Enola Holmes 2

Vor rund zwei Jahren sollte Enola Holmes die große Leinwand erobern, doch durch die Corona-Pandemie kam es nicht dazu und das Abenteuer der neuen Holmes erschien auf Streaming-Dienst Netflix. Die Geschichte der titelgebenden pfiffigen jungen Frau, die sich nach dem Vorbild ihres bekannten älteren Bruders Sherlock Holmes als Detektivin in Ermittlungen stürzte, konnte die Zuschauer begeistern, auch wenn der Film die Kritiker spaltete. Enola Holmes erstes Filmabenteuer wurde zu einem der größten Netflix-Erfolge des Jahres 2020, und so kehrt sie jetzt mit ihrem ersten offiziellen Fall zurück.

Der erste Film adaptierte den ersten Band von Nancy Springers Romanreihe „The Enola Holmes Mysteries“. Bei der Fortsetzung diente nun das zweite Buch „Der Fall der linkshändigen Lady“ als Vorlage, wenn auch loser. Doch neben der fiktiven Kriminalgeschichte ist ENOLA HOLMES 2 von realen Begebenheiten inspiriert.

Darum geht es

Nach den Geschehnissen des ersten Films arbeitet Enola wie ihr bekannter und erfolgreicher Bruder Sherlock als Privatdetektivin. Sie ist nun erwachsen und will sich mit ihrer eigenen Detektei ihr Geld verdienen, jedoch kommen lange keine Kund*innen. Sie will ihren Laden bereits schließen, als sie doch noch angeheuert wird. Ihre Aufgabe ist es, ein verschwundenes Mädchen zu finden. Doch bei ihren Ermittlungen stößt sie auf weit mehr, als sie erwartete und eine gefährliche Verschwörung birgt ein mysteriöses Rätsel. Allein kann sie dieses jedoch nicht lösen und sie bekommt die Hilfe alter Freunde.

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Rezension

Während der erste Film zunächst recht ausführlich die Familie Holmes und die Protagonistin Enola einführte, eröffnet der zweite Teil direkt in einer schwungvollen Verfolgungsjagd zweier Polizisten, die Enola Holmes durch die Gassen von London jagen. Als sie in eine schmale Straße einbiegt, stoppt sie, blickt in die Kamera und spricht direkt den Zuschauenden an und lässt das Publikum sehr nah am Geschehen teilhaben. Während der erste Teil dieses Stilmittel noch recht häufig in die Erzählweise integrierte, macht es der zweite Film ausgewählter und subtiler. Ob ein Schulterzucken oder Augenrollen – das Durchbrechen der vierten Wand ist auch in ENOLA HOLMES 2 wieder sehr charmant gelungen.

Auch das Sequel erzählt recht flott ein lebenslustiges, farbenfrohes Abenteuer der jungen Detektivin, die einmal mehr im Schatten ihres Bruders steht. Gerade da ihr ihr erster Fall nicht zugerechnet wird, ist es schwer für sie, neben ihrem Bruder gleichwertig auftreten zu können. Eine Thematik, die bereits im ersten Abenteuer angerissen wurde, wird nun vertieft. Während sich Sherlock als Mann und geschätzter Detektiv viele Vorteile herausziehen kann, muss sich Enola als junge Frau in der männerdominierten Welt ihren Platz erkämpfen und in ihren Ermittlungen andere Wege gehen.

Enola Holmes zweites Filmabenteuer handelt zu einer Zeit Londons, als der Kontrast der Ober- und Unterschicht äußerst greifbar war. Ebenso differenziert und gelungen war dann auch das Szenenbild und Kostümbild der Millionenstadt, welches die verdreckten und vor Elend schreienden Vorstädte stark von den edlen und pompösen Veranstaltungen der Besserverdienenden absetzte. Nicht aufdringlich, doch sehr clever geschrieben kritisiert der Film so die Klassenungleichheit auf eine Weise, die zum Nachdenken über die Zeit anregen könnte.

Spaßiges Abenteuer mit ernsten Botschaften

Enolas erste Klientin ist ein junges Mädchen einer Streichholzfabrik, die sich mit einigen weiteren Mädchen und Frauen ein Zimmer teilt und jeden Tag der selben Arbeit für einen kargen Lohn nachgeht. Als eines dieser Mädchen jedoch verschwindet, soll Enola es wiederfinden. Dabei erfährt die titelgebende Detektivin, dass immer mehr der Arbeiterinnen an Typhus erkranken würden und stößt auf ein Netz aus Machtgier, Korruption und Unrecht. Doch wie kann man es entlarven, wie beweisen?

