Das filmkollektiv ist ein Zusammenschluss von acht Filmschaffenden aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, die sich beim Filmdreh von MARIE FÄNGT FEUER 9 und 10 für das ZDF kennen gelernt haben und gemeinsam beschlossen, künftig Filme zu entwickeln. Derzeitig haben sie ihre ersten zwei Kurzfilme veröffentlicht. Der erste war SIGILLUM, der im Dezember letzten Jahres seine Premiere auf Youtube feierte und mit CARNIWAR, was ein Neologismus aus Carnivore (lat. für Fleischfresser) und War (engl. für Krieg) ist, und in welchem es tatsächlich um den Kampf gegen unsere „Fleischesslust” geht, wurde nur wenige Monate später das zweite Projekt veröffentlicht.
Darum geht es…
Es ist finstere Nacht. Nur ein fernes Licht flutet die Tiefen des Waldes, in welchem sich die junge Frau Vara gerade auf der Jagd befindet. Innere Ruhe durchströmt ihren Körper, als sie den Bogen ausrichtet und den Pfeil abschussbereit anlegt. Zielsicher und voller Konzentration fokussiert sie sich voll und ganz auf ihren Schuss. Doch plötzlich taucht ein Rehkitz auf und Vara lässt ab von dieser Gräueltat. Wieder zurück im Dorf angekommen, beobachtet sie die Ankunft eines Fremden, welcher geradewegs auf das Haus ihres Großvaters zugeht. Besorgt und neugierig zugleich eilt sie ihm nach. Im Dialog der beiden Männer muss sie erfahren, dass sie ihr ganzes Leben mit einer Lüge gelebt hat, doch gleichzeitig ergibt sich für sie die Möglichkeit, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen und die ewig andauernde Nacht zu besiegen. Eine Reise, die viel Mut erfordert, erwartet sie.
Rezension
Freundlicherweise hat das filmkollektiv mich kontaktiert und aufmerksam auf ihr Projekt SIGILLUM gemacht, welches mir ansonsten mit Sicherheit entgangen wäre. Die jungen Filmschaffenden, die dahinter stehen, haben sich merklich enorm viel Mühe gegeben, um ein verheißungsvolles erstes Projekt zu entwickeln, welches möglicherweise den Startschuss für eine spannende und aufregende Filmkarriere bedeuten könnte. Für die Realisierung des Projekts setzten sie auf einen Mix aus Erfahrung und Filmleidenschaft. So sehen wir vor der Kamera die Schauspielenden Wolfgang Preußger, Tobias Kay und Carina Diesing, die allesamt zusammen im Film TAG X mitgewirkt haben und in diversen lokalen Produktionen zu sehen sind, sowie Michael Gempart, der den Cast als erfahrenster Darsteller mit seinen 80 Lebensjahren ergänzt. Gempart war zuletzt unter anderem in DIE KLEINE HEXE sowie ABOUT A GIRL zu sehen.
SIGILLUM soll das erste Kapitel einer umfassenden Mittelalter-Fantasy-Geschichte darstellen, und genau so wirkt der Kurzfilm auch. Wir bekommen eine verheißungsvolle Einführung präsentiert, die uns sowohl die Protagonist*innen als auch den Background der Figuren ein wenig vorstellt und eine gewisse Spannung für eine epische Geschichte aufbaut. Die Szenen, die wir sehen, erinnern dabei ein wenig an die Anfänge von TRIBUTE VON PANEM, verknüpft mit den Ideen aus dem ersten Teil von DER HOBBIT. Dabei sollte jedoch auch angemerkt werden, dass dies für eine Fantasyverfilmung nicht so ungewöhnlich ist, da es auch unzählige andere Werke dieses Genres gibt, die einen solchen Anfang nehmen. Ein abschließender Vergleich ist natürlich nicht möglich, da dieser Kurzfilm eher als Teaser funktioniert und in sich selbst keine wirklich abgeschlossene Handlung darstellt, auch wenn es einen klaren Ein- und Ausstieg gibt.
