gesehen im Rahmen der 59. Internationalen Hofer Filmtage

Drei Kilo Davinci, bitte – MANCHE MÖGEN’S FALSCH von Stanislaw Mucha

Im südchinesischen Dafen entstehen pro Jahr über 10 Millionen Bilder – Nachahmungen und Kopien großer Meister wie Van Gogh, Rembrandt und Munch, rund um die Uhr, in einem der größten Produktionsgebiete für Ölgemälde weltweit. Die Bilder gibt es für 30, 100, 200 Euro; im örtlichen Supermarkt auch nach Gewicht. Stanislaw Mucha taucht in das Treiben des Shenzhener Stadtteils ein, trifft auf unterschiedliche Menschen, die ihrer Kunst auch auf engstem Raum nachgehen. Und auf ein Handwerk, das auch in Zeiten von KI und scheinbar grenzen- und aufwandloser Reproduktion echte Leidenschaft birgt.

In einem Atelier mit Holzboden stehen zwei Personen, die sich einem zylindrischen Objekt zuwenden, das mit einem Gemälde des Künstlers Vincent van Gogh verziert ist. Die Person links trägt ein schwarzes T-Shirt und hält eine Farbpalette, während die Person rechts in einer gebeugten Haltung ebenfalls eine Farbpalette hält und mit einem Pinsel an dem Objekt arbeitet. Im Hintergrund sind weitere Kunstwerke und Materialien sichtbar, darunter ein großer Rahmen und ein Tisch mit verschiedenen Gegenständen.

Manche mögens falsch © 2025 Hofer Filmtage

Das gigantische Geschäft damit dient als Aufhänger; im Vordergrund aber stehen private Perspektiven und Schaffensprozesse, lockere Interviewsequenzen und rasche Lebenseinblicke in konventioneller, aber nicht staubtrockener Dokumentarfilmform. MANCHE MÖGEN’S FALSCH begegnet seinen Protagonist*innen mit großem Interesse an ihrer Arbeit und am Charakter der Künstler*innen; Fragen nach der Bedeutung eines Originals, nach dem Ursprung, nach Einzigartigkeit stellt der Film zwar in den Raum, diskutiert sie jedoch nie ausführlich. Während sich Museen (und Dieb*innen) mit den zum Verwechseln echt aussehenden Werken brüsten, tut es die kurzweilige Doku derweil mit einer Handvoll hingebungsvoller und eigenwilliger Geschichten.

MANCHE MÖGEN’S FALSCH ist ab dem 6.11.2025 in den deutschen Kinos zu sehen.

„Was ist, wenn sie bald besser als die Männer spielen?“ – KICKOFF von Roser Corella und Stefano Obinos

Bis tatsächlich das erste Mal der Ball rollt, vergeht in Roser Corellas und Stefano Obinos Dokumentation fast eine halbe Stunde. Doch schon zuvor kreisen die meisten Einblicke in den Alltag, die Arbeit, das gemeinsame Essen der Frauen nur um ein Thema: Fußball. Geredet wird dabei nicht etwa über Ergebnisse oder bekannte Fußballer*innen, sondern über die eigene sportliche Aktivität, die Positionen, das Training, anstehende Turniere. Bis nach fünfundzwanzig Minuten aus unkommentierten Beobachtungen die Freude beim Spielen selbst spricht. Ohne Interviewsequenzen, wohl aber in auf das Thema zugeschnittenen Einblicken, porträtieren Roser Corella und Stefano Obino das Leben einer Handvoll kirgisischer Frauen, die sich konservativen Traditionen entgegenstellen, sich die niedrigschwellige Sportart aneignen und ein Frauenfußballturnier organisieren.

Mehrere Personen sitzen nebeneinander auf dem Boden und lachen. Sie tragen bunte Kopftücher und langärmlige Kleidung. Im Hintergrund ist ein Zaun zu sehen.

Kickoff © 2025 Hofer Filmtage

Wirklich nah an ihre Protagonistinnen tritt die unauffällig inszenierte Dokumentation dabei nie heran; eher schaut sie von der Tribüne auf das Spiel, lauscht bei Teambesprechungen (beim Essen, beim Arbeiten) und beobachtet mit unaufgeregtem Blick die Vorbereitungen auf Training und Spiel sowie nüchterne Alltagsausschnitte. Die Porträts einzelner Figuren wie der Aktivistin Gazi bleiben skizzenhaft, die patriarchalen Strukturen allgegenwärtig. Nur unterschwellig stellt die Doku Fragen danach, wie groß und nachhaltig das Auflehnen gegen Unterdrückung, die Emanzipation der lebhaften Protagonistinnen wirklich ist. Jene ist im Prozess wie die Spielpraxis des bunt gemischten Teams. Der Anstoß jedenfalls ist am Ende von KICKOFF in mehrerlei Hinsicht erfolgt. Nicht immer präzise, aber ungekünstelt, ansteckend.