Inspiration dieses Handlungsstrangs war die Streichholzfabrik Bryant & May aus dem Londoner Stadtteil Bow, welcher auf der Grundlage historischer Fakten in einer männerdominierten Welt dennoch oder gerade deshalb starke Frauen hervorbringt. Trotz der Leichtigkeit der Geschichte nimmt sich das Drehbuch von Jack Throne doch den Ernst für unangenehme Themen, ohne die Tonalität zu verlieren. Wie es bereits dem ersten Film gelang, kann auch die Fortsetzung eine dramatische Fallhöhe aufbauen.

Die Geschichte ist erwachsener und reifer, was gut in Enola Holmes selbst sichtbar wird, die erneut von STRANGER THINGS-Star Millie Bobby Brown verkörpert wird und eine quirlige Performance abliefert. Das sie Spaß an ihrer Rolle hat, sieht man in jeder Szene deutlich und auch wenn bemerkbar ist, dass die Schauspielerin älter geworden ist, hat sich auch Enola entwickelt, ohne dabei jedoch den kindlichen Freigeist abzulegen.

„Man hat Enola Holmes nicht unter Kontrolle. Sie ist eine Naturgewalt.“Edith über Enola in ENOLA HOLMES 2

Neben ihr ist Henry Cavill als ihr großer Bruder Sherlock deutlich präsenter als noch im ersten Film. Seine Interpretation der ikonischen Spürnase war mit den breiten Schultern und zwischenmenschlichen Konflikten durchaus etwas Neues. Im zweiten Teil gewährt der Film deutlich mehr Einblicke in sein Leben; wie er an einem verzwickten Fall verzweifelt, das erste Mal auf Moriarty stößt, sich um seine draufgängerische jüngere Schwester sorgt und ihr manchmal sogar etwas die Show stiehlt.

Eine spielfreudige Besetzung

Dabei haben gerade er und Millie Bobby Brown eine wundervolle Chemie, was für sehr unterhaltsame Passagen sorgt. Bis auf die deplatziert wirkende Hannah Dodd merkt man der gesamten Besetzung ihre Spielfreude an. ENOLA HOLMES 2 führt reichlich neue Figuren ein, vergisst allerdings auch nicht die bereits eingeführten Charaktere. So kann auch unter anderem Enolas Mutter Eudoria, charismatisch verkörpert durch Helena Bonham Carter, ihre Akzente setzen.

Der eigentliche Fall ist aber nicht so gelungen, wie die Botschaft, in der die Ermittlungen münden. Denn die gezogenen Schlüsse wirken zu konstruiert, als dass das Publikum wirklich miträtseln könnte. Die Aufdröselung der Mysterien ist zwar visuell gelungen, die Entdeckungen sind aber arg an den Haaren herbeigezogen. Doch wie bereits im ersten Teil spielt der Fall selbst eine untergeordnete Rolle einer Geschichte, die den Fokus auf das Zwischenmenschliche legt. Zwischen Action, Intrigen und Ermittlungen wird auch die eigenwillige Beziehung zwischen Enola und Lord Tewksbury weitergeführt und da beide älter geworden sind, wird es ebenfalls koketter.

Am Ende werden die Puzzleteile der Handlung zusammengeführt und die aufgebauten Handlungsstränge ergeben ein rundes Bild. Wie so oft bei Netflix-Eigenproduktionen ist zwar auch ENOLA HOLMES 2 ein wenig lang geraten, jedoch kann der Film über die gesamte Laufzeit die Spannung aufrecht erhalten und man kann dem Streifen nicht den Vorwurf der Langeweile machen. Etwas schade aber, dass das farbenfrohe Abenteuer in einem dunklen Theater endet, welches nur dürftig ausgeleuchtet wurde. Wenn dann im gewohnt schnellen Schnitt ein finaler Schlagabtausch anbricht, ist es stellenweise schwierig, erkennen zu können, wer eigentlich gerade gegen wen kämpft.

Fazit

Die Ermittlungen sind zwar etwas oberflächlich geraten, dafür wird das Zwischenmenschliche der Figuren mehr herausgearbeitet. Die spielfreudige Besetzung entführt gekonnt ins London im Jahre 1988, als die abenteuerlustige Enola Holmes in ihrem ersten offiziellen Fall ermittelt. Auch wenn der Film wieder etwas lang geraten ist, kann auch ENOLA HOLMES 2 wieder als gelungene Netflix-Eigenproduktion eingestuft werden und ist ideal für einen spaßigen Filmabend für die ganze Familie.

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