Wortlos führt der Film in den Lebensalltag des autistischen Hauptcharakters ein. Der erwachsene Nikolas hat seine Mutter verloren und plant nun, auf eigene Faust ans Meer zu reisen. Während er von Sozialarbeiter*innen gesucht wird, macht er gemeinsame Sache mit Ane, einer alten Schulfreundin. Um Geld zu verdienen, wird er von Hafenmitarbeitern angestellt, Boote zu säubern. Doch Niko fällt es schwer, die Gesinnungen der Menschen um sich herum richtig einzuschätzen.
Rezension
Das Spielfilmdebüt des spanischen Regisseurs Iker Elorrieta ist ein stilles, auf wenige Figuren konzentriertes Drama, welches überwiegend die Perspektive des Nikolas in den Vordergrund stellt und somit den Einzelfall der breiten Beschäftigung mit Autismus vorzieht. Während andere Figuren im Hintergrund auftreten oder vom Bildrand förmlich abgeschnitten werden, verharrt die Kamera auf Falco Gabo, welcher Nikos Gefühlszustand subtil und glaubwürdig Ausdruck verleiht. Abwertende Kommentare, überzählige Eindrücke und uneindeutige Emotionen nimmt er in zurückhaltenden, ebenso unklaren Gesichtsausdrücken auf, die nur selten in Extreme umschlagen.
Neben ihm erhält vor allem seine Kindheitsfreundin (Usue Alvarez) Beachtung, die einen Draht zum verschlossenen Niko findet, wenngleich auch sie nicht vollends zu ihm durchdringen kann. Ihr Miteinander entwickelt sich ebenso geruhsam und authentisch, wie in einem ihrer wiederkehrenden Gespräche am Pier, während leises Wasserplätschern vom gegenüberliegenden, in der Abenddämmerung beleuchteten Hafen zu ihnen klettert.
Deutlich dramatischere Züge nimmt THE RADIO AMATEUR erst in der zweiten Hälfte an, wenn die improvisierte Lebenssituation der Figuren durch Provokation und missglückte Beziehungskommunikation leise, aber drastisch zu eskalieren droht. Und dennoch bleibt der Film mit seiner Wirkungskraft zurück, weil er die Charaktere zwar ständig begleitet, aber nur äußerst selten zu ihrem Kern vorzustoßen. Das schaffen am ehesten die wortkargen Momente, die über schnörkellose, aber eindringlich fotografierte Bilder erzählen und zusätzlich, wenngleich weniger subtil von der Musik von Aitor Etxebarria unterstützt werden.
Fazit
THE RADIO AMATEUR ist ein gediegen erzähltes und inszeniertes Spielfilmdebüt, welches vor allem mit seinem Hauptdarsteller überzeugt. Ein unaufgeregtes Filmdrama mit schlummernder Wirkungskraft, welche ihr Potential in einer deutlich dramatischeren zweiten Hälfte nur bedingt entfalten kann.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Hinterlasse einen Kommentar