Im 23. Jahrhundert durchqueren Captain Christopher Pike und seine Crew an Bord des Raumschiff Enterprise den Weltraum. Während ihrer Fünf-Jahres-Mission dringen sie tiefer in neue Welten ein und stellen den Erstkontakt zu neuen Zivilisationen her. Doch nicht jede Spezies und jede Technologie ist dem unstillbaren Forschungsdrang der Sternenflotte wohlgesinnt. Während den Captain Visionen seines eigenen Todes heimsuchen, sieht sich das gesamte Schiff vor neue Welten und Herausforderungen gestellt.
Review
2022 – Was für ein Jahr für eingefleischte Fans des Mitte der 1960er Jahre von Gene Roddenberry entworfenen Science-Fiction-Franchises Star Trek, welches in den vergangenen 12 Monaten zwar nicht immer mit Qualität, aber mit gehöriger Quantität für Aufsehen innerhalb des Fandoms sorgte. STAR TREK: DISCOVERY setzte seine Reise in der fernen Zukunft auf dem Streaminganbieter PlutoTV mit einer soliden vierten Staffel fort, während die zweite Staffel STAR TREK: PICARD im Angebot von Prime Video trotz gedrosselter Erwartungen hinter diesen zurückblieb. Dem folgte eine erneut mit allerlei Fanservice gespickte, wenngleich erstmals schwächelnde Staffel STAR TREK: LOWER DECKS und die erste Familien-Animationsserie STAR TREK: PRODIGY im Abendprogramm von Toggo. Der Start des Streaminganbieters Paramount+ eint nun nicht nur (fast) alle neuen und alten Film- und Serienbeiträge des Franchises, sondern zeigt hierzulande erstmals die erste Staffel der Prequelserie STAR TREK: STRANGE NEW WORLDS. Ein fulminanter Abschluss eines an Geschichten aus dem Trek-Universum reichen Serienjahres.
Alte und neue Welten
Dieses Mal an Bord: der bereits in der fast 50 Jahre zurückliegenden, ehemals abgelehnten Pilotfolge von RAUMSCHIFF ENTERPRISE auftretende Captain Christopher Pike sowie eine der bekanntesten Figuren des Franchises, der Vulkanier Spock, eine Handvoll bekannter Figuren aus der Originalserie und Neuzugänge im Sicherheits- und Ingenieursbereich. Eine ausgewogene Mischung die Neues und Altes gleichermaßen (wieder-)entdecken lässt, das Miteinander der Crew im Geiste vieler Star Trek-Serien in den Vordergrund stellt und sich erfolgreich von einem staffelübergreifenden Handlungsbogen fort manövriert. Nicht jedoch von Huldigungen und Referenzen an das Franchise selbst. Auch STRANGE NEW WORLDS ist gespickt mit Zitaten und (Meta-)Verknüpfungen und damit in erster Linie eine Anlaufstelle für Fans.
Für tonale und kreative Abwechslung sorgen nicht nur die einzelnen, in sich geschlossenen Geschichten, sondern auch die breite Inszenierungspalette, mit welcher die ersten Missionen in zehn Episoden absolviert werden. Wie viele Franchisebeiträge zuvor, bei denen die Qualität einzelner Folgen seit jeher zwischen Sci-Fi-Trash und progressiven oder existentialistisch philosophischen Exkursen wanderte, bedient sich auch STRANGE NEW WORLDS narrativ unterschiedlichster Ernsthaftigkeit und Tragweite. Keine Folge ist eine wahre Genre-Innovation, nicht jede Folge ein mehrschichtiges, intelligentes Kunstwerk, die meisten in ihrer Botschaft simpel und auch nicht sonderlich subtil und einzelne schon mit ihrer einfachen Prämisse reichlich absurd. Innerhalb des zehnteiligen Auftakts deutlich spürbarer als in Vorgängerserien, in denen Episoden wie „Spocks Gehirn“ oder „Kraft der Träume“ unter zwei Dutzend weiteren Einträgen kaum eine Rolle spielten. Derartige Totalausfälle bleiben STRANGE NEW WORLDS zwar vorerst erspart, die hohen Variationen im Genre könnten jedoch vor allem unter Neueinsteiger*innen für Irritationen sorgen.
