Das war sie nun, die große Jubiläumsverleihung des deutschen Filmpreises 2020, in der die Lola zum 70. Mal an die Gewinner überreicht wurde. Oder Moment, da war doch was… nein sie wurde gar nicht überreicht sondern vielmehr in einem menschenleeren Studio in die Ecke gestellt und als Mittel zum Zweck für zwei Stunden Unterhaltung präsentiert. Selbstverständlich ist eine Live-Show in diesen Zeiten eine ultimative Herausforderung, die es nahezu unmöglich ist zu meistern, denn letztlich ist es doch das Publikum, dass der Veranstaltung erst so richtig Charakter gibt. Doch es gibt noch einen zweiten wesentlichen Faktor, der ein solches Event trägt: der Gastgeber. In diesem Jahr musste der Schauspieler Edin Hasanovic fast im Alleingang den Abend gestalten und das Publikum an den Bildschirmen begeistern.
Wer schon einmal vor einer Kamera stand, weiß, dass dies eine absolute Herausforderung ist, umso mehr wenn die Zuschauer nicht einmal vor einem sitzen. Aus dieser Perspektive betrachtet, muss der Hut vor der umfassenden Leistung des Schauspielers gezogen werden. Andererseits jedoch versuchte er die vollkommene Stille zu übertünchen mit flachen Gags und unorthodoxen Ideen, bei denen oftmals das Fragezeichen groß war, ob dies nun wirklich gewollt war oder tatsächlich doch eine unerwartete Panne. Der auf dem Boden robbende und durch die Gegend hüpfende Moderator versuchte recht viel, um die Begeisterung der Zuschauer zu wecken, leider jedoch deutlich zu viel, denn aus einer ehrenhaften und stolzen Verleihung, die den Preisträgern vermutlich unglaublich viel bedeutet, wurde eher eine flache Comedy-Show gezeigt, die fern ab von diesem besonderen Ereignis ein unschönes Stirnrunzeln über diese fragwürdige Leistung hinterließ.
Und als wäre dies nicht genug, spielte dann auch noch die Technik nicht immer so ganz mit wie sie sollte. Hierbei möchte ich niemandem einen Vorwurf machen, denn eine Laudatio per Videochat ist einfach nicht die beste Lösung. Umso trauriger ist es jedoch, dass gerade die Regisseurin des großen Gewinners des Abends SYSTEMSPRENGER keine Möglichkeit bekam ihre Dankesrede zu präsentieren, weil einfach die Übertragung nicht so wollte, wie es der Sender sich gewünscht hätte. Schade. Womit wir jedoch gleich bei den vielen Preisträgern sind.
Doch Moment… auch hier stimmt meine letzte Aussage nicht so ganz, denn von “vielen” Preisträgern kann gar nicht die Rede sein, wo doch SYSTEMSPRENGER mit ganzen acht Auszeichnungen fast alles abräumte, was nur möglich war. Einzig BERLIN ALEXANDERPLATZ erhielt noch ein wenig Aufmerksamkeit, musste jedoch insgesamt mit dem großen Schatten des deutschen Oscarbeitrags leben lernen. Und diesen darf der Film auch zurecht werfen, wie ihr in meiner Kritik nachlesen könnt und glücklicherweise fand die berührendste und herzlichste Auszeichnung ebenfalls in Bezug zu diesem Film statt. Helena Zengel, die überragende deutsche Nachwuchsschauspielerin, erhielt die Lola für die beste weibliche Hauptrolle und lieferte mit ihrem anschließenden Videochat-Dank noch einmal eine Menge Zündstoff für einen Fluss aus Tränen! Insbesondere diesem Mädchen, aber auch allen anderen Preisträgern, dankt Riecks-Filmkritiken für ein überragend tolles Kinojahr und dementsprechend viele grandiose Filme, die hier eine liebevolle Ehrung fanden.
