese ehrlich. Jedoch sorgen Erzählstruktur und das teils erkennbare Setdesign für kurzfristige Verwirrung sowie Enttäuschung. Keine Schwächen, die den Film schlecht machen, aber auffallen. Und doch ist DER FUCHS eben durch die ehrlichen Emotionen und die schönen Landschaftsaufnahmen eine klare Empfehlung.
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Originaltitel | Der Fuchs |
Kinostart | 13.4.2023 |
Länge: | 122 minuten |
Produktionsland | Austria |
Genre: | Historie | Drama | Kriegsfilm |
Regie | Adrian Goiginger |
Producer | Peter Wildling | Thomas Pridnig | Gerrit Klein | Hana Geißendörfer | Peter Wirthensohn | Adrian Goiginger | Malte Can | Martin Pfeil |
Kamera | Paul Sprinz | Yoshi Heimrath |
Musik | Arash Safaian |
Cast | Simon Morzé, Karl Markovics, Pit Bukowski, Karola Niederhuber, Marko Kerezovic, Joseph Stoisits, Maximilian Echtinger, Joshua Bader, Stan Steinbichler, Alexander Beyer, Cornelius Obonya, Alduin Gazquez, Jannik Görger, Adriane Gradziel |
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