Originaltitel: Kapsalon Romy
Kinostart: 30.01.2020
DVD – Release: 29.05.2020
Länge: ca. 90 Minuten
Produktionsland: Deutschland | Niederlande
Regie: Mischa Kamp
Schauspieler:innen: Vita Heijmen | Beppie Melissen | Noortje Herlaar
Genre: Drama | Familie
Verleiher: Farbfilm
2018 erschien im Gerstenberg Verlag das Buch ROMYS SALON von Tamara Bos. Dieses Jugendbuch ist ab 9 Jahren empfohlen und umfasst etwa 200 Seiten. Frau Bos lebt seit 1994 von ihrer Tätigkeit als Autorin und verfasst seitdem mehr als 25 Kinderbücher und einige weitere Drehbücher. Bereits 2005 konnte sie mit einem ihrer Werke auch auf cineastischer Ebene begeistern. So wurde EIN PFERD FÜR WINKY auf der Berlinale des Folgejahres gezeigt und konnte sowohl als nationalen und internationalen Erfolg eingestuft werden. Auch den niederländischen Literaturpreis konnte sie bereits für sich beanspruchen mit dem Buch „Papa, hoor je me?“ im Jahre 2012. Nachdem auch Romys Salon bei den Lesern sehr gut ankam, beschäftigte sich Mischa Kamp als Regisseurin mit diesem Buch, denn sie und Tamara Bos hatten bereits zusammen auch den zuvor genannten EIN PFERD FÜR WINKY auf die Leinwand gebracht.
Darum geht es…
Die kleine Romy ist ein aufgewecktes und liebes junges Mädchen, welches sich täglich mit ausgeprägter Neugier ins Leben stürzt. Als jedoch ihre beiden Eltern sich trennen und Romy bei der Mutter wohnen bleibt, wird alles etwas problematisch, denn diese muss natürlich arbeiten und hat nicht genug Zeit sich um die Kleine zu kümmern. Deshalb muss Romy künftig nach der Schule immer zu ihrer Oma, die zwar auch noch einen Friseursalon zuführen hat, aber dennoch ein wenig mehr Zeit für das Mädchen aufbringen kann. Doch möchte sie dies auch? Weder Oma Stine noch Enkelin Romy sind wirklich begeistert von diesem Plan, doch nach und nach freunden sich die beiden immer mehr an, bis die junge Dame sogar beginnt Aushilfsarbeiten im Salon zu übernehmen. Bei all der gemeinsamen Zeit muss sie jedoch feststellen, dass es ihrer Omi zunehmend schlechter geht, denn ständig vergisst sie irgendetwas. Wie soll es nur weitergehen?
Rezension
Ohne viel Brimborium muss gleich einmal angemerkt werden, dass das Buch und der Film einfach viel zu spät veröffentlicht wurden. Wäre dieses Werk vor gut zehn Jahren auf den Markt gekommen, wären die Lobeshymnen wohl gänzlich andere, als ihr sie im Folgenden zu lesen bekommen werdet. Denn schnell wird klar: hierbei handelt es sich einfach nur um die niederländische Version von HONIG IM KOPF, der vor einigen Jahren mit über sieben Millionen Zuschauern große Erfolge im deutschen Kino verzeichnen konnte. Im Prinzip bekommen wir die gleiche Handlungsabfolge geliefert, auch wenn die Prioritäten stellenweise etwas anders gesetzt sind und das Werk nicht mit ganz so viel Humor aufwarten kann. Doch haben wir auch hier ein gut harmonierendes Großmutter-Kind-Duo, bei dem das Kind sehr besorgt ist und trotz der problematischen Krankheit stets gewillt ist dem Großelternteil eine schöne Zeit zu bieten.
Jegliche Inhaltliche Überraschung bleibt somit aus, denn ROMYS SALON folgt dem Vorbild in ähnlicher Form. Dennoch wurde durch die Arbeitsstelle der Großmutter ein attraktives neues Element in die Handlung eingefügt, welches durchaus eine charmante Atmosphäre erzeugt und großes Potential lieferte. Leider jedoch wurde diese Konzeptidee nach der Hälfte des Films mehr oder minder einfach über Bord geworfen, weshalb ehrlich gesagt auch der Filmtitel irreführend ist. Ich wage zu behaupten, dass die Handlungsentwicklung im Sinne des Inhalts, den der Titel suggeriert, deutlich schöner gewesen wäre, als wir es nun letztlich erhalten haben.
