Originaltitel: The Outpost
DVD/Blu-ray Release: 28.01.2021
Länge: ca. 124 Minuten
Produktionsland: USA | Bulgarien
Regie: Rod Lurie
Schauspieler:innen: Scott Eastwood | Caleb Landry Jones | Orland Bloom
Genre: Kriegsfilm | Drama
Verleiher: Telepool
Bereits seit 1978 existieren bewaffnete Konflikte in und um Afghanistan, die immer wieder neu ausbrechen und immer verheerendere Ausmaße annehmen. Seit 2001 ist die USA umfangreich in eben jene Auseinandersetzungen verwickelt, denn nach den Anschlägen auf das World Trade Center starten amerikanische Truppen einen Gegenschlag gegen die von Taliban geführte Regierung des Landes. Diese wurde fast komplett vertrieben und zog sich ins benachbarte Pakistan zurück, während die USA ihre Truppen weiterhin in Afghanistan stationierten, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen und gleichzeitig beim Wideraufbau zu unterstützen. Auch der Außenposten Combat Outpost Keating war ein militärischer Stützpunkt, der gedacht war, die Bevölkerung in zivile Wiederaufbauprojekte einzubeziehen. Dieser Stützpunkt lag in der Nähe der Stadt Kamdesh, nah an der pakistanischen Grenze.
Rod Lurie war nicht die erste Wahl als Regisseur für einen Film über jenes Camp, doch er bezeichnet sich schlussendlich als die richtige Wahl, da er Absolvent der United States Military Academy war und in dessen Folge einige Zeit in der US-Army diente. Er kannte sich somit mit militärischen Prozessen und verschiedenen Stresssituationen, in die Soldaten geraten können, bestens aus. Zuvor hat er unter anderem mit Robert Redford DIE LETZTE FESTUNG gedreht. Für THE OUTPOST – ÜBERLEBN IST ALLES sicherte er sich einen interessanten aufstrebenden Cast, bestehend aus Schauspielern in der zweiten oder gar dritten Generation. So zum Beispiel Scott Eastwood (KEIN ORT OHNE DICH, LIVE BY NIGHT), Milo Gibson (ALL THE DEVIL’S MEN), James Jagger (THE LAST FULL MEASURE), Will Attenborough (WHERE HANDS TOUCH) und Scott Alda Coffey. Aber auch mit Caleb Landry Jones (THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI) und Orland Bloom (HERR DER RINGE) sind zwei äußerst namhafte Darsteller an Bord.
Darum geht es…
Nachdem weitere Soldaten dem Camp Keating zugewiesen wurden, lernen die Neuankömmlinge schnell, was es heißt sich im Krieg zu finden. Schon zuvor war dieses berühmt für seine Gefährlichkeit, doch war keinem der Frischlinge klar, wie sehr. Dieser Stützpunkt befindet sich im Tal mitten im Hindukuschgebirge – umringt von steilen Berghängen und somit ein optimales Ziel für jegliche Art von Angriffen. Es gibt auf Grund dieser verheerenden Lage keine Rückzugsmöglichkeiten und es ist leicht das Camp vollständig zu umzingeln. Zudem bereitet die Nähe zur pakistanischen Grenze zusätzlich Schwierigkeiten, denn immer wieder erfolgen kleine Angriffe der Taliban. Doch als bekannt wird, dass das Camp Anfang Oktober 2009 aufgegeben werden soll, ist die Erleichterung bei den dort stationierten Soldaten riesig. Bis zum 03.10.2009 als plötzlich die ganze Kompanie den Kampf ihres Lebens ausfechten muss. 54 Soldaten gegen 300-400 Taliban!
Rezension
Nachdem wir bereits aus aller Welt verschiedene filmische Kriegsepen sehen konnten, ist der Afghanistan-Krieg ein eher selten angerissenes Thema. Ausgerechnet dieser kleine Fleck Erde in der Nähe von Kamdesh wurde jedoch zu einer der größten Schlachten des Landes zwischen Taliban und US-amerikanisches Militär und bekommt gleich zwei Filme. Neben THE OUTPOST – ÜBERLEBEN IST ALLES ist schon jetzt ein Film namens RED PLATOON für 2023 geplant, der die gleiche Handlung aufrufen wird – inszeniert von Daniel Espinosa, der derzeitig auch an MORBIUS sitzt und zuvor schon LIFE und SAFE HOUSE entwickelt hat. Der hiesige Film ist in mehrere Kapitel aufgesplittet, die sich alle an den jeweiligen Kommandanten des amerikanischen Militärlagers orientieren, angefangen mit dem Kapitel Keaton (Cpt. Ben Keating), in dem Orlando Bloom als führender Offizier auftritt, gefolgt von Yllescas, Broward, Bundermann und Portis.
