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Originaltitel: Blind
Kinostart: 20.05.2020

FSK 16

FSK 16 ©FSK

Länge: ca. 86 Minuten
Produktionsland: Deutschland
Regie: Christoph Gampl
Schauspieler:innen: Kida Khodr Ramadan | Blerim Destani | Susanne Wuest
Genre: Drama | Thriller
Verleiher: Filmwelt

Man From Beirut

Man From Beirut © by Eeva Fleig

Geboren in Beirut im Libanon ist Kida Khodr Ramadan in der zweiten Hälfte der 70er Jahre als Flüchtling vor der syrischen Armee nach West-Berlin gelangt und hat sich dort mit seiner Familie niedergelassen. Eher durch Zufall gelangte, der damals Ende 20-Jährige zum Filmbusiness, da er glücklicherweise den deutsch-türkischen Regisseur Neco Celik kennen gelernt hatte und dieser auf ihn zurückgriff. Es folgten mehrere kleine Produktionen und eine Menge kleine Nebenrollen in namhaften deutschen Filmen. Seinen ganz großen Durchbruch erlangte er schließlich 2017 mit der Serie 4 BLOCKS. Aktuell ist er zusätzlich zu MAN FROM BEIRUT auch im Film NARZISS UND GOLDMUND zu sehen.

Darum geht es…

Momo ist berüchtigt, denn sein Leben gestaltet er als professioneller Auftragskiller. Die Besonderheit dabei: er ist blind! Nach vielen Jahren, die er nun in diesem Business tätig ist, soll nun endlich der Ausstieg erfolgen und so übernimmt er nur noch einen letzten Fall. Seine Mission ist es in ein Haus einzudringen und die drei dort lebenden Personen zu töten, was ihm auch weitestgehend problemlos gelingt, wäre die dritte Person nicht ein Kind. Er lässt das junge Mädchen am Leben und nimmt sie mit, bringt sie bei einem Freund unter und versucht die Angelegenheit zu regeln. Doch genau jetzt geraten die Dinge außer Kontrolle und er wird gezwungen aus Berlin zu flüchten. Doch ist das nicht so leicht, denn jemand will das Mädchen unbedingt tot sehen. Werden die Beiden sich also retten können?

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Rezension

Gespannt auf diesen Film, weil es die wohl erste Neuerscheinung auf dem Filmmarkt war, seit die Coronakrise alle Release-Daten aufgeschoben hat, war es tatsächlich auch nicht tragisch, dass dieser Film bisher keinen größeren Kinostart hatte, sondern nur in Autokinos zu sehen war. Während die ersten Minuten noch einen Einstieg bildeten, der eher ungewöhnlich für deutsche Produktionen ist und daher einen möglicherweise innovativen Film vermuten ließen, wurde doch schnell klar, dass das gesamte Werk letztlich unter einer ganz großen Frage stehen wird: Warum? Regisseur Christoph Gampl verrät uns über den Film tatsächlich genauso wenig wie in dem Film, denn selten habe ich ein inhaltlich so kurzes Presseheft gesehen, in dem absolut nichts erzählt wird.

Man From Beirut

Man From Beirut © by Eeva Fleig

Versuchen wir uns also selbstständig an den gezeigten Ereignissen abzuarbeiten und der Interpretation freien Lauf zu lassen. MAN FROM BEIRUT ist in 4:3 und schwarz/weiß gedreht. Dieses auffällige Merkmal wird heut zu Tage natürlich nur noch mit einer bestimmten Intention dahinter eingesetzt, wie zuletzt bei DER LEUCHTTURM oder auch THE ARTIST. Schnell war bei diesen Werken herauszusehen, dass das Stilmittel der Stimmungsbildung dient und im Falle des ersten Films vor allem die bedrückende Enge symbolisiert und verdeutlicht. Hier jedoch bleibt die große Frage stehen: Warum? Diese Technik bringt den Film kein bisschen voran, führt ihn nicht auf eine andere Wahrnehmungsebene, hat keinen Bezug zur Handlung und wirkt sich auch nicht auf die Atmosphäre aus. Bleibt als einziger Grund noch: Der Regisseur hatte halt Lust drauf.

Warum das alles?

Zudem bekommen wir die ersten geschriebenen Worte in einem filmisch veraltetem Schriftstil aufgetischt, welcher ebenfalls keinen Bezug zur Handlung hat, denn diese spielt in der Gegenwart. Natürlich ist es auch hier möglich einen solchen Stil zu nutzen, aber warum? Ganz zu schweigen davon zieht sich die Einblendung der Darsteller und mitwirkenden Menschen über ganze acht Minuten hin, was bei einer großen aufwendigen Produktion durchaus auch verständlich wäre, aber wozu hier, wo es nur einen sehr kleinen Cast gab und das gesamte Team noch recht übersichtlich ist?

Man From Beirut

Man From Beirut © by Eeva Fleig

Ein nächstes Mittel ist die Mehrsprachigkeit. Das die deutsche und englische Sprache in heimischen Produktionen Verwendung finden, ist absolut nichts neues. Auch werden zunehmend türkische Einflüsse sichtbar. Hier jedoch finden auch noch weitere Sprachstämme ihre Nutzung, die gar nicht genau identifizierbar sind (vermutlich tschechisch oder etwas ähnliches?). Dieser Sprachmix ist nervig und unschön, denn ständig wechselt man von Verständnis zu Unverständnis und Handlungsrelevant ist auch dies nicht.

Was soll uns eigentlich gezeigt werden?