Ein kurzer Augenschmaus
Bemerkenswert ist vor allem die Qualität der Bilder. Während die gesamte Spieldauer im Dunkeln stattfindet, sehen wir immer wieder kleine Sequenzen, die in ihrem Design US-amerikanischen Produktionen in nichts nachstehen. Sei es das Spiegeln einer Lichtquelle auf der Feuchtigkeit des Bodens, seien es die zierlichen Fadenstränge eines Spinnennetzes, die im leichten Wind zittern oder der Blick auf einen recht epochalen Moment, bei welchem die zwei Hauptfiguren im Gegenlicht eines Sonnenaufgangs stehen und auf eine beeindruckende Berglandschaft blicken, welche uns einen aufregenden und schwierigen Weg für die kommende Geschichte voraussagt. All diese Sequenzen sind gerade für das deutsche Kino ungewöhnlich und lassen auf eine deutlich bessere filmische Zukunft in diesem Land hoffen. Eben jene Szenen wurden dabei einerseits wunderbar von der Kamera eingefangen, aber auch von VFX Artist Noah Gembala hervorragend nachbearbeitet.
Das hier digital nachgeholfen wurde, ist tatsächlich kaum erkennbar, was auf eine wunderbare Umsetzung hinweist. Mögliche Ungenauigkeiten wurden darüber hinausgeschickt verschleiert, in dem enorm viel mit der Schärfe sowie einem variablen Fokus auf Vorder- und Hintergrund gearbeitet wurde. Der gezielte Einsatz von wenigen Lichtquellen unterstützt dies noch einmal eindrucksvoll. Glücklicherweise wurde zudem im Color Grading darauf geachtet, nicht die unattraktiven blassgräulichen Farbtöne der deutschen Filmindustrie zu nutzen, sondern den Personen durch eine angepasste Farbpalette etwas Leben einzuhauchen.
Spannender Sound und sprunghafte Dialoge
Die Spannung dieser kurzen Szenerie wird noch verstärkt durch den sehr gezielten Einsatz des Scores, der extra für SIGILLUM komponiert wurde. Verantwortlich dafür war Christoph Zirngibl, der im deutschen Kino nicht unbekannt ist. Mit NEUES VOM WIXXER, KLEINE ZIEGE, STURER BOCK und LUNA sowie einigen weiteren interessanten Produktionen hat der Liebhaber der von John Williams‘ akustischen Schöpfungen bereits bewiesen, dass er Emotionen mittels Musik hervorragend forcieren kann. In SIGILLUM scheint er dem Meister der Filmmusik ein wenig nachstreben zu wollen und seiner künstlerischen Kreativität keine Grenzen gesetzt zu haben. Sowohl Dunkelheit als auch Mystik dominieren den Sound und werden im Finale durch Hoffnung und große Erwartungen abgelöst. Diese Komposition ist weit weg von einem langweiligen, in der Pause schnell hingeklatschten Score.
Technisch erwartet uns somit hier ein Werk, welches über alle Zweifel erhaben ist. Dabei handelt es sich natürlich nun nur um einen kleinen Ausschnitt, und ob die Leistungen auch bei einem Langfilm umgesetzt werden können, wird sich erst noch zeigen. Das große Problem des Films sind jedoch die Dialoge und der Einsatz des Schauspiels. Zwar wirken alle Schauspielenden sympathisch und bestens gecastet, doch während man sich für die visuellen Eindrücke ausreichend Zeit gelassen hat, um eine angemessene Atmosphäre aufzubauen, hetzt das Team durch die Gespräche ganz schön durch und entwickelt dabei einen Gesprächsfluss, der äußerst unnatürlich wirkt. Die Gedankengänge sind teilweise sehr sprunghaft und wirken so, als wäre nach der Hälfte des fertigen Films aufgefallen, dass man noch keine Figurenstory etabliert hat und diese nun noch schnell mittels einer kurzen Gesprächssequenz einschieben will. Insbesondere die schnelle Entwicklung von Misstrauen zu Vertrauen zwischen dem Reisenden und der Protagonistin wirkt aufgesetzt.
