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Originaltitel: I Still Believe
Kinostart: 13.08.2020
DVD/Blu-ray – Release: 10.12.2020

FSK 6

FSK 6 ©FSK

Länge: ca. 115 Minuten
Produktionsland: USA
Regie: Andrew Erwin | Jon Erwin
Schauspieler: K. J. Apa | Britt Robertson | Nathan Parsons
Genre: Drama | Biografie | Musikfilm | Romanze
Verleiher: StudioCanal Deutschland

I Still Believe

I Still Believe ©2020 Studiocanal GmbH / Michael Kubeisy

Der 42jährige Sänger und Songwriter Jeremy Camp hat bereits ein bewegtes Leben hinter sich – mit vielen Erfolgen, aber auch einigen dramatischen Niederschlägen. Im Alter von 24 Jahren erlebte er seinen großen Durchbruch mit seinem Debutalbum „Stay“, auf dem unter anderem die Songs „Walk by Faith“ und „I Still Believe“ zu hören waren. Dieses Album wurde mehr als 500.000-mal verkauft und erhielt somit die goldene Schallplatte. Mit seinen weiteren Werken war er zudem immer wieder in den US-Charts vertreten. Auch im filmischen Sektor war Jeremy Camp bereits unterwegs und steuerte 2005 den Song „Open Up Your Eyes“ für den äußerst erfolgreichen Fantasy-Abenteuer-Film DIE CHRONIKEN VON NARNIA: DER KÖNIG VON NARNIA bei. Erst Ende letzten Jahres brachte er sein vorerst letztes Studioalbum „The Story’s Not Over“ heraus.

I STILL BELIEVE beruht auf Teilen der Lebensgeschichte von eben jenem Künstler (dazu später mehr). Seine Figur wird dabei von K. J. Apa verkörpert, der seinen Durchbruch im Schauspielbusiness mit der Fernsehserie Riverdale erfuhr und in dessen Folge unter anderem in BAILEY – EIN FREUND FÜRS LEBEN und THE HATE U GIVE auf der Leinwand zu sehen war. In ersterem arbeitete er auch schon mit Britt Robertson zusammen, die hier die zweite Hauptrolle verkörpert. Auch sie hat sich bereits einen Namen gemacht, unter anderem mit Filmen wie SCREAM 4, KEIN ORT OHNE DICH und DEN STERNEN SO NAH. Die Regie-Brüder Andrew Erwin und Jon Erwin, die bereits mit I CAN ONLY IMAGINE versuchten akustisch die Herzen zu erwärmen, waren sehr stolz darauf auch die sehr erfolgreiche Sängerin und Songwriterin Shania Twain für ihren Film zu gewinnen, wenn sie auch nur in einer kleinen Nebenrolle zu sehen ist.

Darum geht es…

Nachdem Jeremy seinen Abschluss an der Highschool in Lafayette in der Tasche hat, zieht es ihn in die Ferne, woraufhin er in Südkalifornien eine Bibelschule besucht. Noch gar nicht richtig dort angekommen, lernt er aus heiterem Himmel Melissa Henning kennen – es ist Liebe auf den ersten Blick. Doch wie so häufig lassen die Probleme nicht lange auf sich warten, denn Musikkumpane und Freund Jean-Luc La Joie fährt ebenfalls auf die wundervolle Frau ab und ist mehr oder minder auch schon mit ihr leiert. Doch es kommt, wie es kommen muss: auch Melissa verliebt sich in Jeremy. Alles scheint perfekt, bis bei ihr plötzlich Krebs festgestellt wird. Doch Jeremy lässt sie nicht hängen und unterstützt sie in all ihren Therapien. Gemeinsam scheint es als würden sie es schaffen und als offenbar der Krebs geheilt ist, zögert Jeremy nicht lange und heiratet seine große Liebe. Leider jedoch ist das Schicksal ein mieser Verräter….

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Rezension

Dieses Jahr gab es neben VERGIFTETE WAHRHEIT und DER FALL RICHARD JEWELL nur wenige Filme, die auf wahren Begebenheiten beruhen. Schade eigentlich, wo es doch immer wieder spannend ist Einblicke in andere Leben zu erhalten und unvorstellbare Ereignisse zu sehen. I STILL BELIEVE versucht uns nun eine solche Story zu präsentieren und das teilweise auch sehr erfolgreich. Schon von Beginn an wird den Zuschauenden ein Fass voll positiver Energie und guter Laune übermittelt, was grundsätzlich erstmal ganz gut auf den Film einstimmt und Lust macht weiter zu schauen. Dabei ist nicht immer ganz erklärbar, woher dieses gute Gefühl kommt. Möglicherweise aus den Bildern und Landschaftsaufnahmen, die, wie es ich fast schon für so ein Werk gehört, bestechend fantastisch anzusehen sind.