Spock beim Abwasch
Dabei sind jene Variationen nur ein weiteres Wiederaufgreifen Trek-typischer Episodenformate oder dem Genre bekannter Geschichten: unerklärliche Anomalien, fremde Krankheiten an Bord, Körpertausch, Horror und Comedy zentrierende Folgen. Pendants ließen sich in viele der früheren Serienstaffeln finden. Ihre eigene Gestalt suchend, bewegt sich die erste Staffel STRANGE NEW WORLD zwischen allerhand Charakterexposition, gelassener oder gelegentlich auch forcierter Hommage und dem Versuch, den umfangreichen Erzählkanon mit weiteren sinnvollen Geschichten auszufüllen. Zu verdanken ist die oft kurzweilige Entdeckungsreise den Crewmitgliedern und ihren Darsteller*innen. Wenngleich nicht jedes einzelne Folgenkonzept mit den erst frisch etablierten Figuren aufgeht und ihr Potential erschöpfen kann, ihre stets voranschreitenden Charakterentwicklungen sorgen bereits innerhalb der ersten Folgen für ein wirksames, dynamisches und zwischenmensch(oder auch andere Spezies einfügen)liches Zusammenspiel.
Nahbar verkörpert Ason Mount die Facetten des Sternenflotten-Captains zwischen unheilvoller Vorhersehung und selbstbewusster Verantwortung für seine Crew, während Ethan Peck nach STAR TREK: DISCOVERY seine beachtliche Leistung in der Paraderolle Spock erneut unter Beweis stellen kann. Interessante Facetten und Hintergründe zu Figuren der Originalserie liefern ebenfalls Jess Bush und Celia Rose Gooding, während sich die Neuzugänge zügig etablieren und nur gelegentlich hinter ihren (außerirdischen) Möglichkeiten zurückbleiben. Ihr professionelles wie auch freundschaftliches Miteinander bestimmt die Lebendigkeit in Gängen und Räumlichkeiten des sauber inszenierten Raumschiffes. Länger und öfter hat man die Crew der Enterprise wohl selten beim gemeinsamen Kochen, Essen und Abwaschen gesehen.
Blick in die Sterne
Lang bekannt für überschaubare Planetenkulissen und sparsam eingesetzte Weltraumkämpfe, stieß das Franchise spätestens mit STAR TREK: DISCOVERY im Fernsehbereich in neue visuelle Welten vor. Auch die Bilder von STRANGE NEW WORLDS, die nur dosiert von Actionsequenzen aus der Ruhe gebracht werden, wissen den Entdeckerdrang und die Neugierde nach unerklärlichen Phänomen und ebenso lauernde Gefahren und klaustrophobische Angespanntheit greifbar aufzuzeigen. Ein detailliertes Alien- und Kostümdesign, Nami Melumads stimmungsvoller Score, kreative Schauplätze, die etwa musikempfindliche Lichtspiele bergen, und eigenwillige Raumschiff-Entwürfe überwiegen visuelle und narrative Parallelen zu anderen Science-Fiction-Klassikern wie Ridley Scotts ALIEN.
Potential für weitere Abenteuer des Raumschiff Enterprise gibt es zum Ende der Staffel in Form offenstehender Handlungsstränge und allen voran mit dem übergeordneten Schicksal der Hauptfigur zur Genüge. Mit einer zweiten Staffel darf sich STRANGE NEW WORLD gern noch einen kleinen Schub von nostalgischen Franchise-Gepflogenheiten entfernen, die fremden Welten noch länger auskundschaften und die Beziehungen der Figuren noch komplexer aufbauen. Eines kann die Serie hingegen auf jeden Fall weiter adaptieren: sich mit kommenden Staffeln kontinuierlich zu steigern.
Fazit
STAR TREK: STRANGE NEW WORLD gelingt ein thematisch und inszenatorisch vielfältiger Serienstart mit Hang zur Hommage und Zitation. In zehn Episoden geht die Serie selten ein Wagnis ein, illustriert die fremden Welten mit eindrucksvollen Bildern und etabliert eine gut dargestellte Crew, deren weitere Missionen gern noch tiefer in die unendlichen und unbekannten Weiten vorstoßen dürfen.
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