gesehen im Rahmen der 58. Internationalen Hofer Filmtage
Mit dem 03. November 2024 schließen auch die Online-Pforten der diesjährigen Hofer Filmtage. Eintauchen konnte man während dieser nicht nur in zahlreiche Filme und Dokumentationen in Spielfilmlänge, sondern auch in über 50 fiktive und dokumentarische Kurzfilme. Drei davon haben wir euch hier gesammelt.
Alles Gute, Ben
Eigentlich hätten drei Süßigkeiten alles sein müssen, was den jungen Ben um diese Zeit, an diesem Ort, einem gewöhnlichen REWE um die Ecke, beschäftigen sollte. Dass es nicht so ist, liegt im Kurzfilm BENS GEBURTSTAG an einer vermeintlichen Kleinigkeit. Sein Vater stößt mit dem Einkaufswagen an den eines anderen Mannes, der aufgebrachte Kunde äußert sich rassistisch. Und seien es auch nur wenige Augenblicke eines Tages, die Ben von einer Regalreihe des Supermarktes aus beobachtet, es wird zum einschneidenden Erlebnis.
Auf Augenhöhe inszeniert Robert Decani in dem seinem Vater gewidmeten Kurzfilm die Perspektive des Jungen, der durch die Anfeindung gegen seinen Vater förmlich aus der Welt gerissen wird. Die unbekümmerte Sicht des Jungen bröckelt, Unwohlsein breitet sich in den kühlen, authentisch gefilmten Aufnahmen aus, in denen Bens gelbleuchtendes Trikot hervorscheint. Auf dem Parkplatz hört Ben durch die geschlossenen Fensterscheiben des Autos ein weiteres Gespräch. Die Worte unklar, die Stimme seines Vaters aufgebracht. Als dieser zurückkommt, zeigt Ben seine erbeuteten Süßigkeiten. Sein Vater lächelt. Ein Lächeln, das wehtut.
Von der Freiheit zu fliegen und zu tanzen
Es klingelt. Ein Anruf. Das Diplom ihres Vaters kann nicht angenommen werden, aber eine Stelle als Reinigungskraft ist verfügbar. Die junge Adina (Tanaz Molaei) vermittelt, spricht Deutsch, übersetzt für ihren Vater, der ihr erwartungsvoll gegenüber sitzt. Es ist eines von einigen kleinen Alltagsbeispielen, die Rabeah Rahimi in VOGEL, FLIEG zu einem leisen Charakterdrama zusammensetzt. Einem in dem sich die Perspektive eines jungen Mädchens, das ihre Mutter in Afghanistan verloren hat, behutsam skizziert.
Viel Raum zur Entfaltung der vielschichtigen Konflikte, die sich um Diskriminierung, häusliche Gewalt und frühe Emanzipation drehen, ist innerhalb der 20 Minuten kaum möglich. Am dichtesten fügt sich das Tanzmotiv in den lebendigen, aber nicht immer tiefreichenden Film ein, weil es einerseits nicht nur das Aufbegehren des jungen Mädchens aus ihrer in vielerlei Hinsicht eingeengten Lebensrealität aufzeigt, sondern andererseits auch die Vergangenheit ihrer Mutter und den Freiheitskampf vieler afghanischer Frauen einarbeitet. Der Titel VOGEL, FLIEG umschreibt Thema und Motiv des Films sehr zutreffend. Vogel, flieg und tanze!
Pommes ohne Ketchup, bitte
Vom 10-Meter Turm springen. Fallen. Aufschlagen. Gefühle, die sich überschlagen. Einem Menschen, einem Blick verfallen. Für die Hauptfigur des Kurzfilms REIẞ DICH ZUSAMMEN (Amelie Willberg) vermischen sich aufwühlende Gedanken und Gefühle: Nicht nur, aber ganz besonders an diesem Tag im Freibad. Mit ihrer Clique und ihr. Der Bademeisterin, deren Blicke und Wege sie kreuzt und wieder kreuzt.
Einfühlsam beobachtet Malin Koch die Gefühle der zurückhaltenden Hauptfigur durch simple aber effektive Bildsprache, die sie als Außenseiterin, aber auch ihre emotionale Tiefe porträtiert. REIẞ DICH ZUSAMMEN spricht dabei seine Titelworte nicht ein einziges Mal aus, obwohl es manche Bilder sicherlich gern getan hätten. Doch der Film geht sensibler mit seinen Figuren um, nimmt sich zurück, beobachtet und weiß genau, wann Stille zwischen zwei Menschen mehr erzählt als eine Liebeserklärung im Dialog. Ein nahbar gefilmter und verdichteter, romantisch-nachdenklicher Kurzfilm – mit extra viel Ketchup.
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