Die Kapitel strukturieren zudem die gesamte Handlung in die Ankunft der neuen Soldaten, deren Einführung und Erlebnis erster Gefechte und Gegenschläge, teilweise absurde Regelungen der Anführer sowie Schwierigkeiten des Umgangs mit der gegenwärtigen Situation, einer großen finalen Schlacht sowie der endlich erfolgten Rettung. Dabei wird das Publikum geschickt auf eine spontane Wissensreise mitgenommen, in dem es ähnlich der Neuankömmlinge von jetzt auf gleich mit einer drastischen und lebensverändernden Situation konfrontiert wird, die unfassbar real scheint. Lobenswert zu nennen ist dabei vor allem, dass scheinbar alle auftretenden Soldaten namentlich vorgestellt werden, durch eine kurze schriftliche Einblendung. Selbstverständlich basiert die gesamte Geschichte auf einer realen Vorlage, sowie auf dem Buch „The Outpost: An Untold Story of American Valor“ von Jake Tapper aus dem Jahr 2013.
Herausforderungen und Heldenehrung
Wenn wir schon bei den auftretenden Personen sind, sei gesagt, dass ohne Frage die Anwesenheit von Orlando Bloom und Scott Eastwood den Film ordentlich bereichert haben, doch wohl vor allem auch die Bereitschaft von ehemals dort Stationierten einen wesentlichen Beitrag lieferte, die Geschichte möglichst realistisch zu rekonstruieren. Es gab sogar Auftritte von ehemaligen Soldaten, denn Ty Carter hatte einen kurzen Cameo-Auftritt, Henry Hughes spielte in einer Nebenrolle die Figur des Sergeant Brad Larsons und Daniel Rodriguez verkörperte sogar sich selbst. Sie sahen es als „Verpflichtung [dem Film] Authentizität zu verleihen“ an und waren zugleich überwältigt davon zurück in dieses prägende Geschehen geworfen zu werden. Allerdings war dies nicht ganz vergleichbar, da natürlich vieles nachempfunden und zusammengeschnitten wurde. Zudem wurde in Bulgarien und nicht in Afghanistan gedreht – umso beeindruckender jedoch, dass die Gegebenheiten so fantastisch authentisch nachempfunden werden konnten.
Auch wenn sich Regisseur Rod Lurie anfangs nicht im Stande sah THE OUTPOST – ÜBERLEBEN IST ALLES zu verwirklichen, da kurz vor Drehbeginn sein Sohn und aufstrebender Filmemacher Hunter Lurie verstarb, gelang es ihm eine ausgesprochen realistische Welt zu erschaffen, die die Angst und den Terror bestens einfingen und das Publikum in eben jene klaustrophobische Umgebung teleportierte, die auch die Kämpfer damals ihre Heimat nennen mussten. Besonders auffällig und wichtig für das Werk waren dabei die vielen Plansequenzen, in denen mit viel Mühe lang Sequenzen in einem Ritt aufgezeichnet wurden und daher zusätzlich an Glaubwürdigkeit und Beklommenheit gewinnen. Schon früh fällt diese fantastische Kameraführung ins Auge, als eine folgenschwere Brückenüberquerung stattfindet und die Kamera in völliger Ruhe eine längere Szene ohne jeglichen Schnitt einfängt.
Zwischen Mut und Wahnsinn
Häufig wird amerikanischen Werken der enorme Patriotismus vorgeworfen, der ohne Frage auch hier ein Kritikpunkt sein könnte, doch wenn man sich intensiver mit den Geschehnissen befasst, so wird schnell klar, dass diese Geschichte es tatsächlich wert ist erzählt zu werden und das leidliche Thema hier nur eine sekundäre Rolle spielt. Tatsächlich liegt THE OUTPOST – ÜBERLEBEN IST ALLES viel eher Wert darauf, die beängstigenden und verstörenden Momente, die den Alltag dort stationierter Soldaten widerspiegeln sollten, bestens eingefangen wurden und sogar umfangreiche Kritik an den Führungsstilen entsprechender Kommandeure geäußert wird. Immer wieder fixiert die Handlung sich darauf die besondere Lokalität zu fokussieren und in den Mittelpunkt der Wahrnehmung zu stellen.
