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Review Kurzkritik Fakten + Credits


The Medium

The Medium ©2022 Koch Films

Schamanismus ist ein weit verbreiteter Glaube in der thailändischen Gesellschafft. Dabei wird davon ausgegangen, dass alles eine Seele hat, vom kleinen Stein, über Bäume und Tiere, bis hin zum Menschen. Die Schamanen nutzen die Energie, die durch alles fließt, um andere Menschen zu heilen und böse Geister zu vertreiben. Trotzdem gelingen es immer wieder Geistern Besitz von Menschen zu ergreifen, Menschen, die eine besondere Verbindung zum Reich der Toten haben, diese werden dann zum Medium, so wie es auch im Film von Banjong Pisanthanakun der Fall ist. Es handelt sich bei THE MEDIUM um einen fiktionalen Film, der wie eine Dokumentation gedreht ist.

Der Film wurde von Thailand als Kandidat für den internationalen Oscar eingereicht, hat es allerdings nicht geschafft in der Shortlist der Preisverleihung zu landen. Trotzdem wurde der Film bei mehreren Preisverleihungen als „Bester Film“ ausgezeichnet, unter anderem bei den „25th Bocheon International Fantastic Film Festival“ einem Südkoreanischen Filmfestival, dass sich auf Genre Filme spezialisiert hat. Im folgenden Text erfahrt ihr, ob der Film zurecht nicht bei den Oscars aufgetaucht ist, oder ob sich die Academy für diesen Faux Pas schämen sollte.

Darum geht es…

Ein thailändisches Kamerateam dreht eine Dokumentation über das Medium Nim (Sawanee Utoomma). In ihrer Familie ergreift ein Geist Besitz von einer Frau in jeder Generation, der einzige Weg, um nicht vollständig eingenommen zu werden ist ein Ritual, dass die Frauen zu einem Medium machen. Sie bekommen so eine Verbindung zum reich der Toten. Durch ihre Gabe hilft Nim den Bürgern in der Umgebung dabei Krankheiten zu heilen. Während das Kamerateam das Medium begleitet, lernt man auch den Rest der Familie kennen. So erfährt man, dass eigentlich Nims Schwester von Bayan ausgewählt war und dass sämtliche Männer der Familie verstorben sind. Wir lernen ebenfalls Nims Nichte Mink (Narilya Gulmongkolpech) kennen, eine junge Frau, die nicht an den Schamanismus ihrer Tante glaubt. Sie geht stattdessen mit Ihrer Mutter in eine christliche Kirche. Nim stellt fest, dass Mink sich zunehmend ungewöhnlich verhält, scheinbar ist sie die nächste von der Bayan Besitz ergreifen will und so setzt das Medium alles daran, dass Mink nicht so sehr leiden muss, wie sie selbst in ihrer Jugend. Allerdings ahnt Nim nicht, wie mächtig das Böse ist, dass von Mink Besitz ergriffen hat und gerät schnell an die eigenen Grenzen.

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Rezension

Für mich hat sich das Horrorgenre erst so richtig im letzten Jahr erschlossen. Seitdem hänge ich an der Horrornadel und freue mich über spannende Genrefilme, die etwas besonderes mitbringen. Ich genieße es mich zu gruseln, nur um danach den Rausch der Erleichterung zu spüren. So haben es Filme wie HEREDITARY oder GET OUT geschafft in die Reihen meiner Lieblingsfilme aufzusteigen und auch THE MEDIUM ist ein heißer Kandidat, um einen Platz neben den eben genannten zu erhalten. Es ist bisher nur bei wenigen Horrorfilmen vorgekommen, dass ich mich so sehr gefürchtet habe, wie bei THE MEDIUM, obwohl der Film auf dem Papier nicht besonders scheint. Der dokumentarische Found-Footage-Stil ist durch Filme wie THE BLAIR WITCH PROJECT ein alter Hut und auch Exorzismus-Filme sind schon seit den 1970ern ein fester Genrebestandteil. Dennoch ist es Banjong Pisanthanakun gelungen diese verschiedenen bekannten Versatzstücke zu einem neuen Kunstwerk zusammenzusetzen.

