Originaltitel: Eine Handvoll Wasser
Kinostart: 11.11.2021
Länge: ca. 94 Minuten
Produktionsland: Deutschland
Regie: Jakob Zapf
Schauspielende: Jürgen Prochnow | Milena Pribak | Anja Schiffel
Genre: Drama
Verleih: jip film & verleih
EINE HANDVOLL WASSER ist nicht nur für Regisseur Jakob Zapf ein Debüt, sondern auch für die Kinderschauspielerin Milena Pribak. Den beiden gegenüber steht der äußerst erfahrene Jürgen Prochnow, der mit seinen 80 Lebensjahren immer noch erstaunlich fit und agil rüberkommt und mit Filmerfahrung aus über 100 Produktionen auftritt. Unter anderem kennen wir den Schauspieler aus DAS BOOT, DER WÜSTENPLANET sowie zuletzt EIN VERBORGENES LEBEN und KUNDSCHAFTER DES FRIEDENS. Wie so häufig beschäftigt sich der Film mit der Flüchtlings-Thematik. Regisseur Jakob Zapf versucht dabei der Frage auf den Grund zu gehen, warum Flucht und Vertreibung noch immer so behandelt werden, als wären es völlig neue Problematiken.
Darum geht es…
Thurba, ihre Geschwister und ihre Mutter sind illegal in Deutschland und sind deshalb stets bedacht nicht aufzufallen und sich zu verstecken. Als eines Tages jedoch die Polizei vor der Tür steht, muss die Familie schnell handeln. Thurba flüchtet aus dem Fenster und verschwindet, während ihre Familie zurückbleibt. Allen ist klar, dass die Familie nicht abgeschoben werden kann, solange sie nicht komplett ist. Um sich und ihre Familie zu schützen, sucht das junge Mädchen Unterschlumpf in einem Einfamilienhaus. Doch anstatt um Hilfe zu bitten, bricht sie mitten in der Nacht dort ein. Trotz, dass der 87jährige Konrad bereits schwerhörig ist, vernimmt er Geräusche in seinem Haus und macht sich auf alles gefasst. Als er jedoch auf die kleine Thurba trifft, ist er völlig überrascht und ist mit der Situation gänzlich überfordert. Was soll er jetzt tun?
Rezension
EINE HANDVOLL WASSER entspricht dem klassischen deutschen Fernsehfilm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Man merkt schnell, wie der Film Kochrezeptartig aufgezogen wird und letztlich aus einem Potpourri, von üblichen Zutaten der heimatlichen Filmindustrie, besteht. Neben den sonst üblichen Themen, wie der zweite Weltkrieg und die DDR-Geschichte, gesellt sich seit einigen Jahren auch immer mehr die Flüchtlingsproblematik und Globalisierung in das Repertoire deutscher Drehbuchautor:innen ein.
So bekommen wir eine Story präsentiert, die relativ schlicht und unspektakulär ist und ansatzweise an Filme wie EIN BISSCHEN BLEIBEN WIR NOCH, UNTER DEN STERNEN VON PARIS und EIN MANN NAMENS OVE erinnert. Diese lebt davon, ständig auf den Gefühlsknopf zu drücken und daher mitfühlende Emotionen immer wieder durch Milena Pribak und ihr filmisches Schicksal zu erwecken. Wesentlich ist zudem der enorme Kontrast der beiden Hauptfiguren: Jugend trifft auf Alter, Mann trifft auf Frau (respektive Mädchen), Einheimischer trifft auf Flüchtling, wirtschaftlich stark trifft auf wirtschaftlich schwach. Diese sehr unterschiedlichen Lebensweisen bieten natürlich entsprechendes Konfliktpotential, welches auch regelmäßig ausgespielt wird und aus dem das Werk seinen Charme zieht. Untermalt mit überraschend gut abgestimmter Streichmusik, ergibt sich so ein Zusammenspiel, welches über weite Strecken tatsächlich sogar ganz gut anzuschauen ist.
Plätschert so dahin
Leider jedoch schleichen sich immer wieder Fehler und Ungenauigkeiten ein, die einfach nicht nötig gewesen wären und dem klassischen Bild von Regiedebüt-Problematiken entsprechen. So ist es doch etwas abstrus, dass Prochnow der jungen Pribak erst körperliches Leid zufügt, sie dann verletzt wegschicken will und nur Sekunden später sogar Essen für sie macht. Zudem sehen wir nur kurze Zeit später, wie das Duo extra eine weite Strecke fährt, um Wasser in Kanistern zu holen, um dann vier dieser Behälter mit sich zu schleppen, die nicht einmal halbvoll sind. Klar ist das mit der körperlichen Verfassung beider Protagonisten zu begründen, wirkt aber doch etwas unglücklich platziert.