Ein kleines anfängliches Highlight war bereits der unerwartete Angriff der Taliban, der dazu führte, dass die Männer von der Armee so kämpfen mussten, wie sie gerade waren, unter anderem eben auch völlig nackt und nur mit der Waffe in der Hand – nur selten wird auf solche Details, die aber natürlich deutlich realistischer sind, wert gelegt. Durch viele kleine Szenen wurden die schwierigen Zustände geschickt in Szene gesetzt und den Zuschauenden verdeutlicht, welche Widrigkeiten sich immer wieder auftaten – nicht nur militärisch betrachtet. Besonders der finale Kampf, der mitunter den größten Part des Films ausmacht, wird detailreich und umfänglich erzählt und bietet keinen einzigen Moment zum Wegschauen, denn sonst würde man etwas verpassen. Die bittere Unterlegenheit in allen Gesichtspunkten ist dabei immer wieder ein wichtiger erzählerischer Faktor. Genauso beflügelnd wirkt jedoch schlussendlich die Auflösung des hiesigen Konflikts.
Dennoch kämpft das Werk auch mit kleinen Problemen. Insbesondere die große Anzahl an auftretenden Schauspielern, die durch ihre Ausrüstung und ihren militärischen Stil alle recht gleich wirken, verwirrt immer wieder. Dies wird noch verstärkt, durch die immer schneller werdende Handlung, die zudem geprägt ist von unvorhersehbaren Toden und teilweise damit verbundenen neu Besetzungen von entsprechenden Posten. Die Zuordnung fällt somit äußerst schwer und es ist weitestgehend sinnvoll sich hierbei nicht auf einzelne Persönlichkeiten zu konzentrieren.
Fazit
Durch die gegenwärtige Situation ist THE OUTPOST – ÜBERLEBEN IST ALLES leider viel zu kurz gekommen und konnte bisher vom ungefähren Budget von 18 Millionen US-Dollar gerade einmal rund zwei Millionen wieder einspielen. Sehr tragisch, denn eigentlich ist dies ein beeindruckender Kriegsepos, der wohl auf der Kinoleinwand zusätzlich an Qualität gewinnt durch beeindruckende Bildsequenzen und einen fabelhaften Surround-Sound. Gerne hätte ich dies erleben wollen. Aber auch abseits davon präsentiert sich der Film in bester Manier und zeigt uns ein epochales Konfliktspektakel, welches das Publikum in diese klaustrophobische Realität geradezu hinein saugt, womit auch schon abseits der blutigen Szenen eine FSK 16 vollkommen gerechtfertigt wird. Äußerst kurzweilig und stets spannend und mitreißend entwickelt sich die Geschichte, die im Angesicht des realen Hintergrunds zusätzlich an Brisanz gewinnt. Lohnenswert ist auf jeden Fall auch das Extra-Material der Blu-ray!
Amerikanische Kriegsepen kennen wir alle zuhauf und sind schon längst aus der Mode gekommen. Besonders der Vietnamkrieg ist filmisch häufig aufgegriffen wurden und lockt nur noch wenige Cineasten hinterm Sofa hervor. Nicht ungewöhnlich scheint deshalb der bisherige Misserfolg des hiesigen Films an den Kinokassen – leider völlig zu Unrecht, denn Regisseur Rod Lurie präsentiert uns einen mitreißenden, beängstigenden und faszinierenden kleinen Film mit fantastischer Besetzung, der eine unglaubliche Geschichte erzählt, die sich vor wenigen Jahren im Afghanistan-Krieg zugetragen hat. Ohne Frage kann diesem Werk ein Hauch von Patriotismus vorgeworfen werden, doch genaue Recherchen beweisen weitestgehend die Dramatik dortiger Geschehnisse. Lurie schafft es zudem visuell zu begeistern. Mit unzähligen Plansequenzen und genialen Shots aus den ungewöhnlichsten Perspektiven und mit beeindruckenden Kamerafahrten schafft er es plötzlich großen Namen des Filmgeschäfts Konkurrenz zu machen. Zudem schafft es der Film die Handlung famos umfangreich wiederzugeben, ohne dabei jedoch in unschönes Gelaber abzudriften. Auch wenn hier einfach zu viele Darsteller auftauchen, als das man noch den Überblick behalten könnte, war dies einfach angesichts des Versuchs einer realen Erzählung ausgesprochen wichtig. Als ehemaliges US-Army Mitglied zeigt uns Lurie zudem, dass sein persönlicher Erfahrungshorizont sich äußerst positiv auf die Produktion auswirken konnte.