Hervorragende Protagonistin und tolle Akustik
Schade eigentlich, denn tatsächlich wirkt die Hauptdarstellerin Vita Heijmen absolut sympathisch und hat mir ein deutlich süßeres Kind präsentiert, als es HONIG IM KOPF damals konnte. Heijmen schafft es absolut authentisch die Liebe und Gefühle zu zeigen, die für den Film notwendig sind und sich ihrer Rolle vollkommen hinzugeben. Jede Handlung und jeder Dialog werden dem jungen Mädchen ohne Hinterfragung abgekauft und freudig aufgenommen. Hierzu im Kontrast steht das Auftreten von Beppie Melissen in der Rolle der Großmutter, denn dies wirkt vor allem im ersten Part des Films sehr aufgesetzt und strikt nach Drehbuch. Es war mir nie so recht möglich der Frau ihre Krankheit wirklich abzukaufen, denn es wirkte alles doch sehr gespielt. Je länger jedoch der Film dauert, je ehrlicher und realistischer erscheint auch diese Figur und die Dynamik beider Darstellerinnen entwickelt sich absolut gefühlvoll.
Ebenfalls als Stärke möchte ich nennen, dass der Score absolut hervorragend komponiert und integriert wurde. Einzig um dieser schönen Musik zu lauschen lohnt es sich einen Blick in den Film zu werfen. Diese schafft es zu dem mehr Stimmung aufzubauen als die gesamte Handlung, bei welcher sich der Zuschauer immer wieder fragt, warum man sich das Ganze nun noch einmal antun muss (denn auch für den amerikanischen Markt wurde ja schon ein HONIG IM KOPF-Remake produziert). Aus dieser Perspektive betrachtet, ist es sehr schade, dass die eindimensionale Handlung jegliche Gefühlslage terrorisiert und sich sowohl das schauspielerische Engagement als auch die akustische Glanzleistung nicht ausreichend entfalten können.
Ein Opfer der Identitätslosigkeit
Dennoch muss natürlich unabhängig von dem Schweiger-Werk erwähnt werden, dass es sich um eine sehr schöne Idee handelt zwei so unterschiedliche Generationen zu konfrontieren und durch ein schleichendes gesundheitliches Problem wie der Demenz vor große Herausforderungen zu stellen. Und auch hier wird uns wieder gezeigt, wie wichtig es ist, alte Menschen mit eben solchen Sorgen nicht allein zu lassen. Ich persönlich finde es zudem sehr gut, dass dieses Thema nicht zu sehr in die Komik gezogen wird, wie es die Vorgänger bereits taten, sondern die Geschichte sich auf sanfte und berührende Art und Weise Thematik nähert und damit die Brücke zur Realität doch etwas besser geschaffen wird.
Lohnt es sich nun diesen Film zu schauen? Die Frage kann nicht so recht beantwortet werden, denn diejenigen, die bereits das Schweiger-Pendant gesehen haben, werden wohl nicht so viel Spaß Schauen entwickeln können. Wer jedoch nicht vorbelastet sich an diesem Film vergnügen möchte, erhält durchaus ein paar sehr schöne Momente und darf eine tolle schauspielerische Leistung genießen, gepaart mit fabelhaften akustischen Klängen, die das Herz zum Schmelzen bringen. Unter dem Strich also ein Film, dem die eigene Identität nahezu völlig fehlt, aber dennoch durch liebreizende Elemente zu überzeugen weiß.
Der Einfallsreichtum der Menschheit ist unbegrenzt, möchte man meinen. Doch Filme wie dieser hier beweisen uns immer wieder genau das Gegenteil. Denn obwohl hier eine wunderbare Story zu sehen ist, kennen wohl fast alle diese schon aus einer viel erfolgreicheren deutschen Produktion. Natürlich bekommen wir nicht eins zu eins dieselbe Handlung wie bei HONIG IM KOPF aufgetischt, doch ähneln sich die Geschichten schon in erschreckender Deutlichkeit. Und dabei hat ROMYS SALON doch so viel Potential. Denn es ist ja überhaupt nichts daran verwerflich auch einen Film über Altersdemenz und dessen Wahrnehmung durch Kinderaugen zu gestalten, doch bitte bleibt doch einfach bei eurer anfänglichen Idee, die durch den Filmtitel noch einmal um ein Vielfaches bekräftigt wird. Denn im Vergleich der beiden genannten Werke, gibt es so einige Punkte, in denen die niederländische Produktion absolut auftrumpfen kann. Nicht nur, dass die junge Vita Heijmen eine deutlich bessere Schauspielerin als Frau Schweiger ist (was angesichts der totalen Emotionslosigkeit dieser Filme auch nicht so schwer erscheint), auch der Score ist um ein Vielfaches schöner anzuhören und macht richtig Lust auf den Film. Tatsächlich lief der Titelsong während meiner Arbeit knapp eine Stunde, ohne dass ich den Film gestartet habe, weil er einfach eine so tolle Harmonie in sich trägt. Ein Blick in den Film lohnt sich durchaus, doch so richtig Freude werden wohl nur die Menschen haben, die nicht durch die Schweiger-Produktion vorbelastet sind.