I Still Believe

I Still Believe ©2020 Studiocanal GmbH / Jason LaVeris

Doch viel mehr noch ist es wohl die Musik, die eben jene Eindrücke vermittelt. Kein Wunder, denn auch I CAN ONLY IMAGINE war ein Musikfilm und in den Grundzügen ist auch I STILL BELIEVE als solcher angelegt, auch wenn er sich eher der Romanze der beiden Protagonist:innen widmet. Stilistisch schaffen es die beiden Regisseure zudem eben jene emotionale Welt hervorragend zu präsentieren und in Szene zu setzen und sich damit an vielen ähnlichen Filmen zu orientieren. Insbesondere existieren viele Parallelen zu der letztjährig erschienen deutschen Romanze DEM HORIZONT SO NAH und es ist nicht auszuschließen, dass Fans dieses Films auch hier wieder eine entsprechende Begeisterung aufbringen können.

Amen

Dennoch ist dieses Werk alles andere als perfekt, denn auf eine sehr subtile Art und Weise fühlt sich die gesamte Handlung total weird an und man kann gar nicht so recht glauben, was dort geschieht. Keinesfalls möchte ich an der Glaubwürdigkeit der Person Jeremy Camp zweifeln, doch vielleicht an der Art der Betrachtung. Klartext gesprochen bekommen wir nämlich wieder einmal einen kirchlichen Lobgesang, der christliche Werte preist und als Basis aller überraschenden Ereignisse zu Grunde legt. Damit folgt der Film Werken wie BREAKTHROUGH oder HIMMELSKIND, die jedoch noch um einiges drastischer dieses Mittel in den Fokus setzten. Somit ist es schwer zu sagen, ob kritisiert werden kann, dass hier ein religiöser Einfluss vorliegt oder gelobt werden sollte, dass dieser Einfluss nur auf ein enormes Minimum beschränkt wird und somit nicht den ganzen Film ins Abseits stellt. Doch schon der Titel macht dahingehend natürlich alles klar.

I Still Believe

I Still Believe ©2020 Studiocanal GmbH / Michael Kubeisy

Doch sei natürlich unseren gläubigen Mitbürger:innen auch ein Film gegönnt, der ihre Werte widerspiegelt, auch wenn ich mich mit diesen nicht identifizieren kann. Doch auch abseits dieser Kritik finden sich Elemente, die nur schwer erträglich sind. So zum Beispiel wird der Film zercuttet und zusammengewürfelt, wie ich wohl noch keinen zweiten gesehen habe. Es gibt das Gerücht, dass im letzten 3 ENGEL FÜR CHARLIE wohl die meisten Cuts pro Minute gesetzt wurden, die ein Film bisher aufgerufen hat. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob I STILL BELIEVE dies nicht noch übertroffen hat. Insbesondere gibt es einen Part, in welchem die Protagonist:innen streiten – Cut – der Protagonist Bälle an eine Wand wirft – Cut – dieser spazieren geht – Cut – Schläft – Cut – telefoniert – Cut – wieder Bälle gegen eine Wand wirft, etc. Diese Szenerie bringt den Film nicht voran und das Publikum wird wahnsinnig beim Verfolgen des Geschehnisses. Dabei geht auch jegliches Zeitgefühl verloren.

I Still Believe

I Still Believe ©2020 Studiocanal GmbH / Michael Kubeisy

Wo führt das nur hin

Zudem wirken alle Darsteller:innen und Figuren irgendwie seltsam. Den beiden Protagonisten kauft man ihre Zusammengehörigkeit zwar wunderbar ab und sie verleihen dem ganzen Film ein, wie zuvor schon angesprochen, gutes Gefühl. Doch alle Figuren drumherum schaffen es nie so recht eine eigene Identität zu entwickeln oder werden in dem Moment als sie beginnen eine Persönlichkeit aufzubauen plötzlich aus dem Film geschrieben. So geschehen beim Ex-Partner der Protagonistin, der auch zeitgleich ein Kumpel des Protagonisten war. Lange Zeit zeigt dieser keine Gefühlsregung als er erfährt, dass seine mögliche Partnerin nun mit seinem besten Freund zusammen sei und in dem Moment als endlich ein paar Regungen erkenntlich scheinen taucht er nie wieder im Film auf und erhält künftig keinerlei Bewandtnis mehr.