Bester Spielfilm:
Gold: Systemsprenger | Peter Hartwig, Jonas Weydemann, Jakob D. Weydemann
Silber: Berlin Alexanderplatz | Leif Alexis, Jochen Laube, Fabian Maubach
Bronze: Es gilt das gesprochene Wort | Ingo Fliess
Außerdem nominiert:
- Lara | Marcos Kantis, Martin Lehwald, Michal Pokorny
- Lindenberg! Mach dein Ding | Michael Lehmann, Günther Russ, Johannes Pollmann
- Undine | Florian Koerner von Gustorf, Michael Weber, Margaret Menegoz
Bester Dokumentarfilm: Born in Evin | Alex Tondowski, Ira Tondowski
Außerdem nominiert:
- Heimat ist ein Raum aus Zeit | Heino Deckert
- Schlingensief – In das Schweigen hineinschreien | Frieder Schlaich, Irene von Alberti
Bester Kinderfilm: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl | Jochen Laube, Fabian Maubach, Clementina Hegewisch
Außerdem nominiert:
- Fritzi – eine Wendewundergeschichte | Ralf Kukula, Richard Lutterbeck
Beste Regie: Systemsprenger | Nora Fingerscheidt
Außerdem nominiert:
- Berlin Alexanderplatz | Burhan Qurbani
- Es gilt das gesprochene Wort | Ilker Catak
Bestes Drehbuch: Systemsprenger | Nora Fingerscheidt
Außerdem nominiert:
- Berlin Alexanderplatz | Martin Behnke, Burhan Qurbani
- Es gilt das gesprochene Wort | Nils Mohl, Ilker Catak
Beste weibliche Hauptrolle: Helena Zengel | Systemsprenger
Außerdem nominiert:
- Anne Ratte-Polle | Es gilt das gesprochene Wort
- Alina Serban | Gipsy Queen
Beste männliche Hauptrolle: Albrecht Schuch | Systemsprenger
Außerdem nominiert:
- Welket Bungué | Berlin Alexanderplatz
- Jan Bülow | Lindenberg! Mach dein Ding
Beste weibliche Nebenrolle: Gabriela Maria Schmeide | Systemsprenger
Außerdem nominiert:
- Jella Haase | Berlin Alexanderplatz
- Lisa Hagemeister | Systemsprenger
Beste männliche Nebenrolle: Albrecht Schuch | Berlin Alexanderplatz
Außerdem nominiert:
- Godehard Giese | Es gilt das gesprochene Wort
- Pasquale Aleardi | Ich war noch niemals in New York
Beste Kamera / Bildgestaltung: Berlin Alexanderplatz | Yoshi Heimrath
Außerdem nominiert:
- Deutschstunde | Frank Lamm
- O Beautiful Night | Jieun Yi
Bester Schnitt: Systemsprenger | Stephan Bechinger, Julia Kovalenko
Außerdem nominiert:
- Mein Ende. Dein Anfang. | Andreas Menn
- Pelikanblut | Heike Gnida
- Schlingensief – In das Schweigen hineinschreien | Bettina Böhler
Beste Tongestaltung: Systemsprenger | Corinna Zink, Jonathan Schorr, Dominik Leube, Oscar Stiebitz, Gregor Bonse
Außerdem nominiert:
- Berlin Alexanderplatz | Simone Galavazi, Michel Schöpping
- Undine | Andreas Mücke-Niesytka, Martin Steyer, Dominik Schleier, Benjamin Hörbe, Bettina Böhler
Beste Filmmusik: Berlin Alexanderplatz | Dascha Dauernhauser
Außerdem nominiert:
- Deutschstunde | Deutschstunde
- Systemsprenger | John Gürtler
Bestes Szenenbild: Berlin Alexanderplatz | Silke Buhr
Außerdem nominiert:
- Freies Land | Tim Tamke
- Ich war noch niemals in New York | Matthias Müsse
- Narziss und Goldmund | Sebastian Soukup
Bestes Kostümbild: Lindenberg! Mach dein Ding | Sabine Böbbis
Außerdem nominiert:
- Freies Land | Ingken Benesch
- Ich war noch niemals in New York | Thomas Oláh, Nora Bates, Frank Wilde
Bestes Maskenbild: Lindenberg! Mach dein Ding | Astrid Weber, Hannah Fischleder
Außerdem nominiert:
- Ich war noch niemals in New York | Gerhard Zeiss
- Narziss und Goldmund | Helene Lang
Beste visuelle Effekte und Animation: Die Känguru-Chroniken | Jan Stoltz, Claudius Urban
Außerdem nominiert:
- Berlin Alexanderplatz | Frank Kaminski
- Ich war noch niemals in New York | Sven Martin
Besucherstärkster Film: Das perfekte Geheimnis | Bora Dagtekin, Lena Schömann
Ehrenpreis: Edgar Reitz