Dies sind nur einige Momente, die das aufmerksame Publikum doch ziemlich verärgern können. Zudem sehen wir klassisch deutsche Interaktionen der Figuren, die doch sehr aufgesetzt und Drehbuchkonform wirken und nur wenig improvisierende Freiheit zeigen. Auch wenn sowohl Prochnow als auch Pribak eine gewisse Persönlichkeit ausstrahlen und ich ihnen daher gerne zugesehen habe, fehlt in den Darstellungen doch einfach die Power. Nicht zuletzt vermissen wir diese, weil das gesamte Pacing des Films eher schleppend erscheint und keine ernstzunehmende Dramatik erzeugt, die jedoch angesichts der eigentlichen Thematik durchaus angebracht wäre. EINE HANDVOLL WASSER kann sich letztlich einfach nicht entscheiden, ob es eine Buddygeschichte sein soll, eine Gesellschaftskrise zeigt oder einfach nur dem klassischen Prinzip des vergreisten alten Mannes folgt, welcher durch fremden Einfluss plötzlich wieder einen Sinn im Leben findet und schließlich handzahm wird.
Fazit
Liebhaber der üblichen TV-Produktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, werden hier wohl einen charmanten kleinen Film finden, der mit toller Musik und zwei netten Hauptfiguren eine unterhaltende Geschichte erzählt. Wer jedoch ein paar mehr Erwartungen an einen Kinofilm stellt, wird bitter enttäuscht werden. Weder rufen die Schauspielenden ihr gesamtes Können ab, noch kriegen wir Figuren präsentiert, die, abseits aller Oberflächlichkeiten, eine persönliche Tiefe bieten könnten. Die Story wirkt sehr zusammengewürfelt und wurde schon unzählige Male erzählt, weshalb jegliche Überraschung ausbleibt und von Beginn an, der gesamte Plot klar sein dürfte. Auch in der Bildgestaltung bekommen wir nichts Mitreißendes geboten, sondern denselben farblosen und kalten Quatsch, wie er immer im gradlinigen TV-Programm zu finden ist. Zu allem Überdruss vermiesen viele Ungenauigkeiten die Filmlaune, die sich vor allem durch Handlungen auszeichnen, die niemals jemand so tätigen würde. Somit ist dies ein Film, der keine große Beachtung benötigt und nur wenig filmischen Einfallsreichtum bietet.
Wenn der Filmtitel regelrecht in einem Dialog des Films erzwungen wird, damit er überhaupt irgendeinen Sinn ergibt, dann läuft doch schon so einiges falsch. Genau so ist es bei EINE HANDVOLL WASSER, der absolut keine sinnvolle inhaltliche Verbindung zum Titel aufbaut und auch darüber hinaus einige Schwächen im Storytelling präsentiert. Die Geschichte ist zusammengesetzt aus unzähligen bekannten Bruchstücken, die von EIN MANN NAMENS OVE bis hin zu EIN BISSCHEN BLEIBEN WIR NOCH reichen, und ist im klassischen TV-Format aufgezogen. Das heißt wir bekommen weder ein ansprechendes Bild präsentiert, noch eine tiefsinnige oder gar tiefgreifende Story. Prochnow ist zwar immer gern auf der Kinoleinwand gesehen, doch mit diesem Film kann er sein Schauspieltalent bei weitem nicht angemessen beweisen. Die Figuren sind oberflächlich und einzig und allein die Musik hat mich positiv überraschen können, denn das Streichorchester hat alles Visuelle um Meilen überragt. Liebhaber der öffentlich-rechtlichen TV-Produktionen werden hier sicherlich einen netten Film drin finden, doch Film- und Kinoenthusiasten sollten hier besser fernbleiben.
Original title: A Handful of Water
Cinema release: 11.11.2021
Length: approx. 94 minutes
Country of production: Germany
Director: Jakob Zapf
Acting: Jürgen Prochnow | Milena Pribak | Anja Schiffel
Genre: Drama
Distributor: jip film & verleih
EINE HANDVOLL WASSER is not only a debut for director Jakob Zapf, but also for child actress Milena Pribak. Opposite them is the extremely experienced Jürgen Prochnow, who still comes across as astonishingly fit and agile at the age of 80 and with film experience from over 100 productions. Among others, we know the actor from DAS BOOT, DER WÜSTENPLANET and most recently EIN VERBORGENES LEBEN and KUNDSCHAFTER DES FRIEDENS. As is so often the case, the film deals with the refugee issue. Director Jakob Zapf tries to get to the bottom of the question of why flight and expulsion are still treated as if they were completely new problems.