Und das war gerade einmal der Anfang. Mitten im Film wird plötzlich ein Handlungsschwenk gemacht und, wie so häufig üblich, die Geschichte der Krankheit der jungen Dame erzählt. Scheinbar gehört dies zum heutigen 1×1 der Romanzen dazu, dass eine Hauptfigur irgendeiner gefährlichen Krankheit erliegen muss und damit um ihr Leben kämpft. Leider kommt, trotz tragischer Geschichte, nie so recht das Gefühl auf, dass etwas nicht stimmen könnte – im Gegenteil, den Zuschauenden wird fast schon eine heile Welt vorgegaukelt, die gar nicht mehr existiert. Zudem führen gerade dieser Storywechsel und die folgende Verworrenheit, in der sich die Geschichte immer weiter verstrickt, dass das Werk einfach kein Ende zu finden scheint und immer wieder noch eine Idee aufgegriffen wird, die scheinbar visualisiert werden musste. Hierbei entstanden wiederum immer wieder unschlüssige Handlungsabläufe.

I Still Believe

I Still Believe ©2020 Studiocanal GmbH / Jason LaVeris

Fazit

Alles in allem bekommen wir mit I STILL BELIEVE einen ziemlich aufreibenden Plot präsentiert, der im Grunde ruhig und beherzt erzählt wird und dennoch stets totale Unruhe ausstrahlt. Ungeachtet der religiösen Komponente, die meiner Ansicht nach durchaus Zugang zum Film finden kann, aber dann doch bitte noch immer sinnvoll durchargumentiert werden muss, arbeitet der Film immer wieder mit kleinen Logiklöchern und einer viel zu heiteren Storyentwicklung, die dem Thema leider kein bisschen angemessen scheint. Die beiden Hauptdarsteller:innen wirkten sympathisch und machten ihren Job durchaus gut, doch abseits von ihnen fühlte ich mich als Zuschauender immer wieder fehl am Ort. Die erste halbe, vielleicht sogar die erste Stunde machten durchaus Spaß zu schauen und lebten vor allem von tollen Gestaltungsmitteln, doch hat das Werk mich danach zunehmend immer mehr verloren, weshalb ich schlussendlich sogar richtig darauf gewartet habe, dass dieses Drama ende.

Scheinbar gehört zum heutigen guten Ton einer Romanze einfach eine Krankheit dazu. Gibt es dafür vielleicht sogar schon eine spezielle Genrebezeichnung, denn es fallen mir nur wirklich wenige Filme der vergangenen Jahre ein, in denen der oder die Protagonist:in nicht mit einer tödlichen Krankheit zu kämpfen haben – können sich Menschen heut zu Tage nur noch lieben, wenn einer von Ihnen bald stirbt? Auch in I Still Believe geht man diesen Weg, wobei man dem Werk zu Gute halten muss, dass es sich hierbei wohl um eine wahre Geschichte handelt, die der bekannte Musiker Jeremy Camp tatsächlich erlebt und durchlebt hat. Doch was bekommen wir abseits dieser realen Grundlage? Leider Gottes (und leider trifft es den Nagel auf den Kopf, denn Religion ist hier ein wichtiger Erzählaspekt), wird uns ein Film präsentiert, der angesichts der schier unendlichen Filmcuts richtig wahnsinnig macht und bei der man womöglich zu Beginn sehr gerne der Story folgt, irgendwann jedoch einfach genug von dem immer gleichen heile Welt Charakter hat. Die Regisseure setzen zwar beste Voraussetzungen für einen Heule-Film, schaffen es jedoch nicht letztlich wirklich zu berühren, was einem Todesurteil für ein solches Werk gleicht. Zudem ist es schade, dass das grundlegend interessante Schicksal der reellen Vorlage darin versickert, dass das Regie-Duo hartnäckig versucht dem Publikum einzureden, dass Wissenschaft total schrecklich sei und hier doch nur die Religion helfe. Nun ja, vielleicht greift hier auch nur meine atheistische Denkweise ein und vermiest mir daher den Filmgenuss.

I Still Believe

I Still Believe ©2020 Studiocanal GmbH / Michael Kubeisy