The Medium

The Medium ©2022 Koch Films

Dabei führt der Regisseur uns und die Figuren über die komplette Laufzeit an der Nase herum und folgt keiner klaren Linie. Das Kamerateam, das wir bei ihrer Dokumentation begleiten, muss regelmäßig auf neue Gegebenheiten reagieren, sodass der Film keine klassische Hauptfigur hat. Wir springen zwischen verschiedenen Charakteren und es kann auch mal passieren, dass sie einer Spur Folgen, die im Sande verläuft, trotzdem ist der Weg dorthin unglaublich aufregend. Das Kamerateam ist für uns der Ankerpunkt in der Realität, durch ihre Interaktionen mit den Bürgern des Dorfes wird regelmäßig die vierte Wand gebrochen und wir werden direkt von der Bedrohung angesehen. Dabei verhalten sie sich nicht wie stille Beobachter, sondern ebenfalls wie echte Menschen, die auf gefährliche Situationen reagieren. Wenn jemand Hilfe benötigt, schreiten sie ein, wenn sie selbst in Gefahr sind, laufen sie davon. Wir fühlen uns durch diesen sehr dynamischen Stil sehr nah am Geschehen, sodass das Gesehene noch schrecklicher erscheint, als es eh schon ist.




Von der Sympathieträgerin zum Monster

Neben der großartigen Kamera machen die Schauspieler*innen einen herausragenden Job. Man stellt zu keiner Zeit in Frage, dass man eine Dokumentation beobachtet. Das größte Highlight ist dabei die gerade mal 22-jährige Narilya Gulmongkolpech die in THE MEDIUM ihre erste größere Filmrolle hatte. Durch die Besessenheit ihrer Figur musste die Schauspielerin eine wahnsinnig facettenreiche Performance hinlegen. Auf der einen Seite ist sie eine unschuldige und lebensfrohe junge Frau und starrt im nächsten Moment apathisch in die Leere, als würde sie einen Geist sehen. So gelingt es ihr, dass man sie erst sympathisch findet, um uns dann im weiteren Verlauf des Films das Fürchten zu lehren. Eine weitere Schauspielerin, die positiv aus dem Cast hervorsticht ist Sawanee Utoomma, die das namensgebende Medium spielt. Sie wirkt als wäre sie zwischen den Welten zuhause. Gerade zu Beginn fällt es schwer eine Frau ernst zu nehmen die irgendwo im Dschungel sitzt uns sich als Medium bezeichnet. Je mehr man sie kennen lernt, desto besser versteht man ihre Beweggründe und legt alle Vorurteile ab. Insgesamt ist der ganze Film zwar kritisch in Bezug auf die gezeigten Religionen und gerade Nim kritisiert einige der gängigen Praktiken des Schamanismus, der Film bleibt dabei aber zu jeder Zeit Respektvoll.

The Medium

The Medium ©2022 Koch Films

Eine Warnung muss ich aussprechen. THE MEDIUM ist nichts für Zartbesaitete und gerade, wenn man nicht so tief im Horrorgenre steckt, kann dieser Film sehr schockieren. Es werden im Film Tiere getötet, natürlich nicht in echt, aber es sieht täuschend echt aus, es kommt zu sexueller Gewalt und der Film hat sehr explizite Gewaltszenen. Wenn man allerdings auf der Suche nach einem kompromisslosen Horrorfilm ist, im dem das Böse ohne Rücksicht auf Verluste agiert wird man voll auf die Kosten kommen. Insbesondere das Finale des Films ist beeindruckend schrecklich.

Fazit

Auch wenn THE MEDIUM einige typische Horrorelemente verwendet, die man als geneigter Genre-Fan schon seit Jahren kennt, hat Regisseur Banjong Pisanthanakun doch etwas komplett Neues geschaffen. Der Film ist auf der einen Seite ein Porträt einer zerrütteten Familie, bringt uns die Kultur Thailands näher und ist nebenbei einer der furchterregendsten Filme, die man sich anschauen kann. Gekrönt wird das Horrorspektakel von unglaublich realistischen Effekten und fantastischen Schauspieler*innen, die uns immer wieder daran zweifeln lassen, ob das Gesehene nicht doch echt ist.

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