Fazit
Dennoch bleibt mit SIGILLUM ein interessanter kleiner Kurzfilm, der auf jeden Fall Hoffnung auf mehr macht. Ähnlich wie wir es zuletzt bei DUNE erfahren haben, ist dieser kleine Ausschnitt bei weitem nicht perfekt und lässt durchaus noch eine sehr breite Entwicklungsmöglichkeit offen, doch gleichzeitig füttert er hervorragend an und ist vor allem technisch so wundervoll anzusehen, dass es eine Schande wäre, wenn wir nicht irgendwann einen gesamten Spielfilm zu sehen bekommen würden. Insbesondere im Hinblick darauf, dass es sich hierbei um eine Low- oder gar Nowbudget-Produktion handelt (denn tatsächlich wurde dieses Projekt via startnext.com realisiert, bei welchem eine Fundingsumme von 1640,-€ zusammenkam), ist es doch bemerkenswert, was das junge Team vom filmkollektiv hier auf die Beine gestellt hat. Nun ist es wünschenswert, dass sich Geldgebende finden, die die Weiterentwicklung unterstützen, ohne massiv auf die Qualität einzuwirken.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Es ist immer spannend, wenn eine neue Generation Filmschaffender heranwächst, da diese häufig mit einem ganz anderen Blick auf das Medium gesegnet ist und die eintönigen alten Geschichten abgelöst werden können durch neue, frische und innovative Erzählungen. Eine vielversprechende Gruppierung bildet dabei das filmkollektiv, welches sich aus acht jungen Menschen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz zusammensetzt und im Dezember einen ersten eigenen Kurzfilm veröffentlicht hat. SIGILLUM ist ein erstes Kapitel eines Fantasy-Abenteuers, welches kostenlos auf Youtube gesichtet werden kann und trotz eines äußerst geringen Budgets durch hervorragende Bilder, einen eindrucksvollen Score sowie einen aufregenden Storypitch bestechen kann. Ich war sehr gebannt von dem was mir da präsentiert wurde und habe nun richtig Lust den gesamten Film oder gar die gesamte Saga zu sehen, denn die ersten paar Minuten suggerieren mir, dass hier eine große und imposante Geschichte hinter steckt.
Dennoch ist nicht alles rund bei diesem Pitch und Kleinigkeiten sollten bei einer Langfilmversion auf jeden Fall noch einmal angegangen werden. Während der Cast zwar recht gut passt und seine Sache ordentlich macht, sind es vor allem die Dialoge, die hier vollkommen realitätsfern und unsympathisch steif erscheinen. Die Entwicklung der Auseinandersetzungen wirken sprunghaft und zu zielorientiert und flechten sich sehr gewollt in die Handlung ein. Es fehlt einfach die natürliche Art der gegenseitigen Interaktion, bei der Aktion und Reaktion stimmig miteinander verwoben sind. Ich glaube jedoch, dass wir vom filmkollektiv in Zukunft noch öfter hören könnten und ich hoffe irgendwann auf eine Langversion von SIGILLUM.
Wie hat Dir der Film gefallen?
The filmkollektiv is an association of eight filmmakers from Austria, Germany and Switzerland who met while shooting MARIE FÄNGT FEUER 9 and 10 for ZDF and decided to develop films together in the future. Currently they have released their first two short films. The first one was SIGILLUM, which premiered on Youtube last December, and with CARNIWAR, which is a neologism from Carnivore and War, and which is actually about the fight against our “carnivorousness”, the second project was released just a few months later.
Here’s what it’s about…
It is dark night. Only a distant light floods the depths of the forest in which the young woman Vara is currently hunting. Inner peace flows through her body as she straightens her bow and readies the arrow for firing. With unerring aim and full concentration, she focuses completely on her shot. But suddenly a fawn appears and Vara desists from this atrocity. Back in the village, she observes the arrival of a stranger who is heading straight for her grandfather’s house. Concerned and curious at the same time, she hurries after him. In the dialogue between the two men, she learns that she has lived her entire life with a lie, but at the same time, she has the opportunity to leave her past behind and conquer the everlasting night. A journey that requires a lot of courage awaits her.
Review
Kindly, the filmkollektiv contacted me and drew my attention to their project SIGILLUM, which otherwise I would have missed for sure. The young filmmakers behind it have noticeably put an enormous amount of effort into developing a promising first project, which could possibly be the starting shot for an exciting and thrilling film career. For the realization of the project they relied on a mix of experience and passion for film. Thus we see in front of the camera the actors Wolfgang Preußger, Tobias Kay and Carina Diesing, who all worked together in the film TAG X and can be seen in various local productions, as well as Michael Gempart, who completes the cast as the most experienced actor with his 80 years of life. Gempart was most recently seen in DIE KLEINE HEXE as well as ABOUT A GIRL, among others.
