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Review Fakten + Credits


SamaritanAdam West, Michael Keaton, Val Kilmer, George Clooney, Christian Bale, Ben Affleck und Robert Pattinson – noch bevor man die Frage nach der gemeinsamen Verbindung dieser Darsteller überhaupt formulieren kann, kommt die Antwort von echten Comic- und Filmfans vermutlich bereits während der Namensnennung wie aus der Pistole geschossen: Batman! Jeder von ihnen schlüpfte mindestens einmal im Laufe seiner Karriere in das Kostüm des populären DC-Helden. Eigentlich könnte man diese Liste noch um viele Namen erweitern, indem man auch alle Sprechrollen und Serienauftritte des dunklen Ritters heranzieht, doch der Punkt, auf den diese Aufzählung hinaus möchte, sollte auch so längst klar sein: Wenn sich eine beliebte Figur zu einer gigantischen Marke entwickelt, die zuverlässig Geld einbringt, wird die Kuh immer weiter gemolken.

So erfuhren neben dem Bruce Wayne Alter Ego Batman auch diverse weitere Comic-Helden immer wieder neue filmische Wiedergeburten mit frischen Gesichtern vor der Kamera. Egal ob das grüne Wut-Monster Hulk, die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft Spider-Man oder der heldenhafte Kryptonier Superman, alle erlebten in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Reboots und Neubesetzungen – die hohe Frequenz an Darstellerwechseln von Batman hat (bisher) jedoch keiner von ihnen übertroffen. Umso erstaunlicher ist es, dass sich der US-amerikanische Regisseur Julius Avery (OPERATION: OVERLORD) für seine ganz persönliche Vision eines Superheldenfilms zur Abwechslung mal keinen erfolgreichen Comic als Vorlage nimmt und mit SAMARITAN stattdessen eine eigene Geschichte erzählt – losgelöst von sämtlichem Franchise-Bezug.

Darum geht es…

Auch zwanzig Jahre nach dem Tod des gefeierten Superhelden Samaritan ranken sich noch viele Mythen um den einstigen Beschützer des Viertels. Einige wenige sind sich sogar sicher, dass er auch heute noch unter uns weilt und einst den Kampf mit seinem Bruder und Erzfeind Nemesis überlebt hat. Auch der 13-jährige Sam Cleary (Javon Walton) hegt große Hoffnungen, dass sein Vorbild noch am Leben sein könnte. Seit dem Tod seines Vaters lebt der Teenager mit seiner alleinerziehenden Mutter in einer schlechten Gegend der Stadt und wird täglich mit Geldsorgen und den kriminellen Einflüssen seines Umfelds konfrontiert. Als er von einer Gruppe Gangstern überfallen wird, kommt ihm sein eigenbrötlerischer Nachbar Joe Smith zur Hilfe und schlägt die Ganoven leichtfüßig in die Flucht. Danach ist sich Sam sicher: Der alte Mann von Nebenan muss der legendäre Superheld sein! Während er sich auf Spurensuche begibt, um seinen Verdacht zu untermauern, beginnt es in der urbanen Unterwelt zu rumoren. Mit Cyrus (Pilou Asbæk) übernimmt ein neues Gesicht die Vorherrschaft unter den Gesetzlosen und droht die Stadt im Chaos versinken zu lassen. Genau der richtige Zeitpunkt für die Rückkehr des Samaritan!

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Rezension

Noch bevor Julius Avery im kommenden Jahr GLADIATOR-Star Russell Crowe in THE POPE’S EXORCIST den Vatikan von bösen Dämonen säubern lässt, schickt er niemand Geringeren als Action-Veteran und Hollywood-Urgestein Sylvester Stallone in der Rolle des abgehalfterten Helden SAMARITAN auf Verbrecherjagd. Der Titelheld hat seine besten Jahre längst hinter sich und dem Kampf gegen das Unrecht auf Erden bereits abgeschworen. Auch wenn die Synopsis offenlässt, ob es sich bei dem in die Jahre gekommenen Müllmann Joe Smith wirklich um den berüchtigten Superhelden handelt, ist die Auflösung selbstverständlich wenig überraschend – dass sich Avery scheinbar überhaupt nicht für seinen Helden zu interessieren scheint, hingegen schon! Der darf innerhalb der ersten 30 Minuten nämlich gerade einmal rund drei Sätze vor sich hin nuscheln und erfährt in dieser Zeit auch sonst keinerlei nennenswerte Exposition. Stattdessen lernen wir den jungen Sam und sein kriminelles Umfeld kennen, in das ihn die Geldsorgen seiner alleinerziehenden Mutter immer tiefer hineinziehen. Doch auch mit fortschreitender Laufzeit bleibt Sylvester Stallones Rolle stets Beiwerk und verkommt dabei zur Randfigur seiner eigenen Geschichte.