Gleichzeitig stellt sich auch die Frage, was dieses Werk überhaupt sein will. Ein Drama, ein Thriller, ein Gangsterfilm oder doch alles zusammen? Wir verfolgen den Hauptdarsteller Kida Khodr Ramadan über die gesamte Spieldauer und erfahren dennoch kaum etwas relevantes, ganz zu schweigen, dass es fast unmöglich ist nach all dieser Zeit ein Persönlichkeitsbild der Figur zu gestalten. Die Handlung ist simpel und einfach gestrickt und hält keinerlei Überraschungen bereit. Solch eine Story wurde schon hunderte Male verfilmt und wir bekommen leider keine einzige innovative Idee präsentiert.

Man From Beirut

Man From Beirut © by Eeva Fleig

Unter dem Strich wirkt es eher wie eine kleine Botschaft an die Homies der ausländischen Gewaltszene, in der vermittelt werden soll: Ey, ihr könnt noch so cool sein und euer Ding machen, dass ist nicht verwerflich, aber vergreift euch nicht an Kindern. Sollte dies die Intention gewesen sein, so wäre doch eine filmische Interpretation von 4 BLOCKS in der eben jene Message eingebunden wird, eine viel bessere Idee gewesen. Zumal schon früh die Frage aufkommt: Warum hat das Mädchen zu keinem Zeitpunkt Angst vor der Hauptfigur, wo sie doch mit angesehen hat, wie er ihre Tante und deren Freund erschossen hat? Ist es da tatsächlich natürlich, dass man in kürzester Zeit eine tiefe Bindung zu solch einem Gewalttäter aufbaut?

Ein Titel ohne Bezug?

Während dieser Geschehnisse werden immer wieder Tages- und Zeitangaben präsentiert, die ich grundlegend immer sehr gutheiße, denn häufig fehlt in Filmen völlig das Zeitgefühl. Doch zieht sich das Werk offenbar über eine ganze Woche hin und die Szenen eröffnen immer morgens eines jeden Tages. Ist das nun wirklich eine so spannende Information, die den Zuschauer weiterbringt? Hätte es nicht gereicht einmalig einen Tag einzublenden, denn so undeutlich ist es nicht, dass die Geschehnisse in einem eher kurzen Zeitraum passieren?

Man From Beirut

Man From Beirut © by Eeva Fleig

Als letzter Kritikpunkt ist noch zu erwähnen, dass der deutsche Titel nahezu keinen Bezug zum Film hat. Oder etwas anders ausgedrückt: Wir bekommen einen Titel serviert, der einfach alles bedeuten kann und nicht gerade von Kreativität zeugt. Welchen Bezug soll Beirut in diesem Film nehmen? Nur weil der Protagonist von dort stammt? Soll hier etwa eine Biografie gezeigt werden – in dem Fall wäre wohl schnellstmöglich Klage einzureichen gegen den Mann. Vermutlich also nicht, also bleibt nur die Idee, dass es einfach keine anderen Vorschläge oder kreative Ergüsse gab, insbesondere auf Hinblick, dass es offenbar einen „Originaltitel“ geben soll, was angesichts der deutschen Produktion etwas paradox erscheint, der jedoch deutlich mehr zum Film passt, als MAN FROM BEIRUT.

Zumindest schauspielerisch war etwas zu sehen

Nun möchte ich aber zumindest noch ein paar wenige positive Worte verlieren. Unabhängig all der vorangegangen Punkte, schafft es Kida Khodr Ramadan zusammen mit seiner Tochter Dunya Ramadan, die als Duo die Hauptdarsteller stellen, eine gewisse liebreizende Sympathie auszustrahlen, der man als Zuschauer doch gerne und schnell angetan ist. Einzig die Beiden schaffen es eine gewisse Form von Neugierde zu etablieren, die das Publikum am Ball hält. Die Beiden harmonieren wunderbar zusammen und es bleibt gespannt abzuwarten, ob sich die gerade einmal neun Jährige Dunya auch in weiteren Produktionen erfolgreich im Filmgeschäft etablieren kann. Schade jedoch, dass ihr Karriereeinstieg mit solch einem Werk geschieht.

Warum? Warum all das? Warum bekommen wir einen schwarz/weiß-Film, der in der heutigen Zeit spielt und keinen Effekt auf die Atmosphäre ausübt? Warum bekommen wir einen mehrsprachigen Film, der in Deutschland spielt und wo selbst englisch, deutsch und türkisch schon viel zu viel gewesen wäre, ganz zu schweigen, von mindestens einer weiteren Sprache? Warum bekommen wir ganze acht Minuten Intro-Text serviert und Teile davon auch noch in einem filmisch veraltetem Schriftstil? Warum hat die Handlung keinen wirklichen Sinn, sind die Dialoge flach und uncharmant und wird uns ein Zeitablauf präsentiert, der absolut keine Bewandtnis hat? Warum überhaupt dieser „deutsche“ Filmtitel, zu dem es offenbar noch einen „Originaltitel“ gibt? Dieser Film ist, wie er sehen könnt, ein einziges „Warum?“. Es gibt nichts, was sich von allein erklärt und letztlich Sinn macht. Die Handlung ist langweilig und bringt keinerlei Begeisterung. Es gibt nur zwei kleine Pluspunkte, mit denen MAN FROM BEIRUT aufwarten kann: Es geschieht überhaupt etwas (ja, tatsächlich habe ich das auch schon mehrfach anders erlebt) und Kida Khodr Ramadan und seine Tochter Dunya Ramadan harmonieren sehr angenehm (wie zu erwarten) und hauchen dem Film zumindest ein bisschen Leben ein, auch wenn hier ebenfalls nicht viel zu erwarten ist, was jedoch wohl eher an den nicht so stark angelegten Rollen liegt.

Man From Beirut

Man From Beirut © by Eeva Fleig