That’s the story about
Thurba, her siblings and her mother are in Germany illegally and are therefore always careful not to attract attention and to hide. But when one day the police arrive at the door, the family has to act quickly. Thurba flees out of the window and disappears, while her family stays behind. It is clear to everyone that the family cannot be deported until they are complete. To protect herself and her family, the young girl seeks shelter in a family home. But instead of asking for help, she breaks in there in the middle of the night. Despite the fact that 87-year-old Konrad is already hard of hearing, he hears noises in his house and braces himself for anything. But when he meets little Thurba, he is completely surprised and is totally overwhelmed by the situation. What should he do now?
Review
EINE HANDVOLL WASSER (A HANDFUL OF WATER) corresponds to the classic German television film of the public broadcaster. One quickly notices how the film is raised recipe-like and ultimately consists of a potpourri, of usual ingredients of the domestic film industry. In addition to the usual themes, such as the Second World War and the history of the GDR, the refugee problem and globalisation have increasingly joined the repertoire of German screenwriters in recent years.
Thus we are presented with a story that is relatively simple and unspectacular and somewhat reminiscent of films like EIN BISSCHEN BLEIBEN WIR NOCH, UNTER DEN STERNEN VON PARIS and EIN MAN NAMENS OVE. This one thrives on constantly hitting the emotion button and therefore awakening sympathetic emotions again and again through Milena Pribak and her cinematic fate. Also essential is the enormous contrast of the two main characters: youth meets age, man meets woman (respectively girl), local meets refugee, economically strong meets economically weak. These very different ways of life naturally offer corresponding potential for conflict, which is also regularly played out and from which the work draws its charm. Accompanied by surprisingly well-matched string music, the result is an interplay that is actually quite good to look at for long stretches.
Ripples along
Unfortunately, however, mistakes and inaccuracies creep in again and again that simply would not have been necessary and correspond to the classic image of directorial debut problems. For example, it is somewhat abstruse that Prochnow first inflicts physical harm on the young Pribak, then wants to send her away injured and only seconds later even makes food for her. Moreover, only a short time later we see the duo driving a long way to fetch water in canisters, only to drag four of these containers with them that are not even half full. Of course, this can be justified by the physical condition of both protagonists, but it does seem somewhat unfortunate.
These are just a few moments that can annoy the attentive audience. In addition, we see classic German interactions between the characters that seem very contrived and scripted and show little improvisational freedom. Even though both Prochnow and Pribak radiate a certain personality and I therefore enjoyed watching them, the performances simply lack power. Not least, we miss this because the entire pacing of the film seems rather sluggish and does not create any serious drama, which, however, would be quite appropriate given the actual subject matter. A HANDFUL OF WATER ultimately just can’t decide whether it should be a buddy story, show a social crisis or simply follow the classic principle of the senile old man who suddenly finds a meaning in life again through foreign influence and finally becomes tame.
Conclusion
Lovers of the usual TV productions of the public broadcaster will probably find this a charming little film that tells an entertaining story with great music and two nice main characters. However, those who have a few more expectations of a feature film will be bitterly disappointed. Neither do the actors show all their skills, nor are we presented with characters who, apart from all superficialities, could offer personal depth. The story seems very thrown together and has already been told countless times, which is why there is no surprise and the entire plot should be clear from the beginning. In terms of visuals, too, we are offered nothing thrilling, but the same colourless and cold nonsense that can always be found in straight TV programmes. To make matters worse, many inaccuracies spoil the film’s mood, which is mainly characterised by actions that no one would ever take. Thus, this is a film that does not need much attention and offers little cinematic ingenuity.
Schauspieler:in | Rolle |
Jürgen Prochnow | Konrad Hausnick |
Milena Pribak | Thruab Al-Sherbini |
Anja Schiffel | Ingrid Hausnick |
Pegah Ferydoni | Amal Al-Sherbini |
Regine Vergeen | Nachabrin Schulte |
Rainer Ewerrien | Herr Probst vom Amt |
Anke Sevenich | Polizistin Dix |
Julian-Nico Tzschentke | Polizist Max |
Paul Hofmann | Polizist Schwitters |
Osama Khaled | Ahmad |
Mohammed Abdullah | Qusay |
Isabel Berghout | Stewardess |
Seval Gündüz | Celia Espinosa |
Aaron Gündüz |
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