Samaritan

Samaritan ©2022 Amazon | Amazon Studios

Bevor der Titelheld im großen Finale dann doch noch allerhand zu tun bekommt, steckt in SAMARITAN erstaunlich wenig Superheldenfilm und dafür umso mehr Gangsterfilm gemischt mit oberflächlicher Buddy-Komödie. Bei einer Nettolaufzeit von gerade einmal 94 Minuten fragt man sich als Zuschauer*in nach rund einer Stunde dann doch, was für eine Art von Geschichte uns Drehbuchautor Bragi F. Schut hier eigentlich erzählen will. Sowohl die erschwerenden Umstände, mit welchen sich Sam in seinem noch jungen Leben herumschlagen muss, als auch der gesamte Subplot rund um den Antagonisten und die mit ihm aufkeimenden Unruhen auf den Straßen, werden ähnlich oberflächlich behandelt, wie der titelgebende Samaritan selbst. Nun verzichtet Avery zwar darauf, seinen Plot auf einer bekannten Comicvorlage aufzubauen, bringt dabei aber trotzdem keine eigenen Ideen ein und bedient sich lieber an Elementen erfolgreicher Comicverfilmungen, die er uninspiriert zusammenschustert. Wenn sich Bösewicht Cyrus als geistiger Nachfolger des Schurken Nemesis inszeniert und nach einer unmotivierten Rede eine Horde von Menschen von der Straße um sich schart, ist das nicht weniger als eine Light-Variante dessen, was wir bereits von JOKER kennen – und die Auswirkungen, abgesehen von ein paar kurzen Nachrichtenausschnitten, nie spürbar.




Nicht mehr als ein Kratzen an der Oberfläche

Die Vermutung, dass hinter der Entscheidung den eigentlich für die Kinoleinwand angedachten Actionfilm direkt auf dem Streamingmarkt zu veröffentlichen, die mangelhafte Qualität von SAMARITAN stecken, könnte, scheint aufgrund der unzähligen erzählerischen Schwächen recht schlüssig. Der eigentliche Grund hierfür ist jedoch wesentlich profaner. Für die Produktion von Julius Averys Superhelden-Geschichte zeigt sich die legendäre Filmschmiede MGM verantwortlich, eben jenes Studio, welches jüngst von Amazon aufgekauft wurde, was eine Auswertung auf dem hauseigenen Streaming Dienst Amazon Prime Video natürlich naheliegend macht – und genau da gehört SAMARITAN auch hin. Durch das Versäumnis sowohl der Welt, in die das Publikum geworfen wird, als auch allen darin agierenden Figuren – abgesehen von Sam – auch nur den Hauch einer Hintergrundgeschichte zu verleihen, verkommt SAMARITAN zu einer substanzlosen, oberflächlichen Angelegenheit, die nur in den seltensten Fällen Spaß macht. Eine nachvollziehbare Motivation für seine Helden und Schurken hält das Skript genauso wenig bereit, wie Charaktertiefe oder echte menschliche Konflikte.

Samaritan

Samaritan ©2022 Amazon | Amazon Studios

Was den Superheldenfilm dann doch noch vor dem filmischen Totalausfall rettet, ist einzig und allein den beiden Hauptdarstellern zuzuschreiben. Die Chemie zwischen Jungdarsteller Javon Walton und Darsteller-Opa Sylvester Stallone bildet das Herzstück des Films und ist eine der wenigen Dinge, die in SAMARITAN überhaupt funktionieren wollen. Das liegt zu großen Teilen an der unglaublichen Präsenz, die Stallone von Natur aus mit bringt, aber auch an Waltons Sam, der angenehm unaufdringlich und – anders als ähnlich angelegte Kinder-Figuren – mit seiner sympathischen Art nie nervig oder anstrengend wirkt. Dank der beiden Stars kann sich SAMARITAN dann doch noch in ein ordentlich inszeniertes Actionfinale retten und hält darüber hinaus eine überraschende Auflösung parat, die die gewünschte Wirkung keinesfalls verfehlt. In der Retrospektive stellt sich aber auch dieser Twist als effekthascherisches Gimmick heraus. Statt subtile Fährten zu legen, fällt Avery plötzlich mit der Tür ins Haus und liefert eine Wendung, die aufgrund des fehlenden darauf Hinarbeitens natürlich unerwartet kommt. Das mag zwar effektiv sein, aber auch ziemlich einfältig.

Fazit

Endlich ein eigenständiger Superheldenfilm ganz ohne Vorlage und Franchise-Bezug! Doch statt die damit einhergehenden künstlerischen Freiheiten voll auszunutzen und eine kreative eigene Geschichte zu erzählen, weiß SAMARITAN mit den neugewonnenen Möglichkeiten wenig bis gar nichts anzufangen. Abgesehen von der von Haus aus einnehmenden Präsenz Sylvester Stallons und der guten Chemie zu seinem jungen Co-Star Javon Walton hat der Actionfilm wenig zu bieten. Ein Jammer, dass gerade der Actionfilm-Veteran zur Randfigur seines eigenen Films verkommt.

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