SIGILLUM is supposed to be the first chapter of a comprehensive medieval fantasy story, and that’s exactly how the short film comes across. We are presented with an auspicious introduction that introduces us to the protagonists* as well as the background of the characters a bit and builds up some tension for an epic story. The scenes we see are somewhat reminiscent of the beginnings of THE HUNGER GAMES, linked to the ideas from the first part of THE HOBBIT. However, it should also be noted that this is not so unusual for a fantasy adaptation, since there are countless other works of this genre that take such a beginning. Of course, a final comparison is not possible, since this short film functions more as a teaser and does not really represent a completed plot in itself, even if there is a clear entry and exit.
A short feast for the eyes
Most notable is the quality of the images. While the entire duration of the game takes place in the dark, we repeatedly see small sequences that are in no way inferior to US productions in their design. Be it the reflection of a light source on the dampness of the ground, be it the delicate strands of a spider’s web trembling in the light wind, or the glimpse of a rather epochal moment where the two main characters stand in the backlight of a sunrise, looking at an impressive mountain landscape that foreshadows an exciting and difficult path for the story to come. All these sequences are unusual, especially for German cinema, and give hope for a much better cinematic future in this country. Those very scenes have been wonderfully captured by the camera on the one hand, but also excellently post-processed by VFX artist Noah Gembala.
The fact that the picture has been digitally manipulated is hardly noticeable, which indicates a wonderful realization. Possible inaccuracies were also cleverly concealed by working enormously with the sharpness and a variable focus on the foreground and background. The targeted use of a few light sources supports this even more impressively. Fortunately, care was also taken in the color grading not to use the unattractive pale grayish hues of the German film industry, but to breathe some life into the characters through an adjusted color palette.
Exciting sound and jumpy dialogue
The tension of this short scene is further enhanced by the very purposeful use of the score, which was composed especially for SIGILLUM. Christoph Zirngibl, who is not unknown in German cinema, was responsible for it. With NEUES VOM WIXXER, KLEINE ZIEGE, STURER BOCK and LUNA as well as several other interesting productions, the lover of John Williams’ acoustic creations has already proven that he can excellently force emotions through music. In SIGILLUM he seems to want to emulate the master of film music a little and to have set no limits to his artistic creativity. Both darkness and mysticism dominate the sound and are replaced by hope and great expectations in the finale. This composition is far from a boring score quickly slapped down in the interval.
Technically, we can expect a work that is beyond all doubt. Of course, this is only a small excerpt, and whether the performances can be realized in a feature-length film remains to be seen. The big problem of the film, however, are the dialogues and the use of acting. While all of the actors seem likeable and well cast, they have been given enough time to build up an appropriate atmosphere for the visuals, but the team rushes through the conversations quite nicely, developing a flow of conversation that seems extremely unnatural. The trains of thought are sometimes very erratic and seem as if it was noticed halfway through the finished film that they haven’t established a character story yet and now want to insert it quickly by means of a short conversation sequence. Especially the quick development from mistrust to trust between the traveler and the protagonist seems forced.
Conclusion
Still, SIGILLUM is an interesting little short film that definitely gives hope for more. Much like we last experienced with DUNE, this little excerpt is far from perfect and definitely leaves a very wide possibility for development, but at the same time it feeds excellently and is especially technically so wonderful to look at that it would be a shame if we didn’t get to see a full feature film at some point. Especially in view of the fact that this is a low or even nowbudget production (because in fact this project was realized via startnext.com, where a Funding amount of 1640,-€ was collected), it is remarkable what the young team from filmkollektiv has put together here. Now it is desirable that funders are found who support the further development without massively influencing the quality.
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Originaltitel | Sigillum |
Streaming – Release | 19.12.2021 |
Länge | ca. 13 Minuten |
Produktionsland | Deutschland |
Genre | Fantasy |
Verleih | unbekannt |
FSK | unbekannt |
Regie | Peter Rüffer |
Regieassistenz | Helena Velaj |
Drehbuch | Peter Rüffer |
Produzierende | Peter Rüffer | Martin Rauch | Jonas Heuwieser |
Musik | Christoph Zirngibl |
Ton und VFX Supervising | Noah Gembala |
Kamera | Jonas Heuwieser |
Kameraassistenz | Hannah Hütter | Samson Kipp |
Besetzung | Rolle |
Carina Diesing | Vara |
Tobias Kay | |
Michael Gempart | |
Wolfgang Preußger |
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